Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage
wieder voll bei der Sache gewesen war. Und ich hatte einen entscheidenden Faktor vernachlässigt: Artemio Hoffins war seit Wochen und Monaten in Camouflage. Er kannte die Verhältnisse wesentlich besser als ich.
»Machst du dir etwa Selbstvorwürfe?« Der Exgardist grinste mich entspannt an. »Keine Sorge, ich werde niemandem von deinem kleinen Fehler erzählen. Und du wirst ohnehin keine Gelegenheit mehr dazu haben.«
Sein Lächeln gefror. »Eine Sache ärgert mich allerdings: Dein Zellaktivator ist zum Greifen nah, und trotzdem komme ich nicht an ihn heran. Ich hätte ihn recht gerne als Souvenir.« Hoffins schüttelte den Kopf. »Ich kann dich nicht einmal davon überzeugen, den Schutzschirm auszuschalten, nicht wahr? In deiner etwas peinlichen Lage kannst du den Befehlsgeber an deinem Multikom nicht greifen.« Er seufzte. »Fragst du dich eigentlich, was sich unterhalb der Falte befindet? Existieren deine Beine und deine Hände überhaupt noch, oder wurden sie in ein fremdes Kontinuum abgestrahlt?«
Ich schwieg. Solange Artemio Hoffins schwätzte und seinen Triumph in aller Breite genoss, konnte ich nachdenken. Es musste einen Weg aus dieser Bredouille geben, es musste …
»Wenn ich nun den Druck auf die Falte ein wenig verstärke? Wird der Schutzschirm zusammenbrechen? Hm – es käme auf einen Versuch an.«
Die Substanz rings um mich lockerte sich für einen Moment, um sich gleich darauf wieder zu verfestigen und mich noch enger, noch kräftiger zu umfassen.
Das bildest du dir bloß ein! , mahnte mich der Extrasinn. Der Schutzschirm bewahrt dich vor dem Zerquetschtwerden.
»Ist das etwa noch immer zu wenig Druck?«
Artemio Hoffins trat einen Schritt zurück und berührte eine weitere Fußtaste auf dem Befehlsfilm, den er aus dem Faltenmaterial hervorgehoben hatte. Mithilfe Sumbarns erkannte ich die Sequenz. Er nutzte die Möglichkeiten Camouflages genauso gut wie ich. Der Boden unter seinen Füßen wurde zum Befehlsstand, auch wenn er weniger Möglichkeiten als die Steuerzentrale bot.
»Es ist ein schmaler Grat zwischen Leben und Tod. Willst du nicht ein wenig um Gnade winseln? Vielleicht lasse ich mich erweichen?« Er stützte das Kinn auf eine Hand und tat so, als müsse er nachdenken, um schließlich den Kopf zu schütteln. »Nein – ich glaube nicht. Du hast mir viel zu viele Schwierigkeiten bereitet. Ich glaube nicht, dass ich an den inneren Teil Camouflages noch herankomme. Vielleicht kann ich Zugeständnisse erwirken, wenn ich dich als Geisel behalte; zumindest dein Oberteil, haha!«
Der Druck auf meine Brust nahm weiter zu. Ich wusste , dass ich keiner Täuschung unterlag. Der Schutzschirm begann zu flackern. Mit Schrecken erinnerte ich mich an seine Fehlfunktionen und Aussetzer, die ich durch meine Unüberlegtheit nach unserer Ankunft auf Camouflage bewirkt hatte.
Ich beschloss, mein Schweigen zu brechen. Mir blieb kaum noch Zeit. »Wo befindet sich eigentlich Opryn da Onur? Hast du ihn ebenfalls getötet wie seinen Bruder Difinit?«
»Dazu ist er viel zu wertvoll, mein Freund.« Er drehte sich beiseite und winkte nach rechts. Eine gebeugt gehende Gestalt trippelte herbei. »Wie du siehst, erfreut er sich bester Gesundheit.«
Opryn war ein gebrochener Mann. Seine Beine schleiften über den Boden. Willenlos gehorchte er den Befehlen Hoffins'.
»Warum gibst du nicht auf, Artemio?«, fuhr ich fort. »Dein kindischer Racheakt an mir ändert nichts, gar nichts. Corus hat die Steuerzentrale wieder unter Kontrolle. Auch wenn du meinst, die äußeren Bereiche Camouflages zu beherrschen, wirst du nicht verhindern können, dass meine USO-Truppen dich ausfindig machen. Wenn sie erfahren, dass ich verschollen bin, werden sie keine Sekunde ruhen, bis sie mich gefunden haben.« Ich log mit der Abgebrühtheit jahrtausendelanger Erfahrung. Tipa Riordan würde nichts dergleichen tun. »Dann bist du der Gejagte. Wirst du so lange durchhalten wie Corus? Wirst du dem permanenten Druck begegnen können? Tag für Tag, Nacht für Nacht, ohne Ruhe und Schlaf?«
»Sei gefälligst still!«, herrschte mich Hoffins an. »Deine Psychospielchen greifen bei mir nicht. Ich weiß ganz genau, was ich tue …«
»Ach ja? Du willst den Kampf fortführen oder gar noch einmal von vorne beginnen, diesmal eingeklemmt zwischen Truppen, die von hinten nachdrängen, und zwei Tyarez-Trägern, die von der Steuerzentrale aus ihren Einfluss sukzessive vergrößern? – Ja, du hast richtig gehört. Corus hat Unterstützung
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