Atlan 08 - Illochim 02 - Im Bann der Gatusain
Havedge. Er rang mit den Händen und wandte sich an seinen Schützling. »In diesem Fall jedoch, fürchte ich, liegen sie richtig.«
»Auch mir wäre eine positive Diagnose lieber. Konzentrieren wir uns auf die Fakten. Wenn Sie die akzeptieren, Tristan, und sich danach verhalten, finden wir womöglich eine Lösung.«
Li blickte betreten drein, ohne sich unterkriegen zu lassen. Ein Beimischung in seinen Medikamenten sorgte dafür, dass er nicht in Depressionen verfiel. »Nett von Ihnen, Doktor. Dabei glauben Sie so wenig daran wie ich. Ich habe mit meinem Leben abgeschlossen und nur noch ein Ziel vor Augen. Ich werde Olgej rächen. Und jetzt hat die verdammte Greta uns an der Leine, und wir sind hilflos. Das darf nicht sein. Ich lasse nicht zu, dass Greta ihrer verdienten Strafe entgeht.«
»Dem Lordadmiral wird etwas einfallen«, gab sich Havedge zuversichtlich.
»Genau«, bestätigte Drays. »Das war immer so, seit ich in der USO bin. Wir sind für heute fertig.«
Li sprang auf und bedankte sich. Sein innerer Antrieb ließ ihm keine Ruhe. Gegen die Dämonen, die ihn trieben, besaß die Ärztin kein Mittel. Überhaupt fühlte sie sich ziemlich hilflos, was Tristan anging. Die beiden unterschiedlichen Männer verließen die Medoabteilung, ohne zu sagen, was sie vorhatten. Die dunkelhäutige Spezialistin seufzte und inspizierte die medizinischen Einrichtungen. Ein Teil davon war ausgefallen. Hyperenergetische Vorgänge fanden in allen Schiffssektionen statt, mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt. So gesehen, war die medizinische Abteilung mit den geringen Beeinträchtigungen gut bedient. Auf Dauer war der Zustand trotzdem unhaltbar.
»Ich erkundige mich in der Zentrale nach dem Stand der Dinge«, teilte sie ihrem Stab mit und verließ den Raum. Im Korridor fiel ihr auf, wie still es im Schiff war. Zahlreiche Betriebsgeräusche der Bordsysteme, die man sonst nur unterschwellig wahrnahm, waren verstummt, weil die Maschinen brach lagen. Cyriane fühlte sich ins Innere eines Geisterschiffs versetzt. So schlimm sind die Zustände nicht. Immerhin gab es Leben an Bord, das allerdings in den Händen Greta Gales lag. Nicht nur Atlan jagte sie, sondern auch der junge Li. Es gefiel Cyriane nicht, dass der einzige Umstand, der ihn antrieb, seine Sehnsucht nach Rache war. Sie wünschte, er würde mehr aus der Zeit machen, die ihm noch blieb. Etwas Sinnvolles, etwas, das weniger martialisch klang. Doch was sollte er an Bord eines Raumschiffs, das unter fremder Kontrolle stand, anfangen?
In der Zentrale, die sie wenige Minuten später betrat, herrschten die gleichen Bedingungen wie in den Gängen und Korridoren. Es fehlten gewohnte Hintergrundgeräusche, sonst ein steter Quell elektronischer Aktivität. Die Menschen hatten sich der Veränderung angepasst. Kaum jemand sprach ein Wort. Stumm arbeiteten die Spezialisten an den wenigen Geräten, die ihnen weiterhin zur Verfügung standen. Drays sah sich vergeblich nach dem USO-Chef um.
»Wo ist der Lordadmiral?«, fragte sie. »Ich habe mit ihm zu reden.«
Eppenroq zuckte mit den Achseln. »Hat die Zentrale verlassen. Ist bestimmt in sein Quartier gegangen, um sich eine Stunde aufs Ohr zu legen.«
»Hat er das gesagt?«
»Dann müsste ich nicht spekulieren.« Eppenroq sah von seinem Pult auf. »Kann auch sein, dass er wichtige Dinge zu erledigen hat, die keinen was angehen.«
»Der Lordadmiral ist der Chef und keinem von uns Rechenschaft schuldig«, schickte Ira Connaire hinterher. »Er wird wissen, was er tut.«
Drays glaubte einen zweifelnden Unterton aus den Worten zu hören. »Gehört er in dieser heiklen Situation nicht auf seinen Kommandoposten?«
Sie erhielt keine Antwort. Es war offenkundig, dass die Spezialisten sich zu diesem Thema ihren Teil dachten, aber niemand darüber reden wollte. Die Ärztin ging den Weg zurück, den sie gekommen war, und überlegte, was zu tun war. In seinem Quartier wollte sie Atlan nicht stören, wenn er schlief.
Und wenn er das nicht tat?
Ein Verdacht keimte in ihr, den sie schon früher gehegt hatte und den möglicherweise die Zentralebesatzung teilte. Sie begab sich zu dem Lagerraum, in dem der Sarkophag untergebracht war. Als sie vor dem Schott stand, zögerte sie einzutreten. Eine innere Stimme versuchte sie davon abzuhalten, weil sie ihre düstere Ahnung nicht bestätigt sehen wollte. Hin- und hergerissen zwischen ihrem Pflichtbewusstsein und Rücksichtnahme auf den ersten Mann der USO lauschte sie. Nichts war zu hören. Sie
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