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Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby

Titel: Die Buße - Gardiner, M: Buße - The Liar's Lullaby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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KAPITEL 1
    Hack Shirazi stemmte sich, von Wind und Motorenlärm geschüttelt, in die offene Hubschraubertür und blickte über die San Francisco Bay auf das brechend volle Baseballstadion. Die Abendsonne zerteilte sein Gesichtsfeld in zwei Hälften. Der Scheck war angekommen, also musste er den Rambo liefern. Aber sie waren spät dran, und er hatte das schwindende goldene Licht direkt in den Augen.
    Er rammte das Bananenmagazin in die Kalaschnikow. »Auf mein Zeichen.«
    In der Tür des neben ihnen fliegenden Helikopters brachte sich das zweite Team in Stellung. Gemeinsam rauschten sie über die Bucht auf die Stadt zu. Auf der Wasseroberfläche hundertfünfzig Meter unter ihnen schimmerten Schaumkronen. Vorn im Pilotensitz konzentrierte sich Andreyev auf die Steuerung.
    Das Stadion der Giants war bis auf den letzten Platz besetzt. Die Menschen drängten sich auf den Tribünen und vom Schlagmal bis zur Bühne im Mittelfeld. Die zwei Bell-212-Hubschrauber sollten darüber hinwegfliegen, in einem
engen Bogen wenden und dann aus der tief stehenden Sonne auf ihr Ziel zusteuern.
    Andreyev funkte ihren Mann auf dem Boden an. »Rock and Roll.«
     
    Unten auf der Tribüne legte Rez Shirazi die Hand an seinen Ohrhörer. »Verstanden.«
    Rock and Roll war so ziemlich das Einzige, was er im Moment hören konnte. Von allen Seiten hallte es wider: von den nicht überdachten Plätzen an der Seitenauslinie, wo biergetränkte Prolos im Takt brüllten; aus dem Gewimmel auf dem Feld, wo Studentinnen den rührseligen Text mitsangen; von den VIP-Suiten zu beiden Seiten von ihm, wo Spekulanten Mojitos schlürften und fünf Dollar teure Tortillachips in Mangochutney-Salsa tunkten.
    Shirazi schüttelte den Kopf. Pseudo-Rock-and-Roll - ertränkt in Countrykäsesoße. Geschmackloser, triefender amerikanischer Käse.
    Durch den Ohrhörer erreichte ihn die Stimme seines Bruders. »Vier Minuten. Zeit läuft.«
    Rez klickte auf den Timer seiner Uhr. »Zeit läuft.«
    Auf der Bühne wuh-wuhte ein Chor von Hilfspatrioten, deren bodenständiger Akzent von turmhohen Lautsprechern verstärkt wurde, während der Sänger in Zweitausenddollarcowboystiefeln über den Kummer der einfachen Menschen jammerte.
    You can take my work, you can take my cash … but if you won’t shake my hand, I’ll light a fire up your...

    »Ass«, murmelte Shirazi.
    In den Suiten nebenan drängten sich die Leute, und sogar die Bankreihen auf dem Balkon waren besetzt. Doch Rez’ Suite war leer: keine Speisen, keine Getränke, keine herumlungernden Typen. Er trat auf den Balkon und prüfte die Ausrüstung. Die CO 2 -Kanister standen bereit, die Zipline war sicher befestigt: ein Stahlkabel, das durch einen Ringbolzen verlief und an den oberen Tribünenträgern des Stadions verankert war. Er spähte in die Videokamera, dann über den Rand des Balkons. Es ging ziemlich tief hinunter.
    Andreyevs Stimme knisterte durchs Funkgerät. »Ich seh sie nicht auf dem Bildschirm. Ist sie da?«
     
    Wie aufs Stichwort öffnete sich die Tür zur Suite. Aus dem Gang brandete Lärm herein. Tasia McFarland stürmte ins Zimmer.
    »Rez, sie folgen mir. Schaff sie mir vom Hals. Ich kann das nicht machen, wenn ich ständig von diesen Leuten belästigt werde.«
    Bei ihrem Anblick feuerten seine Synapsen »Sie ist da.« Den Bruchteil einer Sekunde lang juckte seine Haut, und seine Ohren dröhnten. »O Mann.«
    Die Stimme seines Bruders klang scharf. »Was ist?«
    Tasia hatte sich bereits den Klettergurt umgeschnallt. Beachtliches Outfit. Sie trug ein magentafarbenes Korsett, dessen Rüschenenden bis zum Boden hingen. Darunter hatte sie eine zerfetzte Jeans und türkisfarbene Cowboystiefel an. Ihre obere Hälfte sah aus wie eine halb entblätterte Scarlett O’Hara, die untere, als hätte sie mit knapper Not einen Ringkampf mit einem tollwütigen Dachs überlebt.

    Hinter ihr strömten Leute durch die Tür. Stadionsicherheitskräfte, eine Kosmetikerin, eine Kostümassistentin, der Tontechniker.
    Sie fuhr zu ihnen herum. »Hört auf, mich zu piesacken. Ihr macht mich ganz wirr im Kopf. Ich kann nicht mehr klar denken. Verschwindet. Rez, schaff sie raus. «
    Rez hob die Hände. »Okay, entspann dich.«
    Ihre Augen funkelten jadehell. »Entspannen? Das hier ist ein Großereignis. Eine Supernova. Ich steh kurz davor, den Rubikon zu überschreiten.« Sie deutete auf ihr Gefolge. »Und diese Vampire füllen meinen Kopf mit statischem Rauschen, bis ich sonst nichts mehr höre. Aber ich muss was hören, um

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