Atlan 15 - Monolith 05 - Ceres am Abgrund
überlegte ich.
Also fragte ich den Silbermann: »Wären die Rollen vertauscht gewesen, was hättest du an meiner Stelle getan? Gib mir eine ehrliche Antwort.«
Die Frage war vielleicht nicht ganz fair, aber das kümmerte mich in diesem Augenblick überhaupt nicht. Er sollte ruhig spüren, wie es war, wenn man ungerechtfertigte Vorwürfe zu hören bekam.
Santjun biss sich auf die Lippen, wich meinem Blick aus und reagierte nicht auf die Frage. Er tat so, als habe er sie gar nicht gehört. Gerade als ich ihm die Frage ein zweites Mal stellen wollte, wurde unsere Lage total auf den Kopf gestellt.
»Träger des Lichts«, schrillte die Stimme Calipher-Geists aus meinem Helmfunk. »Ehrwürdiger Lordadmiral, Ihr dürft nicht hier in der Kaverne bleiben! Ihr müsst sofort weg von hier!«
Meine Begleiter blickten mich fragend an, doch ich wusste ebenso wenig wie sie, wovor mich das Programm warnen wollte. Aber wenn das Fragment so ohne Schnörkel redete, musste es äußerst wichtig sein.
»Was ist geschehen, Calipher-Geist?«
»Ich empfehle Euch einen sofortigen Rückzug, da der Verbrecher Malcher die lemurische Selbstzerstörungsanlage des Bunkers in Betrieb genommen hat, und ich diese nicht vollständig desaktivieren kann. Ich bin eben doch nur ein Rudimentärfragment, nur etwas Halbes und nichts Ganzes«, klagte mein körperloser Helfer. »Ich kann zwar die Zerstörung von Ceres verhindern, nicht aber die des Monolithen …«
Er legte eine Sprechpause ein. Es hatte den Anschein, als müsste er Luft holen. Eine absurde Vorstellung.
»Von jetzt ab habt Ihr noch etwa 45 Minuten Eurer Zeit, um zu fliehen, Herr!«
Kapitel 34
Dienstag, 7. Mai 3112
Malcher
Die letzte halbe Stunde würde er nie vergessen. Niemals zuvor hatte Malcher es erlebt, dass er von höchsten Höhen in tiefste Tiefen gerissen wurde. Wie siegessicher war er gewesen, als er vor einigen Tagen den Weg in den Monolithen von Ceres gefunden hatte. Welch hochtrabende Pläne hatte er sich ausgedacht, um die Leute, die er zu seinen Feinden erklärt hatte, endgültig ausschalten zu können. Er hatte auf einer Wolke aus Erfolgen gepaart mit Größenwahn geschwebt.
Und was war aus seinem Hochmut geworden? Der war gegenwärtig klein. Winzig klein. Kein Wunder nach allem, was ihm heute widerfahren war.
Da war zuerst dieses unglaubliche Hochgefühl gewesen, als es ihm gelungen war, mehrere Raumschiffe zu zerstören – darunter sogar ein Ultraschlachtschiff! – und dem Solaren Imperium einen Dämpfer zu verpassen. Nie zuvor hatte er sich so gut gefühlt, so lebendig . Nie hatte er so sehr gespürt, was es hieß, wirkliche Macht in Händen zu haben.
Und dann konnte er diese Waffe mit einem Mal nicht mehr einsetzen. So oft er es auch versuchte, er vermochte keine Lösung dieses Problems finden. Lag es an der Überalterung des Waffensystems? Konnte es vielleicht auch nur einmal eingesetzt werden? Fehlten ihm wichtige Informationen? Malcher wusste es nicht, und im Augenblick war es ihm auch egal. Wichtig war nur, dass er jetzt sein Leben rettete.
Er dachte kurz an Chulia. Nicht, dass ihm viel an ihr gelegen hätte. Sie war ein Werkzeug für ihn gewesen, genau wie auch Te'pros nur ein Mittel zum Zweck für ihn dargestellt hatte. Trotzdem fühlte er Bedauern darüber, dass die Mutantin nicht mehr lebte. Er war zu Tode erschrocken gewesen, als Chulia von der Eisgräberin getötet worden war, denn er war davon ausgegangen, dass sie es auf ihn abgesehen hatte. Aber dem war wohl doch nicht so gewesen.
Er war mit seinen beiden Vertrauten Olhian und Tauron und einigen Soldaten in den Monolithen geflohen. Malcher wusste genau, wann er den Rückzug antreten musste, das hatte er schon immer gewusst. Nicht umsonst war er so alt geworden.
Er hatte inmitten der feindlichen Soldaten Lordadmiral Atlan ausgemacht. Ausgerechnet einer der Aktivatorträger, die er am meisten hasste, hatte ihn vertrieben.
»Du hast nur eine Schlacht gewonnen, Arkonide«, murmelte er, als sie zum Bunker liefen, »aber noch lange nicht den Krieg.«
Vor dem Saal zum Bunker hatte er Thom Fogharty getroffen. Olhian hatte den Professor niedergeschlagen und ihm den Datenkristall mit den neuesten Erkenntnissen abgenommen.
Malcher musste unbedingt zurück nach Chonosso. Dort wartete schon eine Schar seiner Kämpfer darauf, unliebsame Eindringlinge aus dem Weg zu räumen. Er hatte ihnen schließlich genaue Anweisungen gegeben, wie sie gegen Fremde vorzugehen hatten.
Aber der Arkonide
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