Atlan TH 0002 – Schergen der SOL
von den Kosmokraten diktierten Bestimmung zuführen?
All das schien mehr zu sein, als ein einzelner Mann in der Lage war zu bewerkstelligen. Doch noch waren der Mut und die Tatkraft des Arkoniden nicht gebrochen, und solange es an Bord der SOL Menschen wie Kav Wergen oder Tordya gab, die bereit waren, um ihre Freiheit zu kämpfen, war auch Atlan bereit zu wagen, was immer nötig war.
Chart Deccon hatte seine schlechte Laune nicht verloren. Die Nachrichten, die ihm zugespielt wurden, waren alles andere als erfreulich. Kein Fortschritt, was den Zugstrahl betraf. Kein Fortschritt, was den Aufrührer anging, der sich an Bord der SOL herumtrieb. Der Bursche hatte es geschafft, den eingeschlossenen Romeo zu befreien und mit ihm zu verschwinden. Niemand wusste, was der Kerl mit dem verrückten Roboter zu bereden gehabt hatte. Immerhin hatte man die Maschine stoppen und wieder einfangen können.
Deccon hatte sich das Leben als High Sideryt einst anders vorgestellt. Er hatte geglaubt, Dinge in Bewegung bringen zu können; stattdessen war er den weitaus größten Teil seiner Regierungszeit damit beschäftigt, die Missstände an Bord zu verwalten.
Der SOL und den Solanern ein Ziel zu weisen – was für ein Anspruch! Er konnte zufrieden sein, wenn ihm das Schiff und die dort herrschenden Verhältnisse nicht eines Tages um die Ohren flogen. Ohne den von den Ahlnaten getragenen Kult der SOLAG wäre das Leben an Bord längst unmöglich geworden. Es war in gewisser Weise für jeden High Sideryt eine Demütigung, dass keiner von ihnen je so weit gekommen war, diese verkrusteten Strukturen aufbrechen zu können. Stattdessen war das Leben als SOLAG-Chef eine fortlaufende Reihe von Zugeständnissen und faulen Kompromissen.
»Atlan«, sprach der High Sideryt den Namen aus, der ihm Stunde um Stunde verhasster wurde. »Wo bist du? Was willst du?«
Niemand antwortete ihm.
Der Fremde hatte sich davongemacht. Er hatte den wieder eingefangenen Romeo im Stich gelassen. Zurzeit wurde die Gegend, in der er zuletzt gewesen sein musste, von einigen Dutzend Robotern und Solanern abgesucht – mit bestenfalls geringer Aussicht auf Erfolg. Es gab mehr als genug Mittel und Wege, sich in den Tiefen des Schiffes unsichtbar zu machen, und Atlan hatte sich als klug und geschickt erwiesen.
Was würde der Mann als Nächstes unternehmen?
»Du willst mich herausfordern, Atlan?«, murmelte Chart Deccon schläfrig. »Einverstanden. Ich nehme deine Herausforderung an.«
Sekunden später war der mächtigste Mann der SOL eingeschlafen.
»Warum weinst du?«, fragte Kav Wergen. »Es ist der Lauf der Welt.«
Tordya schluchzte. Sie tat seit Stunden nichts anderes mehr. Der Buhrlo hätte nie geglaubt, dass in einem einzigen, dazu noch so zierlichen Wesen so viel Wasser gespeichert war.
Ihr Stoßtrupp hatte keine weiteren Verluste hinnehmen müssen. Alle waren unverletzt in ihre Quartiere zurückgekehrt. Äußerlich ebenfalls unversehrt, innerlich jedoch schwer angeschlagen war Tordya. Sie hoffte immer noch, dass sich Atlan zu ihnen durchschlagen konnte, aber in ihrem Herzen wusste sie längst, dass sie ihn nicht wiedersehen würde.
Kav Wergen verließ schweren Schrittes den Raum. Er konnte Tordya nicht helfen. Nicht mehr. Sobald die Tür hinter ihm zugefallen war, lehnte er sich gegen eine Wand und stieß einen lauten Seufzer aus. Es wurde höchste Zeit. Die Schmerzen wurden immer schlimmer.
Der Buhrlo hatte es in den letzten Stunden immer deutlicher gespürt. Seine Glashaut wurde zusehends undurchsichtiger und verlor an Spannkraft. So oder so: Für Kav Wergen war die Zeit gekommen.
Eine Buhrlohaut war ein komplexes Organ, das vielfältige Aufgaben erfüllen musste. Sie schützte ihren Träger vor der Kälte des Weltraums und musste gleichsam in der Lage sein, den Körper mit Sauerstoff zu versorgen. Solange ein Buhrlo jung und aktiv war, kümmerte er sich nicht sonderlich um diese Dinge. Die meisten Weltraummenschen waren damit zufrieden, dass ihre Haut funktionierte. Sie taten lediglich das, was nötig war, um eine einwandfreie Funktion zu gewährleisten.
Gefährlich wurde es erst mit dem Alter. Dann nämlich konnte es jederzeit zum Ausfall einiger Papillos kommen. Das waren jene speziellen Muskeln, die als natürliche Dichtungsventile dafür sorgten, dass die gläserne Buhrlohaut ihren Funktionen gerecht werden konnte. Das Versagen der Papillos kam einem Leck im Raumanzug gleich – der Tod war die logische Folge.
Vor diesem Schicksal
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