Atlantis
traf in allen Punkten zu. Die Felsen waren nach allen Seiten hin unbesteiglich. Der Eingang zur Lagune durch das Felsenriff?… Die Seeräuber hatten ihn einst gefunden, also mußten sie ihn auch finden. Doch alles Suchen war vergeblich. Immer wieder hatten sie das Atoll kreisend umfahren, stets bestrebt, sich nicht einem Wächter der Besatzung zu verraten.
Ein Zufall mußte es gewesen sein, der irgendwann bei starker Ebbe den Piraten den unterseeischen Weg zeigte. Ein starker Sturm vielleicht könnte den Eingang freilegen. Aber die See war ruhig, spiegelglatt.
Uhlenkorts Erregung hatte sich von Tag zu Tag gesteigert. Der Gedanke, Christie hier in unmittelbarer Nähe zu wissen… mehrmals hatten sie auf dem Rande der Klippen eine weibliche Gestalt zu sehen geglaubt, die wohl Christie sein konnte.
Immer wieder hatte er sich an Tredrup gewandt, an ihn, den Findigen, Listenreichen. Der wußte keinen Ausweg, starrte mit zusammengebissenen Zähnen zu den Klippen hinüber, die wie Burgzinnen unersteiglich vor ihnen lagen. Die Welle nach Saltadera! Uhlenkorts Blicke gingen immer wieder zu dem Sender. Den Freund dort zu fragen, zu bitten…
Die Nacht verging. Tredrup gab den Befehl zu tauchen. Die Fahrt ging unter Wasser weiter. Nur das Periskop, auf die Insel eingestellt, zeigte ihr Bild. Uhlenkort starrte darauf hin. Die Mauern der Klippen glitten vorüber, lückenlos. Fast jeder Stein in hellem Sonnenlicht deutlich erkennbar. Er trat zurück.
»Vergeblich, unmöglich, Tredrup. Das schärfste Auge vermag nichts zu sehen. Wir nähern uns jetzt der Korallenbank im Osten, wir müssen ausweichen. Wär’s nicht doch möglich, daß eine andere Insel, dieser ähnlich, die gesuchte wäre, wo Christie verborgen ist?«
Tredrup schüttelte den Kopf. »Meine Nase, und auf die schwöre ich, sagt mir, diese Insel ist’s und keine andere.« Er trat zum Periskop.
Das Boot hatte seinen Kurs geändert. Er stellte das Periskop neu ein. Dann bohrte sich sein Auge in das Bild der Insel. Uhlenkort war im Begriff, den Raum zu verlassen. Ein Schrei aus Tredrups Mund hielt ihn zurück. Er stürzte zu ihm hin.
»Ich sehe den Eingang… ich sehe ihn… dort liegt er.«
Er wollte weitersprechen, da hatte ihn Uhlenkort weggerissen, schaute selbst hindurch.
»Der Eingang! Dort liegt er!« murmelten seine Lippen noch. »Groß und breit das dunkle Tor in dem hell erleuchteten Gestein!«
Er wandte sich zu Tredrup um.
»Tredrup! Du, was ist das? Die Öffnung! Wohl über einen Meter hoch liegt sie frei da. Wie ist das möglich, daß wir sie nicht früher sahen? Mehr als ein Dutzend Mal kamen wir schon an dieser Stelle vorbei und sahen nichts.« Tredrup starrte auf den Boden. Eine leichte Blässe lag auf seinem Gesicht. Dann, als hätte er einen Entschluß gefaßt, ging er zu seinem Periskop. Stopp! schrie er ins Mikrofon. Das Boot bewegte sich ein kurzes Stück noch, dann stand es.
Tredrup maß die Entfernung zur Küste. An dieser Stelle des Meeres hatten sie am Tag zuvor ebenfalls haltgemacht.
Sein Blick ging über die Kronen der Klippen. Die beiden Palmenwipfel, die er gestern noch eben über der Felsenkante sah, waren jetzt nicht mehr zu sehen.
»Saltadera!« murmelten seine Lippen. »Wibehafen!… Der vom Leuchtturm… Vineta… Black Island… eine Kette!«
Er wandte sich zu Uhlenkort.
»Du willst es wissen, wie das geschehen konnte, daß wir heute sehen, was gestern unsichtbar war? Frage ihn in Saltadera!«
Uhlenkort trat einen Schritt zurück, sah Tredrup an, als verstände er ihn nicht.
»Was sagst du? Er?«
»…Er hob in dieser Nacht den Meeresboden hier und die Insel darauf! Sein Werk!«
Uhlenkort legte die Hände über die Augen.
»Sein Werk, Tredrup! Auch das ist sein Werk. Die Macht in seinen Händen. Mir graut. Zuviel, zuviel für schwache Menschenhand. Zuviel, was das Schicksal einem gab, der von irdischer Mutter geboren ward. Seine Hand umspannt den Erdball. Menschen, Meer und Land sind ihm untertan.«
Ein knirschender Ton vom Kiel des U-Bootes riß sie aus ihren Gedanken. Im Schaukeln der Flut hatte das Boot leicht ein unterseeisches Riff gestreift.
»Hallo!« rief Tredrup. »Sanfte Warnung! Gut, daß ich stoppen ließ. Das Boot in Fahrt… es hätte ein böses Leck geben können.«
Schon stand er am Maschinentelegrafen. »Achtung! Rückwärts halbe Kraft!«
Langsam schob sich das Boot rückwärts von der Untiefe ab. Neue Kommandos. Die Ballasttanks füllten sich, das Periskop wurde eingezogen. Das Boot sank,
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