Atlantis
Zeit immer enger geworden. Mehrfach war ihm eine amtliche Stelle angeboten worden, doch hatte er stets abgelehnt. Abgelehnt mit dem Hinweis, daß er in seiner unabhängigen Stellung dem Staat mehr nützen könne.
Er blieb der freie Kaufmann, aber er war in steter enger Verbindung mit den politischen Geschäften. Eine Stellung, die ihm ohne ausgesprochene Vollmachten eine gewisse Handlungsfreiheit gab. Eine Stellung, die bei den Eifersüchteleien der europäischen Staaten sogar offen oder versteckt manchen Protest veranlaßte, die aber durch die glückliche Hand, die er in so vielen schwierigen Situationen zeigte, immer mehr gekräftigt wurde.
Als Vertrauensmann des Europäischen Staatenbundes hatte man ihn nach Washington gesandt. In Gemeinschaft mit Vertretern der amerikanischen Regierung sollte er die von dieser angeordneten Sicherheitsmaßregeln noch einmal nachprüfen.
Um drei Uhr wurde er erwartet. Die Uhr schlug drei. Uhlenkort trat in den Raum. Nach kurzer Begrüßung seines Oheims und der Versammlung stattete er seinen Bericht ab. Die Mienen der Zuhörer begannen sich zu entspannen. Die umfassenden Vorsichts- und Kontrollmaßregeln, welche die amerikanische Regierung angeordnet und durchgeführt hatte, wirkten beruhigend.
Er fuhr fort: »Formell und äußerlich ist alles in bester Ordnung…«
Hier machte er eine Pause. Fragend ruhten die Blicke der Versammlung auf ihm.
»Ich sagte soeben: formell und äußerlich. Anders, meine Herren, ist es mit meiner persönlichen Auffassung der Sachlage.«
Seine Miene verfinsterte sich, seine Stirn krauste sich.
»Trotz allem, ich komme von jenem Verdacht nicht los…«
Im Augenblick umschwirrte ihn ein Fragengewirr.
»Es ist die Persönlichkeit des Leiters der Gesellschaft, es ist jener Mr. Rouse, der mich nicht aufatmen läßt. Seine sprichwörtliche Skrupellosigkeit… diese geradezu zur Schau getragene Indifferenz bei den Kongreßberatungen… Die Äußerung des Kapitäns Wesserton, der mit mir die Kontrollreise machte – er ist mir seit langem persönlich bekannt und machte mir seine Mitteilungen unter vier Augen im Vertrauen –, daß die besten Meßmethoden raffinierte Nebenschaltungen nicht aufdecken könnten… das alles, meine Herren, läßt mich nicht zur Ruhe kommen.«
Die Spannung der Versammlung machte sich gewaltsam Luft. Stimmengewirr. Erregte Fragen und Ausrufe. Für und wider. Gelassen, mit leichtem Achselzucken ließ Uhlenkort die Flut abebben.
»Den Vorwurf des Pessimismus, den mir manche von Ihnen gemacht haben, will ich gern auf mich nehmen, ich bin auch bereit, Mr. Rouse alles abzubitten, wenn…«
Eine Stunde später saß der Staatspräsident mit seinem Neffen zusammen. Noch einmal hatten sie die Lage besprochen. Dann hatte Uhlenkort über sein Zusammentreffen mit Christie berichtet.
Die Affäre in Valparaiso… die Abreise Christies dorthin mit weitgehenden Vollmachten. Ruhig hatte er die erregten Einwendungen seines Oheims angehört. Mit den Worten: Sie ist eine Harlessen, eine echte Harlessen, hatte er den Oheim schließlich gewonnen und war schließlich mit den Worten gegangen: »Deine Telegramme erreichen mich für die nächsten Tage in Spitzbergen.«
*
Der Tag der Sprengung war gekommen. Um elf Uhr vormittags sollte der elektrische Funke, von Washington ausgesandt, die Minen zur Explosion bringen. Es lag in der Natur des amerikanischen Volkes, daß ein solches Ereignis auch äußerlich feierlichen Ausdruck fand.
Was da geschehen konnte, war geschehen.
Zuerst der Akt der Sprengung selbst. Nach jenem geschichtlichen Vorbild der Sprengung des Höllentors im New Yorker Hafen sollte er vor sich gehen. Ein Drücken eines Kontaktknopfes durch den Repräsentanten der amerikanischen Nation, den Staatspräsidenten, sollte die Sprengung bewirken.
Die Betätigung des Kontaktes mußte die Gewalt der Explosion entfesseln. Die feierliche Handlung sollte im Hause der New Canal Company in Washington vor sich gehen. Der Staatspräsident Parker mit den übrigen Mitgliedern der Regierung war zu diesem Zweck in der zehnten Vormittagsstunde vom Weißen Haus herübergekommen.
Eine ungeheure Spannung lag über ganz Amerika… über der ganzen Welt. Der große Hauptsender der New Canal Company war in den letzten Wochen um hundert Kilometer von der Kanaltrasse weg nach Westen verlegt worden. Aber Hunderte von Leitungen führten von ihm bis zur eigentlichen Sprengzone und waren dort mit ebenso vielen Mikrofonen verbunden. Der Donner der Explosion
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