Atlantis
fühlst, daß du zu uns gehörst, zu uns hingehörst nach Hamburg…«
Schweigen lastete in dem kleinen Raum. Es drängte sie, ihm die Hand zu reichen. Es schrie in ihr: Ja! Ja! Du hast recht! Ja! Ja!
Sie kämpfte mit sich… Ihr Herz schlug, als wollte es bersten… und sie bezwang sich…
»Herr Uhlenkort!«
Der Klang seines Namens schien ihn aufzuwecken. Er strich sich über die Augen.
»Ach! Verzeihung, Fräulein Christie… Was sprach ich? Ich… Verzeihung… mein Herz floß über. Ich konnte nicht anders.«
Er streckte ihr die Hand entgegen. Er fühlte, wie ihre Finger sich leicht hineinlegten und darüber glitten. Dann ging er zu seinem Platz zurück.
»Ich vergaß… vergaß schon damals in Kapstadt, Sie nach den rätselhaften Umständen jenes Verbrechens in Tejada zu fragen. Ihr Vermögen wurde damals geraubt. Haben die Nachforschungen der Polizei, der Behörden gar nichts ergeben?«
»Nichts, Herr Uhlenkort. Man hat mich verschiedene Male vorgeladen. Man hat auch einige Leute verhaftet. Aber ihre Unschuld erwies sich bald. Es bleibt ein Rätsel, ein Geheimnis, dessen Dunkel wohl niemals gelichtet werden wird.«
»Niemals? Was an mir liegt, soll geschehen, um das Rätsel zu lösen. Wäre es auch nur, um dem Verbrecher seinen Raub abzujagen. Die Verbindung mit dem Pinkerton Office hat mich auf den Gedanken gebracht, die Pinkertons auf die Spur des Verbrechens zu setzen.«
Noch einmal ließ er sich von Christie die Umstände der Tat, soweit sie bekannt waren, berichten. Sah, wie Christie Harlessen durch die Erzählung von neuem ergriffen, wie ihr Bericht immer matter und tonloser wurde.
»Nur noch eine Frage, Fräulein Christie, dann wollen wir dies dunkle Thema verlassen. Haben Sie selbst irgendeinen Verdacht, einen leisen Verdacht? Vielleicht auf irgend jemand…«
Er schaute Christie voll an. Sah, wie sie überlegte, wie ihre Augen hin und her gingen, wie sie kämpfte, zögerte.
»Ich habe keinen Verdacht. Habe auch niemals einen Verdacht gehabt… irgendein Landstreicher… ein entlassener Arbeiter… wer hätte sonst am Kanal noch… Doch warum noch weitere Nachforschungen nach dem unbekannten Täter anstellen? Sein Raub…« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich werde leben. Ich finde mein Brot selber.«
Uhlenkort erhob sich. Auch Christie war aufgestanden.
»Warum wollen Sie so plötzlich gehen, Herr Uhlenkort?«
»Fräulein Christie… ja, Fräulein Christie… Sie sagten, Sie werden leben. Ich sehe, daß Ihre Willensstärke, Ihr Selbständigkeitsgefühl größer sind als meine Überredungskraft. In Ihren Worten: Ich werde leben, drückte es sich nur zu deutlich aus. Sie sollten auch für mich gelten.«
»Herr Uhlenkort!«
»Fräulein Harlessen?«
Christies Blick ging zur Erde. Sie trat einen kleinen Schritt zurück.
Das versöhnende Wort auf ihren Lippen erstickte unter dieser Anrede.
»Herr Uhlenkort, noch einen Augenblick, ich habe Ihnen noch eine Nachricht zu geben, die Ihre Niederlassung in Valparaiso betrifft.«
Sie holte von ihrem Schreibtisch ein verschlossenes Kuvert und überreichte es ihm.
»Ich war im Begriff, nach Hamburg zu telegrafieren, als Sie heute Mittag zu Simmons Brothers kamen. Als ich Sie sah, änderte ich meine Absicht. Hier ist der Brief, den ich Ihnen, wären Sie nicht zu mir gekommen, in Ihr Hotel geschickt hätte.«
Uhlenkort ergriff das Kuvert.
»Eine Nachricht, die unsere Firma interessiert?«
Sie war hinter den Teetisch getreten und machte sich dort zu schaffen.
»Vielleicht war es überflüssig, was ich tat. Sie werden es zu Hause lesen.«
»Zu Hause? Im Hotel? Nein…!«
Er riß den Umschlag auf und überflog die Zeilen.
»Fräulein Christie?« Er trat erregt auf sie zu. »Ist das wahr… was Sie uns hier mitteilen?« Christie sah kurz auf.
»Warum sollte ich Ihnen ein Märchen berichten?«
»Christie! Ich beschwöre Sie! Sind Sie sich der Tragweite dieser Nachricht bewußt? Ipton & Co. vor dem Bankrott? Unser Vertreter im Bunde mit den Inhabern… Ein Betrug beabsichtigt, der uns zehn Millionen kosten würde? Und Sie wissen es? Sagen Sie, wie Sie zu der Erkenntnis gekommen sind!«
Christie zuckte die Achseln. »Ich weiß es. Ein glücklicher Zufall. Ich glaubte, Ihrer Firma einen Dienst erweisen zu: können. Vielleicht war es auch das Harlessensche Blut…« vollendete sie mit Ironie.
»Christie! Christie! Alles, was Sie sprechen und tun, ja! Das ist Harlessenblut. Nie und nimmer war das ein bloßer Zufall, der Sie hiervon
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