Atme - wenn du kannst!
nichts anderes übrig, als auf ihre Mom zu warten. Sie schaltete den Fernseher ein, aber es war wie verhext. Auf allen Kanälen liefen nur Krimis und Gerichtsshows, in denen es um Verbrechen und Verurteilungen ging.
Plötzlich musste Emily an Charlene Briggs denken, obwohl diese eingebildete Ziege nun wirklich nicht ihre Freundin war. Aber wahrscheinlich hatte sie es Charlene zu verdanken, dass sie überhaupt zur Mordverdächtigen abgestempelt worden war. Emily wollte plötzlich unbedingt ihren Frust an jemandem abreagieren. Sie schaltete den Fernseher aus und schnappte sich ihr Handy. Sie hatte Glück und erreichte Charlene sofort.
„Emily? Das ist aber eine Überraschung.“
„Ja, du dachtest wahrscheinlich, ich würde schon in der Todeszelle sitzen, wie? Aber ich muss dich enttäuschen, die Cops haben mich nicht mal verhaftet. Zu schade, oder?“
„Weshalb bist du so aggressiv, Emily? Was habe ich dir denn getan?“
„Das fragst du noch, du falsche Schlange? Du hast doch bei der Polizei ausgesagt, dass ich Jim den Tod gewünscht habe, oder etwas nicht?“
„Ja, das habe ich getan. War das etwa eine Lüge? Ich habe nur wiedergegeben, was du gesagt hast: ‚Diesen Jim Meadows werde ich irgendwann noch mal eigenhändig umbringen‘. Hast du diesen Spruch von dir gegeben oder nicht?“
„Ja, das habe ich getan“, räumte Emily ein und zwang sich, ruhig zu bleiben. „Aber du musst doch auch den Zusammenhang sehen. Ich war völlig fertig, weil Jim meine Katze getötet hatte, und …“
„Dafür gibt es nicht den geringsten Beweis. Ich glaube, das bildest du dir alles nur ein, Emily.“
„Ach, wirklich? Und den monatelangen Psychoterror durch meinen Ex, den hat es wohl auch nie gegeben? Du machst dir doch nur Hoffnungen auf Jim, Charlene. Das war schon in der Highschool so, und daran hat sich offenbar überhaupt nichts geändert. Meinetwegen kannst du den Kerl geschenkt haben. Ich wäre froh, wenn er eine neue Freundin hätte und ich ihn endlich los wäre.“
„Ich werde deinetwegen jedenfalls nicht die Polizei belügen“, erklärte Charlene zuckersüß. „Weißt du was, Emily? Du bist wirklich krank!“
Charlene drückte das Gespräch weg, und Emily pfefferte wütend ihr Handy aufs Sofa. Sie war hauptsächlich auf sich selbst sauer, weil sie diese Gewitterziege überhaupt angerufen hatte. Emily und Charlene hatten einander noch niemals ausstehen können. Es war klar, dass sich Charlene nur allzu bereitwillig als Zeugin gegen Emily zur Verfügung stellte. Das Schlimme war: Sie hatte noch nicht einmal gelogen. In ihrer Verzweiflung hatte Emily diese Drohung tatsächlich ausgestoßen.
Als Mrs Price endlich von der Arbeit kam, war Emily ein Nervenbündel. Ihre Mutter bemerkte sofort, dass es ihr nicht gut ging. Sie nahm sie in die Arme.
„Beruhige dich, Darling. Deine Unschuld wird sich schon noch herausstellen. Es wird alles gut. Ich habe übrigens eine Überraschung für dich, das wird dich bestimmt aufmuntern.“
Emily lächelte traurig.
„Ich könnte wirklich eine gute Nachricht gebrauchen.“
„Okay, hier ist sie: Ich spendiere dir einen zweiwöchigen Tauchlehrgang an der Florida Bay!“
Emily freute sich wie eine Schneekönigin. Bisher hatte sie das Gerätetauchen nur im Swimmingpool ihres Sportklubs geübt. Und ein Tauchgang im Meer war natürlich etwas ganz anderes. Seit sie ein Jahr zuvor mit diesem Sport angefangen hatte, träumte sie schon davon.
„Danke, Mom, das ist wirklich super. Aber vielleicht lässt mich der Richter ja gar nicht fort.“
Doch der Optimismus ihrer Mutter war unerschütterlich.
„Du bist unschuldig, und das wird auch das Gericht erkennen.“
Einen Tag später war der Haftprüfungstermin. Emilys Mom hatte sich extra freigenommen, um ihre Tochter zu begleiten. Sie trafen Dr. Brennan vor dem Gerichtssaal. Der Anwalt erklärte ihnen das Verfahren.
„Heute geht es nur darum, ob Emily ins Gefängnis muss oder nicht, Mrs Price. Wir plädieren natürlich auf unschuldig. Die Polizei hat keine neuen Erkenntnisse, sonst hätte ich schon davon erfahren.“
„Kann denn Emily überhaupt so einfach eingesperrt werden?“, fragte Brenda Price empört. Der Jurist schüttelte den Kopf.
„Bei den dürftigen Beweisen müsste der Richter schon sehr böswillig sein.“
Emily konnte dem Wortwechsel zwischen ihrer Mutter und dem Anwalt kaum noch folgen. Das Gerichtsgebäude wirkte ungeheuer einschüchternd auf sie. Trotz der tropischen Hitze draußen war es in dem
Weitere Kostenlose Bücher