Atme - wenn du kannst!
Überlebenden entgegen, und gleichzeitig fürchtete sie sich davor. Die Ungewissheit nagte an Emily.
Die Marines brachten Emily, Andy und Lee auf das Navy-Schiff hinüber, wobei sie besonders Lee wachsam im Auge behielten. Schließlich hatte Emily ihn eines Mordes beschuldigt. Lee sagte kein Wort zu den Soldaten und starrte nur mürrisch vor sich hin. Allerdings hatte er auch nicht versucht, seine Tat zu leugnen.
Emilys Herz schlug höher, als sie den alten Sam grinsend an der Reling des Kriegsschiffes stehen sah. Bei ihm hatte sie sich am wenigsten Hoffnungen gemacht, ihn noch einmal lebend zu sehen. Schließlich hatte Emily mit ansehen müssen, wie er über Bord gegangen war.
Spontan umarmte sie ihn.
„Ich fass es nicht – geht es dir gut, Sam?“
„Habe mich noch nie besser gefühlt, Unkraut vergeht nicht“, meinte der Alte grinsend. „Aber nun geh mal rein, da wartet noch jemand auf dich.“
Der Lieutenant geleitete Emily zur Krankenstation. Kapitän Kendall hockte auf einer Behandlungsliege. Ein Doc hatte offenbar gerade seinen Blutdruck gemessen. Der Kapitän sprang auf, als er seine Tochter erblickte.
„Emily!“
„Dad!“
Gleich darauf lagen sie einander lachend und weinend in den Armen. Es dauerte eine Weile, bis sie wieder sprechen konnten. Der Kapitän sah erschöpft aus, schien aber nicht ernsthaft verletzt zu sein. Jedenfalls konnte Emily an ihm keine Verbände oder Pflaster entdecken.
„Ich war am Ende meiner Kräfte, als die Navy mich gefunden hat“, gestand Kendall. „Aber am schlimmsten war für mich die Vorstellung, dass du nicht mehr am Leben bist, Emily. Das Schnellboot konnte nämlich alle Leute von der Fortuna aufnehmen, außer dir, Andy und Lee.“
„Dann hat es wirklich keine Verluste gegeben, denn außer mir wurden auch Andy und Lee gerettet.“
Emily wollte ihrem Vater noch so viel erzählen – wie sehr sie sich in Andy verliebt hatte, dass Lee ein Mörder war und wie sie es geschafft hatten, den Raubtauchern zu entkommen. Aber da wurde ihr klar, dass sie ab sofort alle Zeit der Welt haben würde. Für Emily begann in diesem Moment ein neuer Lebensabschnitt. Zwischen ihr und Andy lief alles bestens, und nun hatte sie plötzlich auch noch einen Dad. Solch positive Veränderungen hätte sie sich niemals träumen lassen, als sie in Orlando zu ihrem Tauchurlaub aufgebrochen war.
Emily standen spannende und aufregende Zeiten bevor.
EPILOG
„Die Polizei hat die Leiche von Jim Meadows gefunden.“
Diese Nachricht hatte Emily zwei Stunden zuvor von ihrem Anwalt bekommen. Und nun saß sie nervös und mit weichen Knien neben Dr. Brennan auf derselben harten Bank im Polizeirevier, auf der sie schon vor einiger Zeit ausgeharrt hatte.
Seitdem war in ihrem Leben unglaublich viel passiert. Der Navy-Doc hatte Kapitän Kendall einige Wochen Ruhe und Schonung empfohlen. Nach einem langen Telefonat mit Emilys Mutter hatte Brenda Price ihm angeboten, für diese Zeit zunächst zu ihnen zu ziehen. Emily hatte nichts dagegen gehabt, obwohl es für sie sehr ungewohnt war. Doch es machte ihr Spaß, zu sehen, wie gut sich ihre Mom und Kendall verstanden. Offenbar waren sie gerade dabei, sich neu ineinander zu verlieben.
Auch ihre eigenen Gefühle hätten nicht schöner sein können. Andy war wirklich der beste Typ, den sie jemals kennengelernt hatte. Wenn er bei ihr war, dann konnte sie ihre dunkle und beängstigende Vergangenheit vergessen.
Doch der Anruf von Dr. Brennan hatte die alten Wunden wieder aufgerissen. In Emilys Innerm herrschte absolutes Chaos. Einerseits empfand sie Erleichterung, obwohl sie niemandem den Tod wünschte, noch nicht einmal ihrem stalkenden Ex. Andererseits – wenn er jetzt nicht mehr lebte, würde er sie niemals mehr mit seinem Hass und seiner krankhaften Eifersucht verfolgen können. Doch sie traute es Jim Meadows zu, selbst über seinen Tod hinaus noch für Ärger sorgen zu können.
„Miss Price? Kommen Sie bitte.“
Die Stimme von Detective Dorothy Stewart riss sie aus ihren beklemmenden Grübeleien. Seite an Seite mit ihrem Rechtsbeistand betrat sie das Dienstzimmer der Detectives. Sidney Bartlett nickte ihnen zu und forderte sie mit einer Handbewegung auf, Platz zu nehmen.
Dorothy Stewart kam sofort zur Sache.
„Vor drei Tagen hat ein Obdachloser in einem Abbruchhaus einen Toten entdeckt. Er lief sofort zur nächsten Polizeiwache, weil er sich eine Belohnung erhoffte. Unsere uniformierten Kollegen haben den Obdachlosen zum Leichenfundort
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