Atomgewicht 500
Sie dazu?” fragte Chelmesford den Professor. Stockend antwortete der, während seine Blicke unsicher zwischen den beiden Direktoren hin und her gingen: „Ich kann nicht leugnen, daß Doktor Wandel über hervorragende Kenntnisse verfügt. Aber er widersetzt sich bei jeder Gelegenheit meinen Anordnungen — will alles nach seinem Kopf machen — überwirft sich mit meinen Assistenten...” Wieder mußte Professor Melton nach Worten suchen und konnte sie nicht recht finden. „So kann es mit diesem Doktor unmöglich weitergehn”, schloß er unvermittelt seine Rede.
„Also? Was soll geschehen?” fragte der Präsident.
„Ich werde mir den Doktor kommen lassen, Mr. Chelmesford, und unter vier Augen ein ernstes Wort mit ihm sprechen”, schlug Clayton vor, „ich glaube, ich habe einigen Einfluß auf ihn.”
„Ach ja, Herr Direktor! Tun Sie das”, sagte der Professor. „Hoffentlich gelingt es Ihnen, den überspannten Menschen zur Vernunft zu bringen. Sonst weiß ich nicht, was aus der Sache noch werden soll.”
Während diese Besprechung beim Präsidenten der United Chemical stattfand, stand Dr. Wandel, der Mann, um den es dabei ging, in dem neuen Versuchslaboratorium und überwachte die Aufstellung eines großen Autoklavs. Mammuthaft wirkte das mächtige Stahlgußgebilde, wie es da von den schweren Ketten zweier Deckenkrane langsam Zoll für Zoll auf die vorbereiteten Fundamente gesenkt wurde. Knirschend nahm das Mauerwerk das gewaltige Gewicht auf, und die Ketten entspannten sich.
Schon bewegten sich die beiden Krane, von ihrer Last befreit, nach der Giebelwand des großen saalartigen Raumes hin, während Dr. Wandel das Fundament langsam umschritt und das kugelförmige Stahlgefäß von allen Seiten betrachtete. Schimmernd und glänzend ruhte es wie ein Sinnbild verhaltener Kraft auf seinen Fundamenten, aber dem Doktor schien es nicht zu gefallen.
Während er es betrachtete, vertieften sich die Falten auf seiner Stirn, und von seinen Lippen fielen halblaut Worte, die für Professor Melton keine Schmeichelei bedeuteten-.
„Hallo, Doktor! Ein feines Stück, das die Bedlam-Stahlwerke uns da geliefert haben. Meinen Sie nicht auch?”
Die Worte kamen von einem der Laboratoriumstische her, an dem Phil Wilkin, der Erste Assistent Professor Meltons, mit allerlei Retorten und Reagenzgläsern hantierte. Dr. Wandel konnte den hämischen Zug nicht bemerken, der dabei um Wilkins Lippen spielte. Er war eben auf dem Wege zu der anderen Saalwand, um sich eine Leiter zu holen.
„Ein feines Stück, nicht wahr, Doktor?” wiederholte Wilkin seine Frage, als der Deutsche zurückkam. Ohne dem Assistenten zu antworten, lehnte er die Leiter gegen den Autoklav und stieg auf ihr empor. Oben angekommen, zog er eine Zeichnung aus seinem Rock, verglich sie kopfschüttelnd und schulterzuckend mit dem Verschlußdeckel des Autoklavs und stopfte sie mit einer ärgerlichen Bewegung wieder in die Tasche.
„Ein erstklassiges Stück, nicht wahr?” stellte der Assistent die Frage zum drittenmal, als der Doktor von der Leiter herunterkam.
„Eine erstklassige Schweinerei ist's, wenn Sie's genau wissen wollen, Wilkin!” rief Dr. Wandel wütend. „Aber ich werde... ” <
In seine Worte schrillte das Telephon. Wilkin nahm den Hörer ab, lauschte einen Augenblick und antwortete dann:
„Jawohl, Herr Direktor, Herr Doktor Wandel ist hier. Soll ich ihn an den Apparat rufen?... So, nicht nötig? Danke schön, Schluß!” Er legte den Hörer wieder auf und wandte sich an Dr. Wandel.
„Sie möchten zu Direktor Clayton kommen, er erwartet Sie in seinem Zimmer.”
Der Doktor streifte den weißen Laborantenmantel ab und verließ den Raum. An der Tür prallte er beinahe mit dem irischen Laboratoriumsdiener McGan zusammen. Verwundert blickte der Sohn der Grünen Insel dem eilig Weiterschreitenden nach.
„Der Deutsche scheint heute schlechte Laune zu haben”, konnte er sich nicht enthalten, zu Wilkin zu bemerken.
„Ich vermute, McGan”, erwiderte ihm der Assistent, „seine Laune wird in der nächsten Viertelstunde noch schlechter werden. Hoffentlich nimmt Direktor Clayton kein Blatt vor den Mund und sagt ihm gehörig die Meinung.”
Leise vor sich hin pfeifend, machte sich Wilkin wieder an seinem Tisch zu schaffen und zeigte keine Neigung, das Gespräch fortzusetzen.
Armer German, du hast keinen leichten Stand bei den Yankees, dachte der Ire bei sich, während er daranging, die Flaschen und Mensuren in einem Schrank zu
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