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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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freundlich.
    «Sieh hinein», sagte sie. «Halte sie hoch ans Licht. Manche sehen die Welt darin so, wie sie ist, wenn auch in vielen hübschen Farben. Manche aber, die mit der Gabe gesegnet sind, sehen die Welt, wie sie sein wird.»
    Das Mädchen zögerte. Eigentlich glaubte sie nicht an solche Dinge. Nicht so richtig. Außerdem, wer ist schon stark genug, einen Blick in die eigene Zukunft zu wagen? Zumal als arme Ziegenmagd mit einer zänkischen Mutter und einer Hasenscharte?
    Die Alte nickte aufmunternd. «Sieh hindurch, mein Kind. Die Zukunft könnte doch noch Schönes bereithalten, und du hast die Gabe.»
    Irgendwo aus der Ferne drang die Stimme eines Jungen herüber, der gerade mit seinem Boot ans Flussufer gerudert war. Jetzt rief er irgendetwas aus Leibeskräften, während er auf das Fest zurannte. Vermutlich jauchzte er bloß vor Freude und Aufregung.
    Das Mädchen hielt also die kleine Schatulle aus buntem Glas vor sich in die Höhe und klappte eins der Plättchen an seinem zarten Scharnier heraus. Es war das dunkelrote Glas, das sie sich vor die Augen hielt, und beim Blick hindurch überlief sie ein kalter Schauer: Sie sah die Welt gleichsam in Blut getränkt. Der goldene Berg im Westen war ein blutiger Berg. Das Geschrei des Jungen wurde lauter, er kam näher. Sie sah die saftig sprießenden Wiesen längs des Flussufers, sah die Menschen, die an diesem schönen Sommertag beladen mit Körben oder Handkarren vor sich herschiebend in Scharen durch das hohe Gras herbeiströmten, um an dem Jahrmarkt teilzunehmen. Und hinter ihnen die Kette der sanften Hügel, auf denen noch das Licht der Morgensonne leuchtete, aber in Rot, ganz in Rot. Die Zukunft.
    Sie merkte, wie die Alte sie am Ärmel zog, hörte, dass sie etwas zu ihr sagte, und wollte schon den Blick von dieser fürchterlichen Vision, dieser blutroten zukünftigen Welt abwenden, als ihr in weiter Ferne eine Bewegung auffiel. Statt die unheilverkündende Schatulle sinken zu lassen, starrte sie weiter durch ihren roten Nebel.
    Über den Kamm der niedrigen Hügelkette im Westen sah sie eine Reihe von Reitern auftauchen. Banner flatterten im Wind, Speere ragten gen Himmel.

2. DER UNTERGANG VON MARGUS
    N iemals sollten die Menschen – jene wenigen, die überlebten und über die blutgetränkte Erde davonwankten, um ihre Geschichte Fremden zu erzählen, die das blanke Grausen packte –, niemals sollten sie jenen Tag vergessen, und auch nicht den Augenblick, als sie die Reiter aus dem Osten zum ersten Mal zu Gesicht bekamen.
    Sie ritten auf kräftigen kleinen Ponys mit großen, unansehnlichen Köpfen, grobschlächtig und monströs wie die Köpfe von Ochsen. Selbst ihre Fesseln waren zottig, und ihre breiten Brustkörbe und Hinterbacken deuteten darauf hin, wie stark und ausdauernd sie waren. Hufe und Mähnen waren rot eingefärbt, mit Hilfe zerdrückter Insekten oder getrockneter Beeren vom vergangenen Herbst, die in Wasser und Fett noch einmal aufgekocht worden waren. Die Reiter hatten lange Arme und stämmige, breite Oberkörper, kurze Beine und schräg stehende Schlitzaugen, in denen Hinterlist und Grausamkeit funkelten. Einige von ihnen, die es verschmähten, Helme zu tragen, während sie zu dem nahezu wehrlosen Jahrmarkt herabgeritten kamen, hatten nach oben hin sonderbar schmal zulaufende Köpfe, als wären ihre Schädel im Säuglingsalter durch irgendeine barbarische Methode verformt worden. Andere trugen spitze skythische Mützen aus Leder, Kalpaks, die mit grauem Wolfsfell gesäumt waren. Wölfe, die über die wehrlosen Stadtbewohner nicht im kargen Winter herfielen, sondern mitten im blühenden Sommer, angetrieben nicht von Hunger und Entbehrung, sondern von der Lust an der Zerstörung um der Zerstörung willen.
    Bei manchen war der Kopf an den Seiten flächig von Brandwunden vernarbt, um dort dauerhaft jeden Haarwuchs zu unterbinden, andere waren notdürftig kahlgeschoren, und so gut wie alle hatten an den Wangen und seitlich am Kopf dunkle Tätowierungen, die durch tiefe Schnitte in ihre Haut geritzt worden waren. Die dünnen, spärlichen Bärte an ihrem Kinn waren mit Bändern geschmückt oder zu kleinen Zöpfchen geflochten, und in den Ohren trugen sie schwere Ringe aus Gold. Manche ritten barfuß und manche trugen Ledergamaschen, doch alle umklammerten die Flanken ihrer Reittiere so fest und sicher, dass sie mit ihnen geradezu verwachsen schienen. Sie waren mit barbarischen Kniehosen bekleidet, und die meisten ritten mit nacktem Oberkörper,

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