Auch Deutsche unter den Opfern
sich viel mehr Deutsche auf die Europameisterschaft freuen als auf die Landtagswahlen. Da hätte man doch ruhig noch nachbohren können: Haben Sie gern viel Geld? Lieben Sie Gewalt? Möchten Sie lieber einen Pool im Garten haben oder ein Atomkraftwerk? Die interessantesten Menschen des Jahres werden Barbara Becker, Wolfgang Joop, Dieter Zetsche und Bully Herbig sein. Sagt Sabine Christiansen.
Der Aufnahmeleiter guckt erschöpft: 51 Minuten Überlänge! Werden nun versehentlich die paar Glanzmomente eliminiert? Swarovskis von recht hohen Absätzen herab gepredigte Prognose, es werde nicht so sehr ums Äußere gehen 2008, mehr so ums Innere? Die Stille nach einem komplizierten, aber ziemlich guten Witz von Geraldine Chaplin? Eigentlich alle Antworten von Bully, die jeweils die vorangegangene Frage als etwas zu small getalkt bloßstellten? Kachelmanns hinterm Schädel von Waldemar Hartmann postierte Victory-Hasenohren? Am Morgen hatte Kachelmann noch eine Wetterstation in Uevekoven eingeweiht. In – wo? Ja, eben: So einer wie Kachelmann hätte tatsächlich manch Interessantes erzählen können über Deutschland 2008. Ging aber nicht, zu viele Gäste. Also ihm, sagt Kachelmann hinterher, habe noch Veronica Ferres gefehlt. Richtig, die war das, die nicht da war.
Draußen ist es für eine Januarnacht genau so erstaunlich mild, wie Kachelmann es vorausgesagt hat. Er schüttelt dem Aufnahmeleiter die Hand: »Also, wenn ihr meinen Auftritt rausschneiden müsst, kann ich damit gut umgehen.«
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Viren-Alarm
Es beginnt brandgefährlich: Dr. Cornelius Bartels schüttelt dem Reporter zur Begrüßung die Hand! Könnte also sein, dass das Virus gerade von Wirt zu Neu-Wirt gesprungen ist. Jetzt noch unbedacht mit der Hand den Mund berühren, wie man das ja manchmal so macht, zum Husten, Niesen, Nachdenken oder Essen – dann könnte das Virus sich einnisten, eine Großfamilie gründen, und nach ein paar Stunden müsste man für ungefähr zwei Tage praktisch im Badezimmer wohnen. Schwallartiges Erbrechen und sturzbachartiger Durchfall! »Ja ja«, hat Bartels den passenden Witz parat, »das Noro-Virus ist zur Zeit in aller Munde«. Die Zahl der durch das Noro-Virus verursachten Magen-Darm-Erkrankungen in Deutschland hat einen neuen Höchststand erreicht, gab das Robert-Koch-Institut kürzlich bekannt; Dr. Bartels ist Wissenschaftler an diesem Institut und konzipiert derzeit eine Kampagne, die besseres, wirksameres Händewaschen lehren soll.
Als Herr Bartels gerade alles sehr schön erklärt (ein paar lateinische Begriffe schmücken jeden Satz, und insgesamt versteht man ihn ganz gut), da klingelt das Telefon, ein Kollege von Herrn Bartels, wie es denn so gehe und so weiter. Ihm wieder gut, jawohl, wieder. Er habe nämlich darniedergelegen, und Schuld sei wohl, jetzt kommt’s, das Noro-Virus gewesen. Klassischer Verlauf (also zwei Tage Klo), Schüttelfrost, katerartige Beschwerden. Zum Glück ruft er an und steht nicht hier im Raum, wäre ja unhöflich, ihm nicht die Hand zu schütteln. Und ihn stattdessen zu küssen (was weniger gefährlich als Händeschütteln ist, das ist doch mal eine gute Nachricht!), dafür ist man einfach zu wenig Südländer.
Aber man kann natürlich auch als (was das Küssen Wildfremder betrifft) eher gehemmter Mensch das Risiko einer Infektion verringern, und zwar am besten durch häufiges Händewaschen. Kann man sich, im
Sinne der Gefahrenabwehr, auch besonders gut die Hände waschen? Oh ja, man kann – mindestens 30 Sekunden lang, mit warmem Wasser und Seife. Öffentliche, vielfrequentierte Waschräume sind natürlich besonders beliebte Virenwohnorte; zum Beispiel so ein Instituts-Herrenklo: Da hängt kein versifftes Frotteehandtuch, sondern eine Papierhandtuch-Box, das ist schon mal gut. Sei das nicht der Fall, trockne er seine Hände immer so, sagt Herr Bartels – und reibt sich die Hände am Hosenbein trocken. Also, 30 Sekunden, besonders bitte auch die Fingerzwischenräume einseifen, und dann, wenn man es ganz perfekt machen will, den Wasserhahn mit einem Papierhandtuch zudrehen, sonst war der Waschvorgang eventuell wertlos. Jetzt noch die Tür mit Ellenbogen oder Fuß öffnen? Zwar wirkt man dann beinahe zwangserkrankt, aber bei »Monk« finden das ja alle lustig, also, was soll’s.
Dankeschön, Herr Doktor, auf Wiedersehen.
Jetzt hätte man ihn fast geküsst.
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Hamburger Wahlkampf
In seinem Büro im Kurt-Schumacher-Haus sitzend, versucht Michael Naumann heute alles
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