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Auch Deutsche unter den Opfern

Auch Deutsche unter den Opfern

Titel: Auch Deutsche unter den Opfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benjamin Stuckrad-Barre
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Grönland vor, und versuchen konnte man es ja mal. Ich hatte auch einen ausgefuchsten
     Plan, wie man mit dieser Coverversion eine verdient große Aufmerksamkeit zugleich
     für das große lyrische Werk Lindenbergs und diese neue Mädchenband erzeugen könnte,
     aber ich hab es dann vermasselt, und nicht nur, weil ich nicht der allerbeste
     Refrain-Sänger bin. Immerhin jedoch wahrte ich die Traditionslinie, nach der
     Lindenberg bei der Auswahl von Duett-Partnerinnen immer auch (wenn nicht gar: vor
     allem) außermusikalische Argumente zu berücksichtigen scheint: Ulla Meinecke, Nena,
     Yvonne Catterfeld, Dorkas Kiefer, Nina Hagen und so – zum Zeitpunkt der Aufnahme –
     hübsch weiter.
    Auf der neuen Platte nun singt er mit der
     Silbermond-Sängerin ein »Der Deal« betiteltes Lied, es ist in Ordnung, ist nicht
     ganz so schaurig wie zum Beispiel einst Falcos Duett mit Brigitte Nielsen (»Mit der
     Nielsen wollte ich nicht in die Charts, sondern ins Bett«, rückte Falco die Sache
     später wieder grade) – aber der Rest der Platte ist natürlich viel, viel besser.
     Doch hat dieses einzige misslungene Lied eine eminent wichtige Funktion: Es zeigt,
     wie es auch hätte werden können, wenn es eben nichts geworden wäre, wenn Lindenberg
     sich nichts getraut hätte, wenn er den ödesten Schnurstracks-Trivialrock-Weg gewählt
     hätte. Er sagt immer wieder, dass er eine »Schwäche« habe für solche, wahrscheinlich
     »stark« zu nennende, quälend frischwärts schruppende und röhrende, nichtmal durch
     Ironie abgefederte Musik. Und ist das nicht wiederum ganz sympathisch? Sei’s drum,
     ganz ohne Ausrutscher wäre Lindenberg nicht Lindenberg.
    8. Chubby Checker
    In so ’nem Hotel muss man immer mal schnell
    die Korridore abgeh’n
    Mal gucken, ob noch alles klar ist
    und ob noch alles da ist
    Das Detektivtum ist ein klassischer Lindenberg-Topos.
     »Horizont«, einer seiner größten Hits, beginnt mit der Zeile »Wir war’n zwei
     Detektive«, im Spielfilm »Panische Zeiten« suchte er 1980 als Carl Coolman (»Der
     Detektiv, der niemals schlief«) den entführten Sänger Udo Lindenberg, den er
     natürlich ebenfalls selbst spielte – oder, genauer: darstellte, denn alle
     Maskeraden, alle Posen sind ihm ja längst Identität geworden; die als Jazz-Trommler
     einst schon detailliert erdachte, erträumte und erarbeitete Figur »Udo Lindenberg«
     ist er ja geworden, er ist sie, von morgens (na ja: mittags) bis nachts. Und
     auch in seinem zwar nachäffbaren, aber doch unnachahmlichen Spezialslang, dem
     Udo-Deutsch, kommt das Detektivtum häufig vor: Rumchecken, spionieren, die Lauscher
     auf – Lindenberg recherchiert tagein/nachtaus, unermüdlich löst er immer wieder
     diesen einen großen Fall: ein Leben ohne Langeweile.
    Wenn man ein paar Tage mit ihm verbringt, wird man
     automatisch das, was Lindenberg romantisch als Komplizen bezeichnet; insofern
     paradiesisch, da ich das Cover von Lindenbergs »Detektiv«-Platte (er, lässig an eine
     nach gefährlichem Viertel aussehende Hauswand gelehnt, Trenchcoat, tief sitzender
     Hut, Zigarette im Anschlag) als Zielvorgabe, als Abbild der optimalen
     Männer-Existenz adoleszenzlang über dem Bett hängen hatte.
    Anlass- und launenabhängig geht es mit Limousine oder
     Sportwagen los – »mal gucken«. Und wenn ich es nicht selbst gesehen hätte, würde ich
     es für eine Stilisierungspointe halten, aber tatsächlich schlittert er manchmal auch
     auf Rennrad oder Rollschuhen durch die Gegend und, ja, sogar durch das Hotel. Er
     kennt in Hamburg jeden Schleichweg, jeden Hintereingang, jedes Losungswort, und er
     pflegt durch seine Streifzügeein erstaunliches Informantennetz. Im
     Hafen spaziert er auf ein Schiff, Hallöchen, er klappert ein paar Hotels ab, steigt
     in manch schummrigen Keller hinab, hier noch was abholen, da was angucken, dort nach
     Soundso fragen. Währenddessen wird telefoniert und gemailt, alles gleichzeitig,
     alles nebenbei; auf den ersten Blick mag Lindenberg manchmal »nicht ganz bei der
     Sache« erscheinen, aber er ist voll da, nur eben bei den Sachen, es sind so
     viele. Und wenn im Augenwinkelblickfeld darüberhinaus etwas Interessantes passiert,
     merkt er es zuerst.
    Zurück im Hotel, begrüßt er jetzt Helge Schneider, der mit
     »00 Schneider« eine andere große deutsche Grotesk-Detektiv-Figur erschuf. In dem
     neuen Lied »Chubby Cecker« ermitteln Schneider und Lindenberg im Duett, und nun
     sollen die beiden der

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