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Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Titel: Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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erstaunten menschlichen Wesen…
    Diese flüchtige Verwandlung erfolgte so schnell und die Maske des guterzogenen Dieners war wieder so plötzlich zurückgekehrt, daß nur derjenige, der den Diener zufällig angesehen hatte, die Veränderung bemerkt haben konnte. Poirot allerdings hatte ihn angeblickt. Und es machte ihn stutzig. Zögernd blieb der Butler im Türrahmen stehen. Obgleich sein Gesicht wieder von korrekter Ausdruckslosigkeit war, verriet seine ganze Gestalt eine gewisse Spannung. Unsicher sagte Lady Chevenix-Gore: »Ach Gott – das ist aber höchst sonderbar. Wirklich – ich weiß gar nicht, was ich tun soll.«
    Ruth sagte zu Poirot: »Diese ungewöhnliche Bestürzung ist der Tatsache zu verdanken, daß sich mein Vater seit mindestens zwanzig Jahren zum erstenmal verspätet hat.«
    »Das ist höchst sonderbar…« Lady Chevenix-Gore sprach mit klagender Stimme. »Gervase ist noch nie…«
    Ein älterer Mann mit aufrechter soldatischer Haltung trat zu ihr. Er lachte heiter.
    »Der gute alte Gervase! Endlich kommt auch er einmal zu spät! Aber das könnt ihr mir glauben: Damit werden wir ihn noch aufziehen. Wahrscheinlich ein verschwundener Kragenknopf, glaubst du nicht? Oder ist Gervase gegen unsere gewöhnlichen Schwächen gefeit?«
    Mit leiser, irritierter Stimme sagte Lady Chevenix-Gore:
    »Aber Gervase kommt doch nie zu spät!«
    Beinahe lächerlich war die Bestürzung, die diese Bemerkung ausgelöst hatte. Und dennoch war sie nach Hercule Poirots Ansicht keineswegs lächerlich… Hinter der Bestürzung spürte er eine gewisse Unruhe – vielleicht sogar gewisse Befürchtungen. Und auch er fand es seltsam, daß Gervase Chevenix-Gore nicht erschien, um seinen Gast – den er auf so geheimnisvolle Weise zu sich bestellt hatte – zu begrüßen. Mittlerweile war klar geworden, daß niemand genau wußte, was dabei zu tun war. Eine beispiellose Situation war entstanden, und keiner wußte, wie er ihr begegnen sollte. Schließlich ergriff Lady Chevenix-Gore die Initiative – wenn man es überhaupt als Initiative bezeichnen kann. Es war jedenfalls nicht zu übersehen, daß ihr ganzes Verhalten entschlußlos war.
    »Snell«, sagte sie, »ist der Herr…?«
    Sie beendete den Satz nicht, sondern blickte den Butler lediglich erwartungsvoll an.
    Snell, der offenbar die Art kannte, in der seine Herrin Erkundigungen einzog, reagierte prompt auf diese unausgesprochene Frage.
    »Sir Gervase kam um fünf vor acht herunter, M’lady, und ging direkt in das Arbeitszimmer.«
    »Ach so…« Ihr Mund blieb geöffnet, ihre Augen schienen in die Ferne zu blicken. »Glauben Sie – ich meine – ob er den Gong wohl gehört hat?«
    »Daran ist meiner Ansicht nach kein Zweifel, M’lady, da der Gong sich unmittelbar vor der Tür des Arbeitszimmers befindet. Natürlich wußte ich nicht, daß Sir Gervase sich noch im Arbeitszimmer aufhielt, weil ich sonst auch dort gemeldet hätte, daß serviert sei. Soll ich es vielleicht nachholen, M’lady?«
    Mit deutlicher Erleichterung griff Lady Chevenix-Gore diesen Vorschlag auf. »Oh, vielen Dank, Snell. Ja, bitte tun Sie das – sofort.«
    Und als der Butler das Zimmer verließ, sagte sie: »Snell ist ein Juwel. Ich wüßte wirklich nicht, was ich ohne ihn anfangen sollte.«
    Irgend jemand murmelte eine mitfühlende Zustimmung; aber niemand sprach. Hercule Poirot, der das Zimmer voller Menschen mit plötzlich geschärfter Aufmerksamkeit beobachtete, hatte den Eindruck, daß jeder einzelne sich in einem gespannten Zustand befand. Seine Augen musterten flüchtig jeden der Anwesenden und ordneten sie ein. Zwei ältere Männer – der soldatische, der gerade eben etwas gesagt hatte, und ein hagerer grauhaariger Mann mit verkniffenem Mund. Zwei jüngere Männer, die im Typ sehr verschieden waren: der eine mit Schnurrbart und leichter Arroganz, seiner Ansicht nach wahrscheinlich Sir Gervases Neffe, sowie etwas melancholisch. Der andere mit glatt zurückgekämmtem Haar und ziemlich gut aussehend; kein Zweifel, daß er einer niedrigeren gesellschaftlichen Schicht angehörte. Außerdem befanden sich noch eine kleine Frau mittleren Alters mit Kneifer und intelligenten Augen sowie ein Mädchen mit feuerroten Haaren im Zimmer. Snell öffnete die Tür. Sein Benehmen war vollkommen, aber wieder zeigte das äußere Bild des unpersönlichen Butlers Spuren jenes verstörten menschlichen Wesens, das darunter steckte.
    »Verzeihung, M’lady, aber die Tür des Arbeitszimmers ist

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