Auf den Schwingen des Adlers
abgelenkt, dessen Fahrer einfach durchfuhr. Während er ihm hinterherballerte, machten sich die EDS-Leute aus dem Staub.
Das Flugzeug nach Istanbul startete kurz nach Mitternacht, die Maschine nach Frankfurt erst am nächsten Tag – mit einunddreißig Stunden Verspätung.
Coburn und die meisten anderen seines Teams verbrachten die Nacht im Bukarest. Zu Hause erwartete sie ohnehin niemand.
*
Während Coburn mit der Abwicklung der Evakuierung beschäftigt war, versuchte Paul herauszufinden, wer seinen Paß konfiszieren wollte und warum.
Sein Assistent Rich Gallagher, ein junger Amerikaner, geschickt im Umgang mit der iranischen Bürokratie, war ebenfalls freiwillig in Teheran geblieben, mitsamt seiner Frau Cathy, die einen guten Posten beim amerikanischen Militär hatte. Die Gallaghers wollten nicht weg. Außerdem hatten sie keine Kinder, um die sie sich hätten sorgen müssen – lediglich einen Pudel namens Buffy.
Noch am selben Tag, an dem Farah aufgefordert worden war, die Pässe abzuliefern – also am fünftenDezember –, ging Gallagher mit einem der Betroffenen zur US-Botschaft, und zwar mit Paul Bucha, der nicht mehr im Iran arbeitete, sondern nur zufällig die Stadt besuchte.
Sie sprachen mit Generalkonsul Lou Goelz, einem erfahrenen Diplomaten in den Fünfzigern. Er war ein behäbiger Mann und hätte mit seinem weißen Haarkranz einen guten Nikolaus abgegeben. Ebenfalls anwesend war Ali Jordan, ein iranischer Mitarbeiter der Botschaft.
Goelz riet Bucha, wie geplant abzufliegen. Farah hatte – in aller Unschuld – der Polizei erzählt, er sei nicht im Lande, und anscheinend hatten sie ihr geglaubt. Bucha würde sich also mit großer Wahrscheinlichkeit unbemerkt davonstehlen können.
Außerdem bot Goelz an, die Pässe und Aufenthaltsgenehmigungen von Paul und Bill in Verwahrung zu nehmen. Auf diese Weise wäre EDS imstande, sollte die Polizei die Papiere offiziell anfordern, sie an die Botschaft zu verweisen. Mittlerweile sollte Ali Jordan zur Polizei gehen und herausfinden, was eigentlich gespielt wurde.
Noch am selben Tag wurden die Pässe und Bescheinigungen bei der Botschaft deponiert.
Am nächsten Morgen bestieg Bucha pünktlich das Flugzeug und verließ das Land. Gallagher rief in der Botschaft an. Ali Jordan hatte mit General Biglari von der Teheraner Polizeibehörde gesprochen. Biglari hatte gesagt, Paul und Bill müßten im Land bleiben und würden verhaftet, falls sie versuchen sollten, auszureisen.
Gallagher fragte nach dem Grund.
Sie seien »für eine Ermittlung unentbehrliche Zeugen«, soviel hatte Jordan verstanden.
» Was für eine Ermittlung?«
Das wußte Jordan nicht.
Gallaghers Bericht verwirrte Paul und beunruhigte ihn gleichzeitig. Er war in keinen Verkehrsunfall verwickelt, war nicht Zeuge eines Verbrechens, hatte keinerlei Verbindungen zum CIA ... Gegen wen und in welcher Sachesollte da ermittelt werden? Gegen EDS? Oder war das Ganze nur ein Vorwand, um ihn und Bill im Iran festzuhalten, damit sie die Computer der Sozialversicherung in Gang hielten?
Ein Zugeständnis hatte die Polizei immerhin gemacht. Ali Jordan hatte dargelegt, daß sie zwar berechtigt sei, die Aufenthaltsgenehmigungen einzuziehen, da sie Eigentum der iranischen Regierung waren, nicht jedoch die Pässe, denn die waren Eigentum der US-Regierung. General Biglari hatte zugestimmt.
Am nächsten Tag gingen Gallagher und Ali Jordan zur Polizeiwache, um Biglari die Papiere auszuhändigen. Auf dem Hinweg fragte Gallagher Jordan, ob er glaube, Paul und Bill sollten irgendeines Vergehens beschuldigt werden.
»Das bezweifle ich stark«, sagte Jordan.
In der Polizeibehörde erinnerte der General Jordan daran, daß die Botschaft zur Verantwortung gezogen werde, sollten Paul und Bill auf irgendeine Weise – etwa mit Hilfe eines amerikanischen Militärflugzeugs – den Iran verlassen.
Am darauffolgenden Tag – am achten Dezember, dem Evakuierungstag – rief Lou Goelz bei EDS an. Er hatte »aus informierten Kreisen« beim iranischen Justizministerium erfahren, daß es sich bei der Ermittlung, für die Paul und Bill als unentbehrliche Zeugen galten, um einen Korruptionsvorwurf gegen den verhafteten Gesundheitsminister Dr. Scheikholeslamizadeh handelte.
Paul empfand eine gewisse Erleichterung – nun wußte er wenigstens, um was es bei der ganzen Sache ging. Er war in der glücklichen Lage, den Untersuchungsrichtern die Wahrheit sagen zu können: EDS hatte keine Bestechungsgelder gezahlt. Er bezweifelte sogar,
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