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Auf der Spur des Hexers

Auf der Spur des Hexers

Titel: Auf der Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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entsprach, aber so sicher war, wie er unter den gegebenen Umständen nur erwarten konnte. Nichts konnte ihm passieren, wenn er sich den kleinen Luxus von neun Stunden ungestörter Ruhe gönnte.
    Wenigstens war es das, was er glaubte, als er sich zur Seite beugte und den Lampendocht ausblies.
    Er sollte sich täuschen.
    In dieser Nacht träumte er. Es war nicht das erste Mal, und es war auch nicht das erste Mal, dass es ein Albtraum war, der ihn quälte. Seit jenem entsetzlichen Tag vor zehn Jahren gehörten Albträume und das unangenehme Gefühl, in kaltem Schweiß gebadet und mit rasend hämmerndem Herzen zu erwachen, so zu seinem Leben wie die Angst bei Tage und seine nicht enden wollende Flucht.
    Und doch war es anders.
    Es war keiner jener sinnlosen Albträume, in denen er rannte und rannte, ohne von der Stelle zu kommen, verfolgt von namenlosem Schrecken und der Gewissheit, auf fürchterliche Weise ums Leben zu kommen, sobald er sich herumdrehte und dem Entsetzlichen ins Auge blickte, das ihn verfolgte. Es war auch keine jener entsetzlichen Rückerinnerungen, die ihn immer wieder peinigten, und in denen er das Sterben und Töten von Jerusalem’s Lot wieder und wieder durchlebte, als rächten sich die Seelen der Ermordeten auf diese Weise an ihm, sondern ein Traum sonderbarer realer Art. Eine jener ganz seltenen Gelegenheiten, bei denen man farbig und nicht in flachen, sinnlos aneinandergereihten Bildern träumt, sondern die Dinge eher wie ein außenstehender Beobachter verfolgt; unbeteiligt, sich der Tatsache vollkommen bewusst, dass es nur ein Traum und nichts anderes sein konnte, aber auch unfähig, daraus zu erwachen oder etwas an seinem Verlauf zu ändern. Er lag mit weit geöffneten Augen auf seinem Bett und sah nach oben, und obwohl die Decke in der Dunkelheit nichts als helle Schemen irgendwo über ihm war, erkannte er doch den Wasserfleck in der Mitte des Zimmers so deutlich, als wären seine Ränder mit dünnen Bleistiftstrichen nachgezogen worden. Er war größer geworden, deutlich größer, und der Geruch von faulendem Wasser hatte zugenommen. Ein sonderbarer Laut hatte sich in das Schweigen des Hauses gemischt: zuerst ein helles, dünnes Plätschern, dann ein schweres, schwerfälliges Rauschen und Gluckern, als glitte ein großer Körper sehr langsam ins Wasser und bewege sich heftig darin. Es war kalt. Die Luft im Zimmer war plötzlich sehr feucht, und der Geruch nach faulendem Fisch wurde unerträglich.
    In seinem Traum stand er auf, ging zur Tür und öffnete sie vorsichtig. Der Korridor war so dunkel wie sein eigenes Zimmer, aber das Geräusch war auch hier zu vernehmen, deutlicher sogar noch als bisher, und nach einer Weile gelang es ihm sogar, die Richtung zu bestimmen, aus der es kam: von oben. Flüchtig dachte er an Miss Lugosis Bitte, die obere Etage des Hauses als ihre Privatsphäre zu akzeptieren, aber seine Neugier war stärker, und außerdem war es nur ein Traum, und seine Zimmerwirtin konnte ihn schlecht für Dinge belangen, die er in einem solchen tat.
    Er lächelte flüchtig über die innere Logik dieses völlig unlogischen Gedankens, den er ja gar nicht dachte, sondern nur träumte – zog die Tür hinter sich zu und ging zur Treppe. Die ausgetretenen Holzstufen knarrten hörbar unter seinen Schritten, und als er die Hand auf das Geländer legte, um sich daran festzuhalten, begann es unter seinem Gewicht derart zu zittern, dass er den Arm hastig wieder zurückzog.
    Oben angekommen blieb er einen Moment stehen, um sich über die genaue Quelle des sonderbaren Geräusches klar zu werden, das er noch immer hörte. Es gab vier Türen hier oben – drei zur Rechten und eine vierte ganz am Ende des Korridors. Das Platschen und Schwappen drang durch das Holz der mittleren Tür – was nur logisch erschien, dachte er an den Wasserfleck an seiner Zimmerdecke. Der Raum musste genau über dem liegen, den ihm Miss Lugosi zugewiesen hatte.
    Das Geräusch war jetzt sehr viel deutlicher zu hören als unten. Und es war etwas Beunruhigendes daran. Andara fand keine befriedigende Erklärung für dieses Gefühl, aber es war zu deutlich, als dass er es ignorieren konnte. Es war nur der Laut von Wasser, in dem sich etwas bewegte – aber es war eindeutig das Geräusch von ölig-stinkendem Wasser, in dem sich etwas Unangenehmes, Schleimig-Gleitendes wand und bog, ein schwarzes Ding mit Schuppen und Krallen und einem lippenlosen, schnappenden Maul, das unter hervorstehenden Froschaugen grinste.
    Er

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