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Auf der Spur des Hexers

Auf der Spur des Hexers

Titel: Auf der Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Decke, auf der Miss Lugosi ein überraschend großzügiges Abendessen aufgefahren hatte: eine gewaltige Schüssel mit dampfenden Kartoffeln, einen Braten, der für ein Dutzend hungriger Holzfäller ausgereicht hätte, und gleich vier Schüsseln mit verschiedenen Gemüsesorten, dazu Wein in einer geschliffenen Karaffe. Andara dachte flüchtig an einen erloschenen Ofen und eine unaufgeräumte Küche, in der es nach schlecht gewordenem Fisch roch, aber der Anblick der aufgetischten Köstlichkeiten ließ ihm fast sofort das Wasser im Munde zusammenlaufen; er verscheuchte das Bild, ließ sich auf den freien Stuhl sinken und griff auf ein aufforderndes Kopfnicken Miss Lugosis hin zu. Er merkte erst jetzt richtig, wie hungrig er war. Während der letzten drei Tage hatte er fast ausschließlich von Wasser und abwechselnd kalten und lauwarmen Bohnen gelebt.
    Miss Lugosi lächelte versöhnt, als sie sah, wie es ihm schmeckte, aß aber zu seinem Erstaunen selbst nichts von alledem, was ihre Kochkunst hervorgebracht hatte, sondern begnügte sich mit einem winzigen Schluck Wein und etwas kaltem Fisch, der auf einem gesonderten Teller lag.
    Andara registrierte auch dies sehr wohl, aber er beschloss, es so wie alles andere unter der Rubrik der Dinge abzulegen, die ihn nun wahrlich nichts angingen. Er hatte über Wichtigeres nachzudenken als die Essgewohnheiten seiner Zimmerwirtin.
    »Hat es Ihnen geschmeckt?«, erkundigte sich Miss Lugosi, nachdem er das dritte Mal nachgenommen hatte und seinen Teller endlich zurückschob.
    Andara nickte, tupfte sich mit der Serviette die Lippen ab und spülte mit einem Schluck des schweren, etwas zu süßen Weines nach. »Es war köstlich«, sagte er. »Ich muss Ihrer Kochkunst meine Hochachtung aussprechen.«
    Miss Lugosi lächelte, aber es wirkte ein ganz kleines bisschen gequält. »Vielen Dank«, sagte sie. »Aber eigentlich gebührt das Kompliment dem Chefkoch des Palace-Hotels.«
    Andara sah sie fragend an.
    »Ich war nicht auf Gäste eingerichtet, wissen Sie?«, erklärte Miss Lugosi. »Deshalb bin ich vorhin, als Sie schliefen, rasch zum Hotel hinübergelaufen und habe all dies bestellt. Ab morgen werde ich mich dann selbst um Ihr leibliches Wohl kümmern, das verspreche ich.«
    Andara blickte ein wenig betroffen auf seinen Teller herab. »Das war sehr zuvorkommend«, sagte er. »Aber durchaus nicht nötig. Sagen Sie mir, was es gekostet hat, und ich bezahle das Essen. Es muss mehr gekostet haben, als Sie in einer Woche an Miete einnehmen.«
    »Unsinn.« Miss Lugosi winkte verärgert ab. »Ich vermiete nicht des Geldes wegen, mein lieber Freund. Ich beziehe eine kleine Pension, von der ich leben kann, wenn ich ein wenig haushalte. Noch etwas Wein?« Sie wartete seine Antwort nicht ab, sondern griff bereits nach der Flasche und schenkte sein Glas wieder voll. »Eigentlich geht es mir nur darum, ein wenig Gesellschaft zu haben, dann und wann«, fuhr sie fort. »Ich habe keine lebenden Verwandten mehr, müssen Sie wissen, und Arkham ist nun wahrlich keine Stadt, in der aufregende Dinge geschehen.« Sie seufzte, setzte die Flasche wieder ab, zögerte einen Moment und nahm sie dann erneut zur Hand, um ihr eigenes Glas zu füllen. »Im Grunde geht es mir nur darum, dann und wann ein wenig Gesellschaft zu haben«, sagte sie noch einmal.
    Andara hob sein Glas und trank sehr langsam, vor allem, um Zeit zu gewinnen. Man musste kein Magier sein, um zu begreifen, worauf Miss Lugosi hinauswollte. Sie war wohl im Grunde nichts als eine gelangweilte alte Jungfer und machte nicht einmal einen Hehl daraus, dass ihr so ziemlich jedes Mittel recht war, ihm ein Gespräch aufzunötigen.
    Aber warum eigentlich nicht? Immerhin gehörte sie zu den wenigen Menschen in Arkham, denen H.P. noch vorbehaltlos zu vertrauen schien und er konnte sich kaum eine bessere Gelegenheit vorstellen, etwas über diese Stadt in Erfahrung zu bringen, als einen gemütlichen Plausch mit einer Frau, die ihr Leben lang in Arkham gewohnt hatte und noch dazu offensichtlich sehr schwatzhaft war.
    »Sie kennen H.P. schon lange?«, fragte er.
    »Lange?« Sie überlegte einen Moment, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein. Er wohnte damals bei mir, als der arme Professor verschwand und all diese anderen schrecklichen Sachen geschahen. Später war er dann noch zweimal hier, freilich in aller Heimlichkeit.« Sie lächelte. »Man muss einen Menschen nicht lange kennen, um zu wissen, woran man mit ihm ist.«
    »Was für andere schreckliche

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