Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
verschiedenen Gasen wurden kurz darauf von dem Amerikaner David Alter veröffentlicht. Das neue Wissen fand langsam breitere Anerkennung, aber erst ab 1859 begann man allmählich, hinter die physikalischen Ursachen der Fraunhofer’schen Linien zu kommen.
Der deutsche Physiker Gustav Kirchhoff und der Chemiker Robert Bunsen konnten jetzt durch Laborversuche zeigen, dass einige der Fraunhofer’schen Linien bei genau den gleichen Wellenlängen auftreten wie die hellen Emissionslinien in Spektren von glühenden Metallen.
So lag der Schluss nahe, dass diejenigen Stoffe, deren Linien im Labor untersucht wurden, die gleichen waren, die auch in Sternen vorhanden sein mussten. Offenbar hatte jeder Stoff sein eigenes, unverwechselbares Muster von Spektrallinien. Diese Erkenntnis führte über die Spektroskopie zu den Entdeckungen der Elemente Cäsium (1860) und Rubidium (1861). Letztendlich konnten Kirchhoff und Bunsen daraus ableiten, dass die dunklen solaren Spektrallinien auf Absorption des Lichts durch die in der Sonnenatmosphäre vorhandenen chemischen Elemente zurückzuführen sind. Sie hatten sozusagen die »Fingerabdrücke« der Atome und damit die der einzelnen Elemente gefunden. Diese Erkenntnis war ein großartiger wissenschaftlicher Durchbruch, der Physik, Chemie und Astronomie für immer eng miteinander verknüpfte. Chemische Inhaltsanalysen von diversen Objekten sowohl auf der Erde als auch im Weltraum wurden jetzt möglich. Kirchhoff war dementsprechend auch der Erste, der die Spektren der bis dahin bekannten etwa dreißig Elemente im Detail mit dem Sonnenspektrum verglich. So fand er heraus, dass die Sonne mindestens aus Natrium, Kalzium, Magnesium, Chrom, Eisen und Nickel bestehen musste.
Kirchhoff führte zusammen mit Bunsen weitere fundamentale Arbeiten zur Spektroskopie durch. Unter anderem kombinierte er das bis dahin durch Ångström und Alter schon um 1855 gewonnene Wissen zur Strahlung von heißen Körpern und Gasen und deren Emissionsfähigkeiten mit seinen eigenen Entdeckungen und Erklärungen zur spektralen Absorption. Daraus resultierten Regeln, die auch heute noch erklären, in welchen Fällen ein kontinuierliches Spektrum oder eines mit Emissions- oder Absorptionslinien zu erwarten ist.
Ab 1863 begann der italienische Priester und Astronom Angelo Secchi, systematisch Sternspektren aufzunehmen und zu untersuchen. Ihm lag daran herauszufinden, ob die verschiedenen Sterne auch alle verschiedene Zusammensetzungen haben würden oder nicht. Damit erweiterte er die Arbeit Fraunhofers mit dem Sonnenspektrum auf die weit entfernten Sterne. Insgesamt analysierte er um die 4000 Spektren. So fand er heraus, dass sich alle Spektren aufgrund der Anzahl und Stärke ihrer Absorptionslinien, also den morphologischen Eigenschaften des Spektrums, in bestimmte Gruppen und Untergruppen einteilen lassen. Ganz speziell fand er fünf Gruppen von Spektren, die sehr häufig auftraten. So entwickelte er als Erster ein System zur Klassifikation von Sternspektren, die fünf sogenannten Secchi-Klassen.
Unter anderem erkannte er, dass breite Absorptionsbänder aufgrund von molekularem Kohlenstoff und Kohlenstoffradikalen in Sternspektren auftreten. Für diese speziellen Sterntypen führte er die Klasse der »Kohlenstoff-Sterne« ein, die bis heute beibehalten wurde. Sein gesamtes Klassifikationsschema spielt nach wie vor eine wichtige Rolle in der Astronomie.
Aufgrund dieser entscheidenden Arbeiten war Secchi auch einer der ersten Astronomen, die mit Daten belegen konnten, dass die Sonne tatsächlich ein Stern genau wie alle anderen Sterne ist. Seit ca. 1860 spektroskopierten auch der reiche und an der Astronomie interessierte Engländer William Huggins und seine Frau Margaret mit dem eigenen Teleskop in London viele Sterne, Nebel und Galaxien. Sie waren die Ersten, die herausfanden, dass verschiedene kosmische Objekte unterschiedliche Spektren zeigen. Die Spektren einiger Nebel ähnelten eher den Emissionsspektren von Gasen, die Spektren von Galaxien eher denen von Sternen. Aus der Untersuchung ihrer Sternspektren schlossen sie, dass Sterne zwar oft unterschiedliche Spektren haben, sie aber alle aus den gleichen Elementen zusammengesetzt sind, nämlich aus den Elementen, aus denen auch die Sonne und die Erde bestehen. »Himmel« und »Erde« bestanden also aus der gleichen Materie – im Gegensatz zur fast zwei Jahrtausende lang für wahr gehaltenen Lehre Aristoteles’, wonach alles »oberhalb des Mondes« aus Äther
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