Wie alles begann ... Die Geschichte eines Coming-Out (German Edition)
Der Beginn: das Outing
Wie alles angefangen hat …
Heute erzähle ich ein wenig von mir und wie es dazu kam, dass ich mein Leben ändern musste. Das Schreiben ist eine gute Möglichkeit Dinge zu verarbeiten, zumindest für mich. Schon früh war mir klar, ich bin nicht wie die anderen Jungs. Mädchen haben mich genervt oder gelangweilt – ich konnte einfach nichts mit ihnen anfangen. Mein Kumpel Josh hingegen interessierte mich auf eine Weise, die so nicht sein sollte. Joshua war wie ich auf dem Gymnasium, aber nicht in meiner Klasse. Meine Güte, ich kann gar nicht fassen, wie lange das schon her ist!
Nun gut. Josh und ich saßen eines Abends bei ihm zu Hause. Seine Eltern waren nicht da und wir nutzen die sturmfreie Bude, um die Bar zu plündern. Damals waren wir siebzehn, und seine Mutter hatte genug Vertrauen in Joshua, dass sie ihren Mann auf Geschäftsreisen begleitete. Wir waren allein. Hochprozentiges flutete unsere Kehlen und irgendwann war mein Kopf nicht mehr in der Lage zu denken, bevor die Worte meinen Mund verließen. So rückte ich unverblümt damit raus.
„Josh, ich steh auf dich.“
„Bist du besoffen?“, war seine lachende Antwort.
„Nein, ja. Ich find‘ dich trotzdem scharf.“
Josh starrte mich an, als käme ich von einem anderen Stern. „Wie jetzt? Scharf im Sinne von …“
„Wer ist hier besoffen? Kapierst es nicht, hm?“
Langsam dämmerte mir, dass es keine gute Idee gewesen war, ihm an den Kopf zu knallen, was ich denke.
Josh griff nach der Cognacflasche und nahm einen großen Schluck. „Scheiße“, murmelte er anschließend.
„Ich kann nichts dafür – es ist einfach so.“
„Toll. Und, was erwartest du jetzt von mir?“
Staunend sah ich ihn an. Was ich erwartete? Das konnte doch nicht sein Ernst sein!
„Ich dachte eben, du solltest es wissen, mehr nicht.“
Josh setzte die Flasche wieder an den Mund, zögerte und setzte sie wieder ab. Prüfend sah er mich an.
„Jetzt kapier ich auch, warum du nie `ne Braut abschleppst …“
Ich zuckte nur mit den Schultern.
„Seit wann bist du so? Ich meine, seit wann weißt du …“, Josh war anzusehen, dass er das Wort nicht aussprechen wollte.
„Du meinst schwul? Weiß nicht, schon länger. Und das mit dir, also, es ist mir aufgefallen, als du was mit Esther hattest.“
Josh runzelte die Stirn. „Was hat denn Esther damit zu tun?“
„Naja, ihr habt auch in der Schule aneinandergeklebt wie Kletten. Habt in den Pausen geknutscht, als gäb‘s kein Morgen. Nach ein paar Tagen konnte ich nicht mehr so tun, als ließe mich das kalt. Ich war eifersüchtig, Mann!“, gab ich zu.
Josh lehnte sich auf dem Sofa zurück und sah mich an, als wäre ich ein Fremder. Ich wünschte inzwischen, der blöde Alkohol hätte meine Zunge nicht gelockert. Ich sah es beinahe hinter seiner Stirn arbeiten. Josh grübelte und kaute dabei auf seiner Unterlippe.
„Ich will nicht, dass sich bei uns irgendwas ändert. Du bist mein Kumpel und ich möchte, dass es so bleibt.“
Da Josh keine Antwort gab, griff ich nach dem Cognac und nahm einen kräftigen Schluck. Wärme breitete sich in mir aus. Gegen das peinliche Schweigen half der Alkohol leider nicht. Ich hatte den Eindruck, Josh wäre die Situation unangenehm. Er sagte eine ganze Zeit lang nichts, während ich die Flasche zwischen den Händen drehte.
„Gib mal her“, meinte er dann und hielt seine Hand auf. Ich gab ihm die Flasche und er setzte sie an. Anschließend stellte er sie auf den Wohnzimmertisch.
„Weißt du, du bist auch mein Kumpel. Wir kennen uns schon so lange, warum hast du nichts gesagt … ich meine, du hättest es früher sagen können.“
„Was hätte das gebracht? Außerdem hat es lange gedauert, bis ich mir das eingestehen konnte! Ohne das Gesöff hätte ich es dir sicher nicht gesagt.“
„Pfft. Als würden wir das erste Mal zusammen saufen!“, Josh verdrehte die Augen.
„Aber nie allein. Immer mit den andern zusammen, auf den Partys oder beim Zelten. Wann hätte ich da was sagen sollen? Beim Pauken für Latein? Klar. Ganz einfach: Ey Josh, ich find dich geil! Sicher.“
„Naja. Du siehst ja auch nicht schlecht aus, wenn du wolltest, könntest du Weiber ohne Ende haben. Aus meiner Klasse mindestens vier – von denen ich weiß.“
„Pech gehabt, will ich nicht.“
Josh grinste.
„Was du willst, hast du schon gesagt. Nichts soll sich ändern, aber … ändert sich was, wenn ich das jetzt mache?“, fragte er. Dann beugte er sich zu mir. Ich
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