Auf der Suche nach Zach (German Edition)

aus, und die Leinwand kroch lautlos wieder hoch in ihre Halterung an der Decke.
    „Nein, danke. Also… wirst du?“
    „Trinken? Ja.“ Zach drehte sich zurück vom Kühlschrank, eine Corona-Flasche in der Hand.
    „Zur Schule zurückgehen.“
    „Nein.“
    „Warum nicht? Du bist erst 22, du würdest nicht mal auffallen. Hattest du nicht dieses Stipendium fürs MIT?“
    „MIT? Bist du total verrückt, Taff? Ich hab noch nicht mal das Abi, und Schulen wie MIT verlangen noch weitaus mehr als nur das Abi.“
    „Das ist doch Quatsch. Du könntest das Abi im Schlaf machen und MIT würde dich ohne Wimpernzucken nehmen.“
    „Wegen Papas Geld.“
    „Das Geld deines Vaters hat dir damals nicht die vorzeitige Zulassung verschafft, Zach. Du hast Köpfchen... .“
    „Ich hatte Köpfchen“, fuhr Zach ihn an. „Verdammt, Taff, das erste Mal, dass ich überhaupt von einem iPhone gehört habe, war vor weniger als zwei Jahren. Ich habe die digitale Revolution verpasst. Ich komme mir vor wie ein Höhlenmensch. Ich höre, wie Papa über diese ganzen digitalen Geräte redet und er könnte genauso gut Klingonisch reden. Meine Eltern haben mir die neuesten und tollsten CAD Programme besorgt, weil sie wussten, dass ich früher so gerne mit solchen Design-Programmen gespielt habe, aber ich kapiere nicht mal wie man die Programme aufmacht!“ Er schmiss sich frustriert auf das Sofa. „Ich bin in der Steinzeit steckengeblieben. Ich kann nicht mal an neueren Autos arbeiten, weil ich deren Computersysteme nicht verstehe.“ Er nahm einen Schluck, dann stellte er die Flasche auf den Beistelltisch. „Ich hänge der Technik hinterher, Taff und ich weiß nicht, ob ich das je wieder aufholen kann.“
    „Du musst nicht gleich alles gewinnen, Zach“, sagte David ruhig, „Du musst erst mal nur mitspielen.“ Er setzte sich neben Zach und nahm seine Hand. „Ok, vielleicht bist du noch nicht bereit für das volle Programm. Vielleicht musst du erst etwas verlorene Zeit aufholen. Mach erst einmal das Abi, dann vielleicht ein paar Kurse an der Uco... .“
    „Nein“, sagte Zach. „Höchstens Online-Kurse. Aber ich werde nicht in einem Klassenzimmer sitzen und mich von den Leuten anstarren lassen.“ Er schluckte und verstärkte unwillkürlich seinen Griff um Davids Finger. „Wer und was ich bin und wie ich aussehe – das wird nur üble Schlagzeilen für Tyler Tech bringen, Taff. Besonders wenn ich Förderkurse in Mathe nehmen muss.“
    „Vergiss Tyler Tech. Such dir einen Tutor. Himmel, ich kann dir Nachhilfe geben. Ich unterrichte einen Kurs in Computer-Aided Design. Sicher, es ist nur CAD für Anfänger, aber es ist bestimmt eine gute Auffrischung, um wieder auf den neuesten Stand zu kommen. Du kannst sogar in ein paar Kursen dabei sein, wenn du willst. Ich wette, der Administrator an Wesley lässt dich unter einem falschen Namen registrieren, wenn dein Vater nachfragt.“ Er zog Zachs Finger zu seinen Lippen und küsste sie. „Das muss dich alles nicht aufhalten, Zach. Nimm einfach einen kleinen Schritt nach dem anderen.“
    „Ich fühle mich, als ob ich im Dunkeln tappen würde“, sagte Zach müde. „Ich weiß nicht, wohin ich gehen soll oder was ich machen soll. Ich habe in Venezuela aufgegeben, Taff. Ich dachte, dass sich bis ans Ende meiner Tage nichts mehr ändern würde, außer Estebans neuester Foltermethode. Aber es war mir vertraut , als ob es schon immer so gewesen wäre – und es ewig so bleiben würde. Das Einzige, von dem ich geträumt habe, war Esteban zu töten, aber ich wusste, das würde nie passieren. Ich hatte nicht mal gewagt, daran zu denken, dass ich noch ein Leben danach haben könnte. Aber hier – jetzt – hab ich plötzlich all diese Möglichkeiten. Und ich fühle mich nicht in der Lage, auch nur eine einzige Entscheidung zu treffen.“
    „Du bist zu allem fähig“, sagte David mit Nachdruck.
    Zach erwiderte nichts, drehte sich nur um, glitt von der Couch auf seine Knie und legte seinen Kopf auf Davids Schoß. David streichelte den kurzen Haarschopf, während Zach seine Arme um Davids Waden schlang, fast wie ein Ertrinkender, der sich an ein Stück Treibholz klammert.
    Nach einer Weile sagte David: „Was möchtest du denn machen, Zach?“
    „Ich weiß nicht.“
    „Nun, was glaubst du denn, was du vielleicht mögen könntest?“
    Zach überlegte eine Weile, dann sagte er: „Dinge bauen.“
    „Was für Dinge? Häuser? Gebäude?“
    „Hochgeschwindigkeitsbahnen. Fusionskraftwerke. Raumschiffe.