Auf Schreckenstein gibt's täglich Spaß
Lastwagenfahrer lachte. „Seit zwei Stunden sitzt du bei mir im Auto! Stell dir vor, du hättest den ganzen Weg raufstrampeln müssen!“
„Da wäre er sowieso nicht zum Sitzen gekommen“, sagte Andi. „Mit seinem Gewicht muss er bei jedem Buckel aus dem Sattel.“
Glücklicherweise waren sie noch vor der langen Steigung am Erfrischungsstand einer Tankstelle mit dem Fernfahrer ins Gespräch gekommen und mitgenommen worden. Trotz aller Sportbegeisterung ein Glück für die beiden.
Und dann gab es da noch ein Hindernis, das ihnen immer schwerer im Magen lag, je weiter sie kamen: der italienische Zoll. Im Führerhaus des Lastzuges fühlten sich die beiden doch geborgener und vor möglichen Nachforschungen seitens der Schule sicherer als allein auf ihren schmalen Rädern. Zumal der italienische Zoll ja auch die Sprachgrenze darstellte.
„Mann“, sagte Dampfwalze, als sie, den Grenzort hinter sich, wieder auf ihren Sätteln saßen, „dass es hier gut gehen würde, hätte ich nie gedacht.“
„Na siehst du!“ antwortete Andi, der sich auch sehr viel wohler fühlte. „Und nun geht es auch noch bergab. Jetzt rollen wir gemütlich zu deiner Tante.“
Dampfwalze richtete sich auf und machte ein langes Gesicht wie ein Pferd. „Da sind wir längst vorbei. Die wohnt doch in der Schweiz — im Engadin. Das habe ich ganz vergessen!“
Auf der Burg fand nach dem Abendessen wieder eine Schulversammlung statt.
„Wir wissen jetzt, wo die beiden Ausreißer sind“, sagte der Rex, und es klang, als könne er ein leichtes Schmunzeln nur schwer unterdrücken. „Sie machen eine Reportage über die Italienrundfahrt.“
Ein Raunen der Bewunderung ging durch die Reihen. „Manometer!“ murmelte der kleine Herbert in die Stille. „Das hört sich recht kühn an“, fuhr der Rex fort. „Glücklicherweise aber sind die beiden doch recht besonnen vorgegangen. Sie haben einen Stützpunkt unterwegs, bei Dampfwalzes Tante, mit der ich versuche, in telefonische Verbindung zu kommen. Bis jetzt habe ich sie allerdings noch nicht erreicht. Außerdem haben sie mir einen Brief hinterlassen, damit wir uns hier nicht um sie sorgen.“
Bei dem Wort „hinterlassen“ ging ein Lächeln über Doktor Waldmanns Gesicht.
Auch der Rex bemerkte es, sprach aber weiter: „Trotzdem möchte ich niemandem raten, eine solche oder ähnliche Tour nachzumachen, auch wenn er noch so umsichtig vorginge. Ich hoffe, ich habe mich deutlich genug ausgedrückt.“
Die Ritter schwiegen.
Der Rex fuhr in ruhigerem Ton fort: „Morgen wollen unsere beiden Ausreißer nun, wahrscheinlich im Auto mit Dampfwalzes Tante, zum Stilfser Joch fahren und die große Reportage über das Rennen machen. Da das Joch, wie ihr hoffentlich aus dem Geographieunterricht wisst, in Italien liegt, habe ich für alle Fälle Doktor Schüler mit seinem schnellen Wagen hinterhergeschickt. Er spricht Italienisch. Es könnte ja sein, dass unsere beiden Helden in Schwierigkeiten kommen, weil sie sich nicht verständigen können.“
Erst jetzt wich das Erstaunen; den Rittern wurde klar, dass hier der ungeheuerlichste Streich im Gange war, den die Schreckensteiner jemals erlebt hatten. Alle murmelten durcheinander.
Dieter hob die Hand, um sich zu Wort zu melden. „Herr Meyer, die Bergetappe wird morgen Nachmittag im Fernsehen übertragen. Ich weiß es aus der Programmzeitung.“
„Wann?“ fragte der Rex. „Um halb vier. Dürfen wir da zuschauen?“
Ein vielstimmiges „Ja, bitte!“ hallte durch das Wohnzimmer. „Einverstanden“, sagte der Rex.
Damit war die Schulversammlung beendet. Die Ritter dankten mit kräftigem Applaus.
Im Hinausgehen wurde die sensationelle Nachricht lautstark besprochen.
Am meisten von allen ereiferte sich Mücke: „Dieser Andi ist eine Wucht von einem Redakteur! Da gibt man ihm den Auftrag, einen kleinen Beitrag zu schreiben. Und was macht er daraus? Eine Schlagzeile!“
Und niemand auf Schreckenstein ahnte, dass die Ausreißer ohne Besuch bei der Tante längst über alle Schweizer Berge waren! Jetzt suchten sie eine Bleibe für die Nacht.
Hätte Dampfwalze nicht von einer Ferienreise mit seinen Eltern her gewusst, dass Herberge auf italienisch „Albergo“ heißt, wären die beiden nicht ohne weiteres zu einem Quartier gekommen. Aber auch so gab es noch einige Schwierigkeiten. Der Wirt, dem der Albergo und das Ristorante gehörten, machte anfangs ein sehr mürrisches Gesicht, und das nicht nur, weil er kein Deutsch verstand. Immer wieder
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