Auf Umwegen zum Glück (German Edition)
Anblick war mit Worten kaum zu beschreiben. Unter uns lagen sanft gewellte Hügel und dazwischen das azurblaue Meer. „Alles in Ordnung, meine Damen?“, rief Edmundo, „wir sollten weitergehen, bevor die Sonne untergeht!“ Wir folgten Edmundo über eine asphaltierte Zufahrt, die direkt zu einem großen, parkähnlichen Vorplatz führte. Überrascht sahen wir uns um. Der Platz wurde von dichten, mit silbernen Spinnenweben überzogenen Hecken geschützt, sodass ein Einblick von der Straße her unmöglich war. Edmundo schritt auf einen schmalen Torbogen zu, der mit wild wuchernden Rosenranken fast zugewachsen war. Ein kunstverziertes Eisengitter versperrte den Eingang. Er langte in seine Hosentasche, zog einen überdimensionalen Schlüssel heraus, steckte ihn in das Schloss, drehte ihn herum, worauf sich die Pforte knarrend und quietschend öffnete. Ein Pulk von Schmetterlingen, die wir aufgescheucht hatten, stob himmelwärts, verkroch sich aber ein Stück weiter wieder in den Schatten der Hecke. Gemeinsam traten wir durch den Torbogen. „Was für ein Schmuckstück!“ In einem dicht belaubten Olivenhain befand sich eine beeindruckende Finca im mediterranen Stil, eingebettet in einem gepflegten, grünen Rasenrund. Wasserspeiende Löwen umringten einen marmornen Pool, der durch eine Zisterne mit Süßwasser gefüllt wurde. Das Plätschern des sprudelnden Wassers war das einzige Geräusch, das die Beschaulichkeit und die Stille des Ortes unterbrach. Ein kleines Badehäuschen, grün angestrichen, passte sich der Umgebung an. Es gab sogar einen Fitnessraum mit Sauna und Dampfbad. Vor Begeisterung kniff Tessa mich in den Arm, was mir einen kleinen Schmerzensschrei entlockte. Flirrend fiel das Sonnenlicht durch die Bäume. Die mit Mosaiksteinchen kunstvoll gepflasterte Auffahrt führte uns geradewegs zu einem Patio mit Treppe, die in die Innenräume des Hauses überleitete. Hocherfreut führte Flavio uns durch die rustikal und mallorquinisch möblierten Räume. Die Küche, der Traum einer jeden Hausfrau, entlockte uns ein begeistertes „WOW!“ Alle technischen und modernen Geräte aus rostfreiem Stahl waren vorhanden. Kästen mit frischen Kräutern standen auf den Fensterbrettern. Das Haus war ein Haus im Haus, das heißt: über eine Wendeltreppe hinauf ging es in die oberen Räume, die die beiden Stockwerke miteinander verband. Als Lichtquelle diente ein in der Decke eingelassenes Fenster. Sobald die Sonne im Zenit stand, startete automatisch ein Rollo, um die Hitze abzuhalten. Vor jedem Balkonfester standen üppig blühende Blumen in allen Regenbogenfarben - feuerrot, gelb, blau, violett -. Und erst der Duft, er lag berauschend in allen Räumen. Wir ließen das Haus und den Charme des Hauses auf uns wirken. Wie konnte es da anders sein, als dass wir uns auf den ersten Blick in die Finca verliebten. Hinzu kam noch, dass das Haus von der Straßenseite her uneinsehbar war. In näherer Nachbarschaft reihten sich zwar noch weitere Häuser ein, die die Finca jedoch in keiner Weise einzwängten. Man konnte ein- und ausgehen, ohne beobachtet zu werden. „Es ist perfekt, einfach traumhaft“, murmelte Tessa strahlend und nahm den Makler in den Arm. Sie schaute ihm dabei tiefer in die Augen als nötig. „Wenn Sie sich sofort entscheiden, ob das Objekt für Sie von Interesse ist“, sprudelte er leicht verwirrt hervor, „wird Ihnen der Besitzer preislich sicherlich entgegen kommen!“ Wir schauten uns an, dann brach es spontan aus uns hervor: „Wir nehmen es, abgemacht.“ So schnell hatte der Makler noch nie ein Geschäft abgeschlossen: „Deutsche“, murmelte er, „das sind mir die liebsten Kunden“, und sogleich informierte er per Handy den Besitzer.
„Das ist ein Grund zum Feiern“, grinste Tessa, „am besten bei uns im Appartement.“ Sie lud den Makler ein, der vor Freude über das ganze Gesicht strahlte. „Darf ich jemanden mitbringen?“ „Selbstverständlich“ erwiderte Tessa. Zwei Stunden später erschien der Makler mit einem zweiten Gast im Schlepptau. „Darf ich Ihnen vorstellen: Flavio di Romero, der Eigentümer der Finca.“ „Erfreut, Sie kennenzulernen!“ Bei seinem Anblick durchfuhr mich ein Blitz, gerade so, als ob ich ihn schon lange kennen würde. Ein wohliges Kribbeln machte sich in meiner Magengegend bemerkbar, und breitete sich in meinem ganzen Körper aus. Für einen winzigen Moment schloss ich die Augen. Er kam mir seltsam vertraut vor. Aber seine Augen schauten so traurig drein. Sein
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