Auf Umwegen zum Glück (German Edition)

zurück. „Das stimmt, aber Rico wird heute eingeschult. Willst Du nicht dabei sein?“ „Wenn ich auch eine Schultüte kriege.“ „Gut, aber nur eine kleine!“ Endlich saßen wir friedlich zusammen beim Frühstück. Die Babys thronten in ihren Stühlchen und wurden gefüttert. Flavio führte Löffelchen um Löffelchen ins aufgesperrte Mäulchen von Ernesto. Er war mit allem zufrieden. Ich hatte Doro übernommen. Sie war heute ein klein wenig zickig. Aufmüpfig schaute sie in die Runde. Ihr gegenüber saß Rico. Bevor ich begriff, was sie vorhatte, schubste sie ihren Teller mit dem klebrigen Brei über den Tisch in seine Richtung. Au weh! Schulkleidung verschmutzt, Rico jammerte und Doro, dieses kleine Monster, gluckste vor Vergnügen. Nun war guter Rat teuer. Das weiße Hemdchen war bekleckert. Das konnte Rico nicht anbehalten. „Mama“ rief Luis, „ich habe noch ein sauberes im Schrank, ich hole es schnell!“ Die Zeit drängte. Rico wurde in das zwei Nummern zu große Hemd gesteckt, die überstehenden Falten hinten mit Sicherheitsnadeln zusammengerafft, Jäckchen drüber und fertig war das kleine I-Dötzchen. Niemand würde etwas merken.
    So hektisch wie heute ging es zwar nicht immer zu, aber es war schon ganz schön nervig. Irgendetwas kam immer dazwischen. Trotz allem dankte ich Gott jeden Tag in einer stillen Minute für mein Glück.
    Hin und wieder, wenn ich den Zwillingen zuschaue, überfallen mich noch Erinnerungen an Deutschland. Erinnerungen, die jedoch allmählich verblassen. Ich denke zurück an denjenigen, der mir vor langer Zeit einmal sehr wichtig gewesen ist, der mir das Herz gebrochen hat und der Vater meiner Kinder ist, von denen er nichts wissen will. Er hatte einer Adoption zugestimmt und ausdrücklich verlangt, dass keinerlei Kontakt mit ihm aufgenommen werden sollte. Dem hatte ich leichten Herzens zugestimmt.
    Von alten Freunden aus Deutschland habe ich kürzlich erfahren, dass es ihm gesundheitlich nicht gut gehe. Irgendetwas mit dem Herzen. Eine Operation stand an. Kurz nach seiner Genesung habe er aber sein altes Leben wieder aufgenommen. Die Nachricht berührte mich nicht mehr. Die Wunden waren verheilt.
    Mit meinem früheren Leben habe ich abgeschlossen und in meinem Herzen hege ich keinerlei Bitternis mehr. Hier habe ich die Liebe meines Lebens gefunden, und ich werde alles dafür tun, sie zu erhalten.
    Leise tritt Flavio zu mir und nimmt mich in den Arm. Glücklich schmiege ich mich an ihn und flüstere: „Schatz, bald werden wir ein neues Zimmer benötigen!“ Verständnislos schaut er mich an und dann dämmert es. Er ist zu überwältigt, um etwas zu sagen. Stumm vor Glück presst er seine Lippen auf mein Haar. Allein das Leuchten in seinen Augen lässt mich alles andere vergessen.
    „Wir werden es schaffen, alle zusammen, dafür werde ich sorgen!“