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Auf Umwegen zum Glück (German Edition)

Auf Umwegen zum Glück (German Edition)

Titel: Auf Umwegen zum Glück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesca de Montagna
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musste erst Purzel mit einer Schlafspritze versorgt werden, damit die Ärzte ihre Arbeit erledigen konnten. Schnelle Hilfe war notwendig. Sobald alle versorgt waren, hatte einer der Ärzte Purzel im Genick gepackt und ihn mit auf die Trage gehievt. Für den Taxifahrer war jede Hilfe zu spät. Er war seinen schweren Verletzungen erlegen.
    Nach dieser Nachricht war ich zusammengesackt. Als ich wieder zu mir kam, stürzte das ganze Elend auf mich ein. „Alles meine Schuld“, hatte ich geschrien, „hätte ich den Termin nicht wahrgenommen, wäre das alles nicht passiert!“ Verzweifelt hatte ich mir die Haare gerauft und war wie ein Tier im Käfig auf- und abgelaufen. Ich war sogar mit meinen Fäusten auf die Polizisten losgegangen, und es hatte nicht viel gefehlt, dann hätte ich sie auch noch geschlagen. Der Gefängnisarzt wurde gerufen, um mir eine Beruhigungsspritze zu verpassen. Zwei Polizisten waren erforderlich, um mich festzuhalten. Sie brachten mich in die Klinik. Tobend war ich zum Eingang gestürmt, hatte die Pforte aufgerissen und stand dann vor der Anmeldung. „Der Unfall, wo sind meine Frau und meine Kinder?“ Der Portier hatte mir den Weg zur Unfallstation gezeigt. Schließlich hatte ich sie außer Atem erreicht. Seit Jahren war ich nicht mehr so schnell gerannt. Ich hatte eine vorüber hastende Krankenschwester angehalten. “Meine Frau, meine Kinder!“, hatte ich gejappt. „Setzen Sie sich erst einmal“, hatte sie versucht, mich zu beruhigen. „Sagen Sie mir, was mit meiner Familie los ist, sagen Sie es mir sofort!“, hatte ich gebrüllt. „Warten Sie einen Moment“, gab die Schwester mir zu verstehen, „ich werde den Arzt holen.“ Eine Tür ging auf: „Kommen Sie bitte mit“, sagte der Arzt und führte mich zur Unfallstation. Sofort hatte ich meine beiden Söhne gesehen. Sie waren an Schläuchen angeschlossen und wurden künstlich beatmet. Leise zischte das Beatmungsgerät. Ein Geräusch, das ich niemals wieder vergessen werde. Bei ihrem Anblick hatte ich unkontrolliert angefangen zu zittern. Behutsam hatte der Arzt mich hinausgeführt. „Und“, hatten meine Augen gefragt, „wo ist meine Frau?“ „Sie ist noch im Operationsraum. Wir versuchen alles Mögliche, ihr Leben zu retten, aber es steht sehr schlecht um sie.“ Das Warten zermürbte mich. Dann kam die Nachricht, dass Franca die Operation nicht überlebt hatte. Die Verletzungen waren zu schwer. Teilnahmslos hatte ich die Information aufgenommen. Die Spritze zeigte ihre Wirkung. Die nächsten Tage hatte ich in einer Art Dämmerzustand zwischen wachen und träumen verbracht.
    Weitere lange, bange Tage vergingen, dann war endlich die erlösende Meldung gekommen, dass meine Söhne die Intensivstation verlassen konnten und außer Lebensgefahr waren. Vor Erleichterung hatte ich geweint. „Kann ich zu ihnen?“, hatte ich mit bebenden Lippen gefragt. Der Arzt hatte zustimmend genickt. „Wenn Sie möchten, stellen wir Ihnen ein Zusatzbett ins Zimmer, und Sie können bei Ihren Kindern bleiben. Wenn sie erwachen, sehen sie gleich ihren Vater und die Angst verschwindet.“
    „Mama?“, angestrengt hatte Luis versucht, seine Augen zu öffnen, „Wo bin ich?“ „Ganz ruhig liegen bleiben“, hatte ich geantwortet. Langsam wurde auch Rico wach. „Papa?“ Liebevoll hatte ich mich über meine Söhne gebeugt und ihnen beruhigend über die Köpfe gestrichen. Rico, der kleinere, hatte versucht, aufzustehen. „Mama, Mama!“, hatte er laut schluchzend geschrien. Die Krankenschwester war erschienen und hatte ihn beruhigt. „Ihr müsst schön stillliegen bleiben, dann könnt ihr auch ganz schnell nach Hause!“ Brav hatten sich beide wieder hingelegt und waren bald in einen tiefen Schlaf gefallen. Wenig später war der Doktor ins Zimmer gekommen und hatte einen Blick auf die Kinder geworfen. „Bald sind sie wieder gesund und können die Klinik verlassen“, hatte ihn der Doktor getröstet.
    „Wie soll ich ihnen nur erklären, was passiert ist?“, stammelte ich hilflos. „Ich weiß“, nickte der Doktor, wobei er mich mitleidig ansah, „aber sie sind noch so klein, sie werden es bald vergessen haben.“
    Zur Beerdigung hatte ich die Klinik für ein paar Stunden verlassen. Es war der grauenvollste Tag in meinem bisherigen Leben. Das langsame Absenken des Sarges, das hohle Klingen der Erde, die auf den Sarg traf, die vielen Leute, die Blumen hinterher warfen. Tanten, Onkel, Bekannte und Unbekannte hatten sich zur Trauerfeier eingefunden.

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