Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern
eingerichteten Apparat angezogen wurde. Die anziehende Kraft trat in Tätigkeit, sobald der Schluß gelöst wurde, der die Gegenstände am Körper befestigte. Bei der im Zimmer herrschenden geringen Schwere genügte es, die Sachen einfach mit einem leichten Ruck nach oben zu werfen; die selbsttätige Garderobe besorgte das übrige. So war es den Martiern sehr leicht gemacht, ihre Sachen in Ordnung zu halten. Denn durch die Konstruktion der verschiedenen Öffnungen, welche die Garderobenstücke zu passieren hatten, während sie im Inneren des Garderobenschranks wieder herabfielen, wurden sie automatisch sortiert, gereinigt und in die ihnen bestimmten Fächer eingefügt, so daß sie sofort wieder zu bequemem Gebrauch bei der Hand waren.
Ohne sich um die abgelegten Kleidungsstücke weiter zu kümmern, näherte sich die Dame dem Bücherregal und zog eines der dort stehenden Bücher hervor, indem sie es an einem daran befindlichen Handgriff erfaßte. Sie begab sich damit nach dem Sofa und streckte sich in bequemer Lage hin.
La war die Tochter des Ingenieurs Fru, des Vorstehers der Außenstation. Hätte sie auf der Erde gelebt, so wäre ihre Lebenszeit auf mehr als vierzig Jahre zu berechnen gewesen. Als Bewohnerin des Mars aber, dessen Jahre doppelt so lang sind wie die der Erde, zählte sie erst einige zwanzig Sommer und stand in der Blüte ihrer Jugend. Ihr volles Haar, das sie in einen Knoten geschlungen trug, hatte eine auf Erden wohl nicht leicht zu findende Farbe, ein helles, etwas ins Rötliche schimmerndes Blond, einigermaßen der Teerose vergleichbar; in bezaubernder Zartheit erhob es sich wie eine Krone über dem weißen, reinen Teint ihres feingebildeten Antlitzes. Die großen Augen, die allen Martiern eigentümlich sind, wechselten je nach der Beleuchtung von einem lichten Braun bis zum tiefsten Schwarz. Denn entsprechend den starken Helligkeitsunterschieden, welche auf dem Mars herrschen, besitzen die Bewohner desselben ein sehr weitreichendes Akkomodationsvermögen, und bei schwachem Licht erweitern sich ihre dunklen Pupillen bis an den Rand der Augenlider. Das Mienenspiel gewinnt dadurch eine überraschende Lebhaftigkeit, und nichts pflegte die Menschen mehr an den Marsbewohnern, nachdem sie sie kennengelernt hatten, zu fesseln als der ausdrucksvolle Blick ihrer mächtigen Augen. In ihnen zeigte sich die gewaltige Überlegenheit des Geistes dieser einer höheren Kultur sich erfreuenden Wesen.
Wie eine leichte Wolke umhüllte ein faltenreicher weißer Schleier die ganze Gestalt und ließ nur den edel geformten Hals und den unteren Teil der Arme unbedeckt. Darunter aber schimmerten die Formen des Körpers wie in einen glänzenden Harnisch gekleidet; denn in der Tat bestand das eng anschließende Kleid aus einem metallischen Gewebe, das, obgleich es sich jeder Bewegung auf das bequemste anpaßte und dem leichtesten Drucke nachgab, doch einen Panzer von größter Widerstandsfähigkeit bildete.
Das Buch, welches La der Bibliothek entnommen hatte, besaß wie alle Bücher der Martier die Form einer großen Schiefertafel und wurde an einem Handgriff ähnlich wie ein Fächer gehalten, so daß die längere Seite der Tafel nach unten lag. Ein Druck mit dem Finger auf diesen Griff bewirkte, daß das Buch nach oben aufklappte, und auf jeden weiteren Druck legte sich Seite auf Seite von unten nach oben um. Man bedurfte auf diese Weise nur einer Hand, um das Buch zu halten, umzublättern und jede beliebige Seite festzulegen.
La schien es mit ihrem Studium nicht eilig zu haben. Sie hielt das Buch geschlossen in der nachlässig herabhängenden Hand und gab sich ihren Gedanken hin. Nach einiger Zeit begann sie die Lippen zu bewegen und Laute vor sich hin zu sagen, die ihr offenbar nicht geringe Mühe machten. Mitunter lachte sie leise vor sich hin, wenn ihr eines der ungewohnten Worte nicht über die Lippen wollte, oder es lief momentan ein Ausdruck der Ungeduld über ihre Züge. Sie repetierte ein Pensum, das sie für sich erlernt hatte. Aber nun blieb sie ganz stecken und sann eine Weile nach. Dann sagte sie für sich:
»Es ist doch ein närrisches Kauderwelsch, das diese Kalaleks sprechen!«
Jetzt erst erhob sie das Buch und ließ die Blätter mit großer Geschwindigkeit sich herumschlagen, bis sie die gewünschte Stelle gefunden hatte.
Das Buch enthielt eine Zusammenstellung alles dessen, was die Martier bisher über die Lebensweise und Sprache der Eskimos hatten in Erfahrung bringen können. Durch die
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