Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern
Saltner mit La deutsch sprach. Nur hatte er in Gegenwart der Martier nicht gewagt, dies zu erkennen zu geben.
Endlich erschienen die Martier wieder am Rand der Spalte. Ein zweites Seil wurde herabgelassen. Saltner machte einen erträglichen Sitz zurecht, und indem er La stützte und mit dem Eispickel beide von der Wand fernhielt, wurden sie glücklich an die Oberfläche befördert.
»Ich weiß, was ich Ihnen verdanke«, sagte La.
Eine tiefe Erschöpfung ergriff sie, und sie mußte bis an das Boot getragen werden.
Man trat sofort die Heimfahrt an.
11. Kapitel – Martier und Menschen
D er September hatte begonnen. Noch immer beschrieb die Sonne ohne unterzugehen den vollen Kreis des Himmels, aber sie stand nur noch wenige Grad über dem Horizont. Schon streifte sie nahe an die höchsten Gipfel der Berge, welche an einzelnen Stellen die Steilufer des Polarbassins überragten. Der lange Polartag neigte sich seinem Ende zu. Wie in einem ewigen Untergang wanderte der riesige Glutball der Sonne rings um die Insel, meist drang sie nur strahlenlos wie eine rote Scheibe durch die Nebel, und ein breites, rosig glühendes Band zog sich durch die leise wogenden Fluten ihr entgegen und folgte ihrem Lauf als ein natürlicher Stundenzeiger um den Pol.
Die beiden deutschen Nordpolfahrer verbrachten ihre Tage wie in einem köstlichen Märchen. Hätte nicht der Gedanke an den verlorenen Gefährten auf ihre Stimmung niederdrückend gewirkt und den Genuß der Gegenwart gedämpft, nichts Freudigeres und Erhebenderes wäre denkbar gewesen als der beglückende Verkehr mit den Bewohnern der Polinsel, die, wie sie jetzt erfuhren, den Namen Ara führte, zu Ehren des ersten Weltraumschiffers Ar.
Die Martier behandelten die beiden Erdbewohner als ihre Gäste, denen jede Freiheit gestattet war. Gegenüber den kleinen, unansehnlichen, schmutzigen und tranduftenden Eskimos erschienen ihnen die stattlichen Figuren der Europäer in ihrer reinlichen Tracht schon äußerlich als Wesen verwandter Art. Nicht wenig trug dazu die körperliche Überlegenheit bei, welche die Martier, sobald sie sich nicht im Schutz des abarischen Feldes befanden, an den Menschen anerkennen mußten. Aufrecht und leicht schritten diese einher und verrichteten spielend Arbeiten, denen die unter dem Druck der Erdschwere gebeugt einherschleichenden Martier nicht gewachsen waren. Denn auch Grunthe war nach wenigen Tagen wieder in seiner Gesundheit völlig hergestellt und spürte keinerlei üble Folgen seiner Fußverletzung. Saltner aber hatte sich durch die entschlossene und geschickte Rettung Las die Achtung der Martier erworben.
Überraschend schnell hatte sich das gegenseitige Verständnis durch die Sprache angebahnt. Dies war natürlich hauptsächlich durch die glückliche Auffindung der kleinen deutsch-martischen Sprachanweisung gelungen. Es zeigte sich, daß diese von ihrem Verfasser Ell ganz speziell für diejenigen Bedürfnisse ausgearbeitet war, die sich bei einem ersten Zusammentreffen der Menschen mit den Martiern für beide Teile herausstellen würden. Denn es waren darin weniger die alltäglichen Gebrauchsgegenstände und Beobachtungen berücksichtigt, über welche man sich ja leicht durch die Anschauung direkt verständigen kann, wie Speise und Trank, Wohnung, Kleidung, Gerätschaften, die sichtbaren Naturerscheinungen und so weiter; vielmehr fanden sich gerade die Ausdrücke für abstraktere Begriffe, für kulturgeschichtliche und technische Dinge darin verzeichnet, so daß es Grunthe und Saltner möglich wurde, sich über diese Gedankenkreise mit den Martiern zu besprechen. Ell hatte offenbar vorausgesehen, daß, wenn wissenschaftlich gebildete Europäer mit den in der Kultur ihnen überlegenen Martiern zusammenkämen, das Hauptinteresse darin bestehen müßte, sich gegenseitig über die allgemeinen Bedingungen ihres Lebens zu unterrichten.
Es erregte übrigens bei den Martiern keine geringere Verwunderung wie bei den beiden Forschern, daß auf Erden ein Mensch existiere, der sowohl die Sprache und Schrift der Martier beherrschte als auch eine ziemlich zutreffende Kenntnis der Verhältnisse auf dem Mars besaß. Aus gewissen Einzelheiten schlossen sie allerdings, daß diese Kenntnis sich nur auf weiter zurückliegende Ereignisse bezog, daß insbesondere die Tatsache der Marskolonie am Pol der Erde dem Verfasser des Sprachführers nicht bekannt war, wohl aber das Projekt der Martier, die Erde an einem ihrer Pole zu erreichen. Der Name Ell war in einigen
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