1440 - Halloween des Ghouls
Ich blieb an der Fahrertür stehen und schaute durch die Scheibe. Ich sah einen Mann, der seine Hände anhob und sie gegen die Stirn presste. Er musste sich dort beim Aufprall gestoßen haben. Aber so hart konnte der Schlag nicht gewesen sein, denn sonst hätten sich die Airbags aufgeblasen.
Ich versuchte, die Tür zu öffnen. Es war kein Problem, denn sie hatte sich nicht verzogen. Ein leises Stöhnen drang mir entgegen.
Noch bevor ich ein Wort mit den Insassen gesprochen hatte, wusste ich, dass die beiden nicht aus Hollow Field stammten. Solche Typen, die so sehr von der Allgemeinheit abstachen, passten nicht in diese Gegend.
Der Mann hatte dunkle Haare, ein knochiges Gesicht und eine recht helle Haut, die wohl wenig Sonne zu sehen bekam.
Seine Begleiterin auf dem Nebensitz, die einen schmutzigen Lackmantel trug, machte auf mich den Eindruck einer Punkerin. Ihre Haare waren von roten und grünen Streifen durchzogen.
Sie war es, die als Erste sprach. Nicht sehr laut, es war schon mehr ein Flüstern, aber das Entsetzen, das in ihrem Gesicht stand, war auch deutlich aus ihren Worten herauszuhören.
»Er isst die Toten – er isst die Toten…«
Gebetsmühlenartig wiederholte sie immer den gleichen Satz. Zuerst dachte ich, mich verhört zu haben, dann aber verlor mein Gesicht an Farbe, denn ich hatte mich nicht getäuscht.
Ich musste schlucken.
»Er isst die Toten – er isst die Toten…«
Wieder musste ich diesen schrecklichen Satz hören, der bei normalen Menschen nur ein Kopfschütteln ausgelöst hätte, aber nicht bei mir, denn ich wusste inzwischen, um was es ging.
Es gab einen Ghoul. Er musste auf dem Feld, dessen Rand vom Licht der Scheinwerfer berührt wurde, hausen. Jane Collins und ich hatten auch die Toten gesehen, die als Vogelscheuchen dienten, tatsächlich aber nur Nahrung für den Ghoul waren.
Und jetzt sprach diese Frau ebenfalls davon. Sie hatte sogar das Grauenvolle gesehen, das wir nur hatten ahnen können.
Und sie hatte bemerkt, dass jemand die Tür geöffnet hatte. Sie drehte den Kopf und starrte am Fahrer vorbei, der sich um nichts kümmerte.
Sie sah mich – und schrak zusammen. Dabei öffnete sie den Mund.
Sie drückte auch ihren Körper zurück und machte auf mich den Eindruck, als wollte sie schreien.
»Bitte nicht. Es ist alles okay. Ich bin nur der Fahrer des Wagens, mit dem Sie fast zusammengeprallt wären.«
Sekundenlang geschah nichts. Die Frau hockte weiterhin in ihrer abwartenden Haltung auf dem Sitz. Erst als sie mein Lächeln sah, entspannte sie sich wieder.
»Sie haben wohl Glück gehabt. Ihnen beiden ist nichts passiert, nehme ich an.«
»Ja, ich glaube.«
»Was mit dem Wagen passiert ist, das muss man sehen. Am besten wird es sein, wenn Sie aussteigen. Fühlen Sie sich dazu in der Lage?«
Die Frau schaute an sich hinab. Erst jetzt fiel mir auf, dass beide nicht angeschnallt waren. Möglicherweise hatten sie keine Zeit dazu gehabt.
»Ich denke schon, Mister.«
»Wenn ich Ihnen helfen soll, dann…«
Sie öffnete bereits die Tür. »Nein, nein, das ist wirklich nicht nötig. Es geht auch so. Ist ja nichts verklemmt.« Sie warf einen Blick auf den Fahrer. »Vielleicht kümmern Sie sich um Ari.«
»Werde ich gern machen.« Das Versprechen löste ich erst ein, nachdem ich sicher war, dass die Frau allein aussteigen konnte. Danach kümmerte ich mich um den Mann. Er hatte seine Hände vom Kopf weggenommen, hielt die Augen geschlossen und stöhnte leise vor sich hin.
Ich tippte ihn an. »Können Sie mich hören?«
Der Mann öffnete die Augen. Er drehte den Kopf nach rechts, um mich anzusehen.
»Was ist mit Ihnen?«, fragte ich ihn.
»Mein Kopf. Ich war nicht angeschnallt. Das Lenkrad ist härter als mein Schädel.«
»Das glaube ich Ihnen gern. Ist Ihnen sonst noch etwas passiert?«
»Nein, ist es nicht, aber das reicht auch, obwohl wir verdammt viel Glück gehabt haben.«
Ich dachte an das, was ich von der Frau gehört hatte, und konnte ihm nur zustimmen. Er drehte sich zur Seite, als ich ihm die Hände entgegenstreckte. Die Frau hatte den Wagen bereits verlassen. Sie stand an der anderen Seite und stützte sich auf dem Dach ab. Den Kopf hatte sie dabei gegen die Unterarme gelegt.
Ari war aus dem Wagen gekrochen. Ich hielt ihn sicherheitshalber fest. Er war noch etwas benommen. Auf seiner Stirn begann eine Beule zu wachsen.
»Mann, das war vielleicht ein Ding. Furchtbar, kann ich Ihnen sagen.«
»Wir reden später darüber.«
Er musste lachen. »Uns
Weitere Kostenlose Bücher