Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern
Landschaften des Mars nicht selten. Die gegenwärtigen Polbewohner erinnerten sich der Berichte, daß bei den ersten Entdeckungsfahrten nach der Erde mehrfach Fahrzeuge verschollen waren, ohne daß man jemals etwas über das Schicksal der kühnen Pioniere des Weltraums hatte erfahren können. Von einem berühmten Raumfahrer, dem Kapitän All, wußte man sogar gewiß, daß er mit mehreren Gefährten infolge eines unglücklichen Zufalls auf der Erde zurückgelassen worden war, allerdings unter Umständen, welche allgemein an seinen baldigen Untergang glauben ließen. Immerhin war es wohl denkbar, daß einer oder der andere dieser Martier zu Menschen sich gerettet und die Kunde vom Mars dahin gebracht hätte. Diese Ereignisse aber lagen dreißig bis vierzig Erdenjahre zurück, und jene Männer selbst waren alle in vorgeschrittenerem Alter gewesen, da eine Beteiligung jüngerer Leute an jenen ersten, unsicheren Fahrten nicht bekannt war. Ell selbst, der etwa mit Grunthe gleichaltrig oder nur ein wenig älter war, konnte also nicht zu ihnen gehören. Und Grunthe wie Saltner konnten versichern, daß von einem Auftauchen eines Marsbewohners, ja überhaupt von der Existenz solcher Wesen, auf der Erde nichts bekannt sei. Ell war der einzige, der ein solches Wissen besaß, dies aber bis auf jene beiläufigen Redensarten, die Grunthe nicht ernsthaft genommen, durchaus verborgen gehalten hatte. Wie er selbst dazu gekommen war, blieb ebenso unaufgeklärt wie die Umstände, durch welche jene Sprachanweisung in das Flaschenfutteral gelangt sein konnte, das Frau Isma Torm der Expedition als eine scherzhafte Überraschung am Nordpol mitgegeben hatte.
Den Bemühungen der Deutschen, sich die Sprache der Marsbewohner anzueignen, kamen diese bereitwillig entgegen, so daß Saltner und insbesondere Grunthe sehr bald ein Gespräch auf martisch führen konnten; gleichzeitig fand es sich, daß auch die Martier, welche den täglichen Umgang der beiden bildeten, das Deutsche beherrschten. Ersteres wurde dadurch möglich, daß die Verkehrssprache der Martier außerordentlich leicht zu erlernen und glücklicherweise für eine deutsche Zunge auch leicht auszusprechen war. Sie war ursprünglich die Sprache derjenigen Marsbewohner gewesen, die auf der Südhalbkugel des Planeten in der Gegend jener Niederungen wohnten, welche von den Astronomen der Erde als Lockyer-Land bezeichnet werden. Von hier war die Vereinigung der verschiedenen Stämme und Rassen der Martier zu einem großen Staatenbund ausgegangen, und die Sprache jener Zivilisatoren des Mars war die allgemeine Weltverkehrssprache geworden. Durch einen Hunderttausende von Jahren dauernden Gebrauch hatte sie sich so abgeschliffen und vereinfacht, daß sie der denkbar glücklichste und geeignetste Ausdruck der Gedanken geworden war; alles Entbehrliche, alles, was Schwierigkeiten verursachte, war abgeworfen worden. Deswegen konnte man sie sich sehr schnell soweit aneignen, daß man sich gegenseitig zu verstehen vermochte, wenn es auch außerordentlich schwierig war, in die Feinheiten einzudringen, die mit der ästhetischen Anwendung der Sprache verbunden waren.
Übrigens war dies nur die Sprache, die jeder Martier beherrschte. Neben derselben aber gab es zahllose, sehr verschiedene und in steter Umwandlung begriffene Dialekte, die bloß in verhältnismäßig kleinen Gebieten gesprochen wurden, endlich sogar Idiome, die allein im Kreis einzelner Familiengruppen verstanden wurden. Denn es zeigte sich als eine Eigentümlichkeit der Kultur der Martier, daß der allgemeinen Gleichheit und Nivellierung in allem, was ihre soziale Zusammengehörigkeit als Bewohner desselben Planeten anbetraf, eine ebenso große Mannigfaltigkeit und Freiheit des individuellen Lebens entsprach. Wenn so die schnelle Erfaßbarkeit des Martischen den Deutschen zugute kam, so brachte die erstaunliche Begabung der Martier andererseits zuwege, daß sie sich wie spielend das Deutsche aneigneten. Gegenüber dem verwirrenden Formenreichtum des Grönländischen erschien ihnen das Deutsche wesentlich leichter. Was aber die schnellere Erlernung desselben hauptsächlich bewirkte, war der Umstand, daß das Deutsche als Sprache eines hochentwickelten Kulturvolkes dem geistigen Niveau der Martier soviel näherstand. Was der Grönländer in seiner Sprache auszudrücken wußte, die konkrete Art, wie er es nur ausdrücken konnte, der enge Interessenkreis, auf den sich das Leben des Eskimo beschränkte, das alles war dem Martier sehr
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