Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern
Witterungsbeobachtungen gefunden, welche Jahre hindurch von ihnen am Nordpol ausgeführt waren. Daraus hatte er entnommen, daß während des Novembers regelmäßig andauernd nach Europa hinwehende Winde einzutreten pflegten, daß er aber früher keine Aussicht hatte, günstige Windverhältnisse zu erwarten. Demnach mußte er sich entscheiden, ob er sich jetzt, kurz vor Beginn der Polarnacht, unbestimmten atmosphärischen Verhältnissen anvertrauen wollte, oder ob er mitten in der Polarnacht es wagen wollte, bei günstigem Wind aufzusteigen. Das letztere schien ihm das Empfehlenswertere zu sein, da er bei gutem Wind hoffen durfte, in wenigen Tagen bewohnte Gegenden zu erreichen.
Diese Überlegungen, welche Grunthe für sich angestellt hatte, waren von ihm zwar Saltner gegenüber beiläufig erwähnt worden, doch hatte sie dieser, eben weil sie die Zeit zur Ausführung noch nicht für gekommen hielten, zunächst nicht weiter erwogen. Ihm war vorläufig die Gegenwart alles, und jetzt erst stellten ihn Las Worte unmittelbar vor die Frage, was zu tun sei, wenn die Martier fast sämtlich die Insel verließen. Zugleich aber schien ihm im Augenblick eine so schnelle Trennung von seinen innig verehrten Gastfreunden und von La und Se insbesondere als etwas kaum Mögliches. Indem ihm Grunthes Pläne momentan durch den Kopf schossen, fühlte er doch, daß er nicht sofort eine Zusage geben dürfe, und in seiner Verwirrung zögerte er mit der Antwort, während die Martier mit allerlei verlockenden Schilderungen Las Einladung unterstützten.
Zum Glück trat Grunthe jetzt ein, und die Zeremonie der Begrüßung mit den Martiern wiederholte sich. Nur La, an welcher Grunthe nach Möglichkeit vorbeisah, mußte sich mit einem steif ausfallenden martischen Fingergruß begnügen. Sie lächelte zu Saltner hinüber, und ihr Blick schien sagen zu wollen: »Wir werden ihn doch mitnehmen.«
Grunthe hatte bereits auf dem Weg von Hil gehört, daß morgen ein Fahrzeug nach dem Mars abgehe.
»Wie viele Nume verlassen uns denn?« fragte er.
»Dreiundfünfzig, darunter fünf Damen«, antwortete Jo.
»Dann ist es wohl ein bedeutendes Fahrzeug? Wenn ich recht gehört habe, sind selbst Ihre größten Raumschiffe nicht auf viel mehr berechnet.«
»Das ist richtig. Auf mehr wie sechzig können wir unsere Schiffe nicht gut einrichten, das Verhältnis zu den Richt-Bomben wird sonst zu ungünstig. Aber der ›Komet‹ ist ein vorzügliches Fahrzeug und trägt gut seine sechzig Personen – Sie haben also noch bequem Platz, und ich würde mich sehr freuen, Sie mitzunehmen.«
»Sie sind selbst der Kommandant?« fragte Grunthe.
»Ich habe die Ehre, das Raumschiff ›Komet‹ zu führen, bestimmt nach der Südstation des Mars. Sie fahren darin sicherer durch den Weltraum als in Ihrem Ballon durch die Luft der Erde. Also abgemacht, kommen Sie mit?«
»Daran ist nicht zu denken«, sagte Grunthe lächelnd. »Aber es würde mich sehr interessieren, der Abfahrt beizuwohnen. Wann findet sie statt?«
»64,63«, erwiderte Jo.
Grunthe sah ihn fragend an.
»Mittlere Marslänge«, fügte Jo hinzu.
»Sie müssen schon«, begann La, »den Herren alle Maßangaben in ihre irdische Rechnungsweise umrechnen. In unsre Messungsmethode können sie sich nicht so schnell hineinfinden. Morgen um 1,6 ist die Abfahrt, das heißt nach Ihrer Stundenrechnung um drei Uhr. Sehen Sie sich nur die Sache einmal an, Grunthe, Sie werden Lust bekommen, bald selbst eine Fahrt mitzumachen. In der nächsten Zeit geht jeden dritten Tag ein Schiff ab!«
»Der Mars«, fiel Jo ein, »ging sechs Tage vor Ihrer Ankunft durch sein Perihel – ich meine den Punkt, wo er der Sonne am nächsten steht –, und da er sich gerade jetzt auch in der Erdnähe befindet – Sie wissen, daß die Opposition vor wenigen Tagen stattfand –, so gibt es keine günstigere Reisezeit. Aber ›piken‹ Sie denn nicht?«
»Ich danke, niemals«, sagte Grunthe, die angebotenen Piks zurückweisend. Dabei starrte er geradeaus und zog seine Lippen zusammen. Er rechnete in der Eile die augenblickliche Entfernung von Mars und Erde aus.
»Wie lange Zeit pflegen Sie denn zur Fahrt zu brauchen?« fragte Saltner.
»Das kommt ganz auf die Umstände an. Bei günstiger Stellung der Planeten läßt sich die Reise auf dreißig Ihrer Tage und weniger reduzieren, ja wenn wir tüchtige Bombenhilfe geben, was freilich sehr teuer wird, so könnte man bei so großer Planetennähe wie jetzt sogar auf acht oder neun Tage herabkommen.
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