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Auf zwei Planeten

Auf zwei Planeten

Titel: Auf zwei Planeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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Hand. »Ich weiß ja«, sagte sie, »daß Sie es gut meinten. Aber eins müssen Sie mir doch noch sagen. Bei wichtigen Ereignissen wenden Sie sonst das Retrospektiv an, um den Vorgang zu beobachten. Warum ging es denn nicht – der Überfall von Podgoritza zum Beispiel ist doch wichtig genug –, warum wurde er nicht vorn Mars aus –?«
    »Glauben Sie mir, Isma, ich hätte es durchgesetzt, um Ihretwillen, das Retrospektiv anzuwenden, wenn ich mir den geringsten Erfolg hätte versprechen können. Aber an dem Tag der Flucht lagen dichte Wolken über dem Pol, die Landung des Schiffes in Tibet ist, vermutlich wenigstens, in der Nacht erfolgt, jedenfalls aber wird Torm, wenn er entfliehen wollte, die Nacht dazu benutzt haben. Auch wissen wir gar nicht, in welcher Gegend des weiten Hochasien das Schiff angelegt hat, und es ist doch unmöglich, diese großen Landgebiete mit dem Retrospektiv abzusuchen. Der Überfall von Podgoritza endlich fand ebenfalls in der Nacht statt, und ehe wir etwas davon erfuhren, hatten die Räuber alle Spuren vernichtet. Die Tat kam erst später durch den Verrat eines feindlichen Stammes an den Tag. Da war also nicht die geringste Aussicht, etwas in den Lichtspuren des Weltraums zu lesen.«
    »Ich sehe es ein, Ell. Und es war recht, daß Sie sprachen. Was haben wir auch Besseres in unsrer Freundschaft, als das volle Vertrauen? Und nun –«
    »Ich soll gehen?«
    »Nein, nein, im Gegenteil. Sie sollen noch bleiben, und wir wollen von gleichgültigeren Dingen reden, von gegenwärtigen, mein’ ich. Sie haben mir noch nichts von der Politik erzählt. Wie steht es mit dem Klatschgesetz? Was sagt denn Herr von Huhnschlott dazu?«
    Jetzt lächelte Ell. »Er speit Feuer und Flammen«, sagte er. »Natürlich, diese Herren haben nie gelernt, daß sich die Welt auch anders regieren lasse als mit Polizeivorschriften. Ich wünschte, Sie hätten das Gesicht unsres geschmeidigen Kreuther sehen können, als ich ihm meine Auffassung der Lage auseinandersetzte. Ich bin überzeugt, morgen bekommen wir die Sanktion. Sie werden nicht an Ill appellieren, wenn sie klug sind, denn er ist viel rücksichtsloser gegen die Vorurteile unsrer Regierungen als ich, der ich ihren historischen Zusammenhang besser kenne. Ich gelte ja natürlich bei den Konservativen als ein roter Revolutionär, auf dem Mars sehen sie mich als einen schwachmütigen Leisetreter an.«
    »Ich weiß wohl«, sagte Isma. »Ich lese ja die Marsblätter, namentlich die ›Ba‹. Solche Dinge wie Zweikampf, Beleidigungsklagen und dergleichen kommen den Numen gerade so vor, wie uns etwa die Menschenfresserei oder die Blutrache bei den Wilden, und sie meinen, das müsse man einfach mit Gewalt ausrotten.«
    Ell erzählte, daß Hil von seiner Reise zurück sei, und schilderte sein Entsetzen über den Regen. Mit stiller Freude sah er, daß Isma ihre Ruhe wiedergewonnen hatte.
    Es waren wohl zwei Stunden vergangen, als Ell sich endlich herzlich von Isma verabschiedete. Als er auf die Straße trat, war es bereits vollständig Nacht, und die Laternen brannten. Er schritt eilig die Straße entlang und bestieg wieder seinen vor der Tür der Bildungsanstalt haltenden Wagen. Er hatte den in einen Mantel gehüllten Mann nicht bemerkt, der wie zögernd vor der Tür des Hauses gestanden hatte, wo Isma wohnte. Bei Ells Erscheinen hatte er plötzlich kehrtgemacht, dann aber schien es, als wolle er ihm eilig nachgehen, um ihn anzureden. Doch bald blieb er wieder zögernd zurück und blickte nur dem Wagen nach, der Ell schnell von dannen führte.

48. Kapitel – Der Instruktor von Bozen
    D urch die engen Felsschluchten des Eisacktales brauste der von Wien kommende Schnellzug nach Süden und überholte die schäumenden Fluten des wild dahinstürmenden Baches. Der größere Teil der Fahrgäste drängte sich an den Fenstern, um das von der klaren Septembersonne vergoldete Naturschauspiel zu genießen. Einer jedoch, offenbar kein Fremder in dieser Gegend, kümmerte sich wenig darum. Er saß in eine Ecke gelehnt, mit geschlossenen Augen in seine Gedanken versunken, unter denen seine Stirn sich von Zeit zu Zeit zu sorgenvollen Falten zusammenzog. Dann blickte er nach seiner Uhr, als ob der Zug ihn nicht schnell genug seinem Ziel zuführe.
    »Noch zehn Minuten«, murmelte er.
    Aus der Brusttasche seiner Joppe zog er einige Papiere, ein Telegramm und eine Zeitung. Er hatte sie schon oft gelesen, dennoch blickte er wieder hinein, als könnten sie ihm noch etwas Neues sagen.
    Das

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