Liebe, nichts als Liebe
1. KAPITEL
Ein Mann im Anzug!
Niemand in Broome trug einen Anzug, schon gar nicht an einem Sonntagnachmittag.
Von kalter Angst gepackt, richtete Christabel sich in dem hüfttiefen Wasser auf, wo sie geschwommen ist. Sie brauchte einen besseren Blick auf den Mann, der soeben den Park oberhalb des Strandes durchquerte ... in einem Anzug!
War er einer von ihnen? Hatten sie sie aufgespürt?
Bevor sie ihn genauer sehen konnte, war er hinter dem Block mit den öffentlichen Einrichtungen verschwunden. Christabel wartete angespannt. Ihr Herz pochte wie wild angesichts der Möglichkeit, dass man sie trotz all ihrer Vorsichtsmaßnahmen gefunden haben könnte.
Seit sechs Monaten war sie jetzt hier ... vielleicht schon zu lang. Jedenfalls lang genug, dass sie angefangen hatte, sich sicher zu fühlen ... was immer ein Fehler war.
Wie dumm von ihr, sich vor ihnen sicher zu fühlen, wo für diese Leute so viel auf dem Spiel stand! Obwohl sie eine echte Chance darin gesehen hatte - so weit weg von allem, was für diese Leute wichtig war, gestrandet in einem Außenposten der Zivilisation an der Küste des gewaltigen australischen Outbacks.
Broome - eine bunt zusammengewürfelte, multikulturelle Gemeinde, die um die Perlenindustrie gewachsen war, als die Menschen hier noch nach Perlen tauchten und an der Taucherkrankheit starben - lag am anderen Ende der Welt, weit weg von den Finanzhaien in Europa. Seine Geschichte und tropische Lage, weit oben an der Westküste der Kimberleys, zog Touristen an, aber niemand trug hier einen Anzug, weder die Einheimischen noch die Besucher. Allein schon die Hitze hier erforderte eine möglichst leichte Bekleidung.
Da war er wieder. Christabel erhaschte einen Blick auf den Mann, als er das offene Gelände zwischen den Einrichtungen und dem Cafe überquerte. Er hatte das Gesicht zum Parkplatz gewandt, so dass Christabel ihn nicht erkennen konnte, aber sein Anzug verriet ihr genug.
Dies war jemand, der auf das tropische Klima hier nicht vorbereitet war. Jemand, der es zu eilig gehabt hatte, um sich umzuziehen. Jemand, der zielstrebig auf den Wohnwagenpark zuhielt, der an den Strand grenzte.
Und Alicia war gerade zum Wohnwagen zurückgegangen, um einige Dosen mit kühlen Getränken zu holen!
Von Panik getrieben, watete Christabel an Land, rannte über den feuchten Sand, bis sie die felsigen Ausläufer erreichte, die zu dem Campingplatz hinaufführten.
Er war einer von ihnen, war gekommen, um Alicia zu holen und sie in jenes andere Leben zurückzubringen ... Nein!
Wild entschlossen sprang Christabel von Fels zu Fels, entschlossen, um ihre Tochter zu kämpfen, entschlossen, sie vor diesem Albtraum von einem Leben zu bewahren, das diese Männer für sie vorsehen würden. Sie würde nicht zulassen, dass man Alicia nach Europa zurückbringen würde. Niemals! Ihre Tochter war hier sicher. Wenn man sie beide doch nur in Kühe lassen und ihnen einfach erlauben würde, ein ganz normales Leben zu führen!
Christabel hatte den grasbewachsenen Rand des Wohnwagenparks erreicht und rannte mit klopfendem Herzen weiter. Ihr langes, feuchtes Haar peitschte ihr ins Gesicht. Leute aus benachbarten Wohnwagen riefen sie überrascht an, um den Grund für ihre auffällige Hast zu erfahren. Doch Christabel blieb nicht stehen, um zu antworten. Zuerst musste sie zu Alicia gelangen, bevor der Mann im Anzug sie finden würde. Wusste er, wo er suchen musste, in welchem Wohnwagen sie lebten? Sie konnte ihn nicht entdecken, aber er musste hier irgendwo sein.
Jetzt hatte sie es fast geschafft. Ein letzter Spurt, Christabel sprang über Zeltleinen und Heringe, bog um die Ecke ihres Wohnwagens ... und blieb wie angewurzelt stehen.
Er war da, der Mann im Anzug, und sprach mit ihrer Tochter. Aber er war nicht einer von ihnen.
Es war Jared, ihr Arbeitgeber in Broome. Jared King, der aber auch gar nichts mit denen zu tun hatte! Und wenn Christabel ehrlich war, war er der Hauptgrund, warum sie hier geblieben war, länger, als es vielleicht klug gewesen war.
„Stimmt etwas nicht?" fragte er, als er ihre Erregung bemerkte.
Christabel lehnte sich erleichtert an den Wohnwagen, presste eine Hand auf ihr wild pochendes Herz und fuhr sich mit der anderen durch das zerzauste schwarze Haar, das ihr in feucht schimmernden Kaskaden bis zur Taille reichte. Es war ihr peinlich, dass Jared sie so sah - ungeschminkt und ungekämmt, nur mit einem Badeanzug bekleidet und innerlich zu aufgewühlt, um ihre Gefühle zu verbergen.
„Warum
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