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Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)

Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)

Titel: Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Höftmann
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PROLOG
    Ruth Silberman war eine einfache, fromme Frau, die einfache, ereignislose Tage vor sich her schob. Seit zwanzig Jahren fuhr sie jeden Morgen um 7.30 Uhr zur Arbeit und um 16.30 Uhr wieder nach Hause in ihre Zwei-Zimmer-Wohnung in der Nähe von Tel Aviv. Dann kümmerte sie sich um die Enkelkinder und kochte ihrem Mann Moshe das koschere Abendbrot, das er um Punkt sieben Uhr aß. Während Moshe schmatzend Reis und Hühnchen in sich hinein schaufelte, stand Ruth meist am Fenster und beobachtete die Nachbarn. Man kannte sich, und sie war sich sicher, dass die anderen auch dastanden und beobachteten. Wie sonst konnte man sich erklären, dass alle immer über alles so gut Bescheid wussten?
    Ruth aß lieber erst dann, wenn Moshe fertig war. Seine Schmatzgeräusche verleideten ihr das Essen. Und da er ihre Musik nicht mochte – sie war ihm nicht fromm genug –, hatte sie keine andere Möglichkeit, den Geräuschen zu entgehen. Während sie aß, saß Moshe meistens in dem kleinen Wintergarten und las in der Bibel. Dann führte er das tägliche Abendgebet zu Ende, indem er das Schma Israel aufsagte.
    An diesem Morgen, an dem es für Israel ungewöhnlich stark regnete, fühlte Ruth Silberman sich leicht fiebrig. Bereits seit zwei Wochen war es selbst für Dezember außergewöhnlichkalt in Tel Aviv. Fast jeden Tag kam literweise Wasser vom Himmel. Die Menschen im Norden und in Jerusalem wurden von den zuständigen Behörden nachdrücklich gewarnt, das Haus nicht ohne entsprechende Kleidung zu verlassen. Im Norden lagen die Temperaturen nachts sogar bei Minusgraden, auf dem Hermon hatte es heftig geschneit, und man hatte Angst, dass Menschen erfrieren würden. In diesem Land konnte man nicht mit Regen und Kälte umgehen. Auch Ruth war nicht besonders gut auf das nasskalte Wetter eingestellt. Wahrscheinlich hatte sie sich nicht warm genug angezogen, und so meinte sie zu fühlen, wie eine Erkältung langsam in ihr hochkroch. Als sie wegen ihrer schlimmer gewordenen Gliederschmerzen schwerfällig aus dem alten Toyota stieg, den sie vor der Sprachschule geparkt hatte, hörte es wie auf Befehl auf zu regnen. Sogar Sonnenstrahlen bahnten sich ihren Weg durch die schweren Wolken.
    Ruth Silberman blieb einen Moment, mit dem Rücken an das Auto gelehnt, stehen. Den Kopf der Sonne zugewandt, schloss sie die Augen. Sie überlegte, was ihre Kinder und Enkelkinder wohl am Wochenende essen wollten und dass sie im Supermarkt noch Windeln für den jüngsten Nachwuchs ihres Sohnes Zvi kaufen musste, auf den sie manchmal aufpasste. Ja, die Sekretärin Ruth Silberman war eine einfache Frau. Unprätentiös, freundlich und ruhig. Früher hatte sie sich ein aufregenderes Leben erhofft. Als Jugendliche hatte sie davon geträumt, nach Europa oder in die USA zu fliegen und viele verschiedene Menschen kennenzulernen. Vielleicht als Krankenschwester zu arbeiten. Doch dann bekam sie ein Kind nach dem anderen, und mit jedem der zehn Kinder, die sie geboren hatte, verblasste derTraum vom Reisen ein wenig mehr. Sie hatte sich jedoch nie darüber beschwert. Bescheidenheit ist eine der wichtigsten Tugenden im Judentum.
    Doch an diesem Tag hatte Gott etwas vor mit Ruth Silberman. Er schüttelte ihr Leben durch und warf sie aus ihrem alltäglichen Allerlei. Denn an diesem Tag fand Ruth Silberman, geborene Finkelstein, eine Leiche neben der Sprachschule. Als Ruth die Tote entdeckte, wusste sie, dass sie heute garantiert nicht pünktlich nach Hause kommen würde. Und darüber freute sie sich diebisch.

KAPITEL 1
    Der Wecker klingelte zum zweiten Mal. Assaf Rosenthal drückte auf die Taste, die das nervige Dröhnen in seinem Ohr stoppte. Dann drehte er sich noch einmal stöhnend um. Das Ganze wiederholte sich kurze Zeit später. Nach etlichem Dröhnen, Drücken, Stöhnen und Umdrehen quälte sich der Kommissar um zwanzig nach acht schließlich aus dem Bett. Seine Füße platschten auf die kalten Fliesen. Sein Kopf dröhnte. Er war erst um zwei Uhr morgens ins Bett gekommen. Angetrunken. Yaron und er hatten im »12« bei einigen Gläsern Bier über Frauen und die Zeit beim Militär geredet. Es waren mindestens zwei Bier zu viel gewesen. Und dann noch die vielen Joints bei Yaron auf der Terrasse. Nun rächte es sich – Assaf hatte einen schweren Kopf. Er musste an Hanna denken, mit der er das letzte Mal, als er richtig viel getrunken hatte, zusammen gewesen war. Das war ja jetzt erst einmal vorbei. Ginge es nach seiner Mutter, waren die Zeiten, in denen er

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