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Auferstehung 3. Band (German Edition)

Auferstehung 3. Band (German Edition)

Titel: Auferstehung 3. Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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Offizier müsse so handeln, wie Posen gehandelt; ja, er fügte hinzu, hätte er anders gehandelt, so hätte ihn das Ehrengericht der Offiziere aus dem Regiment ausgestoßen.
    Ohne an der Unterhaltung teilzunehmen, hörte Nechludoff diese verschiedenen Reden an. In seiner Eigenschaft als früherer Offizier begriff er die Behauptungen des jungen Tscharsky und fand sie natürlicher, als er sich selbst zu gestehen wagte, andererseits konnte er sich bei dem Fall dieses Offiziers, der einen seiner Kameraden getötet, des Gedankens nicht erwehren, an einen jungen Mann zu denken, den er im Gefängnis gesehen und der wegen eines im Laufe eines Streites begangenen Mordes zur Zwangsarbeit verurteilt worden war.
    In beiden Fällen war die erste Ursache des Verbrechens die Trunkenheit gewesen. Der junge Bauer hatte unter dem Eindruck einer ungewöhnlichen Ueberreizung getötet, und um ihn dafür zu bestrafen, hatte man ihn von seinem Weibe und seinen Kindern getrennt, ihm Eisen an die Füße gelegt, ihm den halben Kopf rasiert und wollte ihn nun zur Zwangsarbeit verschicken; dagegen saß der Offizier, der unter ganz gleichen Bedingungen dasselbe Verbrechen begangen, in einem hübschen Zimmer in Arrest, aß gute Speisen, trank gute Weine, las ungehindert alle Bücher, die er lesen wollte, und wurde demnächst in Freiheit gesetzt, um sein altes Leben wieder aufzunehmen, wo er jetzt Aussicht hatte, von nun an mit noch größerer Rücksicht als bisher behandelt zu werden.
    Nechludoff konnte dem Verlangen, alles zu sagen, was er dachte, nicht widerstehen. Zuerst schien die Gräfin Katharina Iwanowna seine Ansichten zu billigen; kurz darauf schwieg sie jedoch ebenso wie die andern Tischgäste, und Nechludoff hatte die Empfindung, er habe mit seinen Bemerkungen etwas Unpassendes gesagt.
    Nach dem Diner gingen die Gäste in den großen Salon, den man der Gelegenheit entsprechend wie einen Schulsaal hergerichtet. Man hatte hier Bänke und Stühle in Reihen aufgestellt; im Hintergrund des Saales stand auf einer kleinen Estrade ein Tisch und ein Stuhl für den Redner. Schon kamen die Gäste in großer Zahl und freuten sich, den berühmten Kiesewetter hören zu können.
    Die Straße vor dem Hause füllte sich mit prächtigen Equipagen. In den reich ausgestatteten Salon traten in Seide, Sammet und Spitzen gekleidete Namen mit hoch aufgebauten Frisuren und künstlich verengerten Taillen. Mit ihnen kamen einige Männer, Civilisten und Militärs in Gala-Uniform, und Nechludoff sah zu seiner Verwunderung in dieser glänzenden Gesellschaft fünf Leute aus dem Volke: zwei Diener, einen Krämer, einen Handwerker und einen Kutscher.
    Kiesewetter, ein untersetzter kleiner Mann mit grauen Haaren, stieg auf die Estrade und begann seine Rede. Er sprach deutsch, und ein mageres junges Mädchen mit einem Lorgnon auf der Nase, übersetzte seine Worte stückweise.
    Er sagte, daß unsere Sünden so groß und die Strafen so schwer und unvermeidlich wären, daß es für uns ganz unmöglich wäre, in der Erwartung dieser Strafen ruhig zu leben.
    »Theure Brüder und Schwestern, denken wir einen Augenblick an uns selbst, an unser Leben, an die Art, wie wir handeln, wie wir den Zorn Gottes erregen; dann werden wir begreifen, daß es für uns keine Verzeihung, keinen Ausgang, kein Heil giebt und daß wir rettungslos verloren sind. Das schrecklichste Verderben, ewige Qualen sind uns bestimmt,« fügte er mit zitternder Stimme hinzu. »Wie uns retten? Meine Brüder, wie sollen wir uns aus diesem schrecklichen Brande retten? Schon hat er unser Haus ergriffen, und es fehlt uns jeder Ausweg!«
    Er schwieg. Richtige Thränen flossen über seine Wangen. Schon seit acht Jahren empfand er, wenn er an diese Stelle seiner Rede kam, die ihm am meisten gefiel, einen Krampf in der Kehle, und Thränen flossen über seine Wangen. Im Saal ließ sich Schluchzen vernehmen. Die fetten, entblößten Schultern der Gräfin Katharina Iwanowna wurden von heftigem Zittern ergriffen. Der Kutscher betrachtete den Redner mit einem Gemisch von Verwunderung und Entsetzen, wie er etwa einen Mann betrachtet hätte, den seine Pferde überfahren hätten. Wolffs Tochter, die mit auffälligem Luxus gekleidet war, war auf die Kniee gesunken und verbarg das Gesicht in den Händen.
    Inzwischen erhob der Redner wieder das Haupt, und auf seinen Lippen erschien ein Lächeln, wie es die Schauspieler zeigen, wenn sie die neu auftauchende Hoffnung andeuten wollen. Und mit sanfter und demütiger Stimme fuhr er

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