Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auferstehung 3. Band (German Edition)

Auferstehung 3. Band (German Edition)

Titel: Auferstehung 3. Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
Vom Netzwerk:
fort:
    »Aber die Rettung lebt. Sie ist uns erreichbar, sicher, leicht und fröhlich. Diese Rettung ist das für uns vergossene Blut des Gottessohnes. Sein Martyrium, sein für uns vergossenes Blut retten uns vor dem Verderben. Meine Brüder und Schwestern, danken wir Gott, der seinen einzigen Sohn für die Erlösung von des Menschen Sünden gnädiglich geopfert hat. Sein dreimal gesegnetes Blut...«
    Während dieser Rede war Nechludoffs Unbehagen so unerträglich geworden, daß er die allgemeine Aufregung benutzte, in diesem Augenblick auf den Fußspitzen hinausging und sich in sein Zimmer begab.

Viertes Kapitel
    Als Nechludoff sich am nächsten Morgen ankleidete, brachte ihm der Diener eine Karte des Advokaten Fajnitzin, der sich selbst auf den Weg gemacht hatte, nachdem er sein Telegramm erhalten. Er fragte Nechludoff nach den Namen der Senatoren, vor denen die Sache zur Verhandlung gelangen sollte.
    »Man möchte wahrhaftig glauben, sie wären absichtlich ausgesucht, um die verschiedenen Typen des Senators zu verkörpern,« rief er. »Wolff ist der Petersburger Beamte, Skoworosnikoff der gelehrte Jurist, und Be der praktische Jurist. Auf ihn können wir am meisten rechnen. Na, und wie steht's mit der Begnadigungskommission?«
    »Ich will eben zu dem Baron Worobjeff gehen. Gestern konnte ich nicht zu ihm gelangen.«
    »Wissen Sie, warum dieser Worobjeff Baron ist?« fragte der Advokat als Antwort auf die ironische Betonung, mit der Nechludoff diesen fremden Titel »Baron« aussprach, der einem so durchaus russischen Namen beigefügt war. »Der Kaiser Paul hat diesen Titel seinem Großvater verliehen, der bei ihm Kammerdiener war. Da dieser Diener ihm einige Dienste intimen Genres erwiesen hatte, so ernannte ihn der Kaiser zum Baron, denn einen russischen Titel wagte er ihm nicht zu geben, das hätte zu viel Geschrei gegeben. Seitdem haben wir die Barone Worobjeff. Und man muß sehen, wie stolz der Kerl auf seinen Titel ist. Uebrigens ein Stockfisch ohnegleichen. Ich habe einen Wagen vor der Thür; soll ich Sie hinbringen?«
    Auf der Freitreppe übergab der Portier Nechludoff ein Billet, das ein Diener eben für ihn gebracht. Es war von Mariette und lautete folgendermaßen:
    »Um Ihnen gefällig zu sein, habe ich ganz gegen meine Grundsätze gehandelt und mich bei meinem Manne für Ihren Schützling verwendet. Die betreffende Person kann sofort freigelassen werden. Mein Mann hat an den Kommandanten geschrieben. Machen Sie mir doch jetzt einen »uneigennützigen« Besuch, Ich erwarte Sie. – M.«
    »Wie?« rief Nechludoff; »diese Frau halten sie seit sieben Monaten in geheimem Gewahrsam, und jetzt entdecken sie, daß sie nichts verbrochen hat! Und es hat nur eines Wortes bedurft, um sie in Freiheit zu setzen!«
    »Darüber dürfen Sie sich nicht wundern,« sagte der Advokat lächelnd. »Sie sollten sich lieber freuen, daß Sie in dieser Sache durchgedrungen sind!«
    »Nein, ich mag thun, was ich will, dieser Erfolg erfüllt mich mit tiefer Bitterkeit. Ist es möglich, daß es so zugeht? Warum behielt man sie denn im Gefängnis?«
    »Wenn Sie das ergründen wollen, dann werden Sie sich nur selbst Sorgen bereiten.«
    Diesmal empfing der Baron Worobjeff. In dem ersten Zimmer, das Nechludoff betrat, saß ein junger Beamter mit ungeheuer langem Halse und stark hervortretendem Adamsapfel.
    »Ihr Name?« fragte er Nechludoff.
    Nechludoff nannte seinen Namen.
    »Ach, ganz recht; der Baron haben eben von Ihnen gesprochen. Sie werden gleich empfangen werden.«
    Der Beamte trat in das Zimmer im Hintergrunde und kam nach einer Minute in Begleitung einer schwarzgekleideten alten Dame, die ohne Unterbrechung weinte, wieder heraus.
    »Treten Sie gefälligst ein,« sagte der junge Beamte zu Nechludoff und deutete auf die Thür von des Barons Arbeitszimmer.
    Der letztere war eine magere, aber muskulöse Mittelfigur mit kurzgeschnittenen Haaren. Er saß an einem ungeheuren Schreibtisch und blickte wohlgefällig vor sich hin. Sein rotes Gesicht überflog ein wohlwollendes Lächeln, als er Nechludoff erblickte.
    »Bin entzückt, Sie zu sehen; Ihre Mutter und ich, wir waren die besten Freunde. Ich habe Sie als Kind und später als Offizier gekannt. Na, setzen Sie sich und sagen Sie mir, womit ich Ihnen dienen kann!«
    Nechludoff erzählte ihm Fedossjas Geschichte.
    »Sehr gut, sehr gut; ich sehe schon, um was es sich handelt,« sagte der Greis. »Das ist in der That sehr rührend, – Haben Sie ein Gnadengesuch

Weitere Kostenlose Bücher