Aufgedirndlt
sich neben Madleen und mich gesetzt und einen Joint gedreht.
Madleen hat von dem Mixgetränk getrunken und auch mitgeraucht. Dann hat sie völlig überraschend die Pistole, die Silvio neben sich in den Uferkies gelegt hatte, gezogen und ihn bedroht und beleidigt.
Weil ich mir nicht sicher war, ob Madleen das jetzt ernst meint oder nicht, weil sie doch schon ziemlich besoffen und bekifft war, habe ich versucht, ihr die Waffe aus der Hand zu reißen. Dabei hat sich ein Schuss gelöst, der den Silvio gestreift hat. Wegen des Bluts an seinem Bein ist der Silvio total durchgedreht – wahrscheinlich auch wegen der Drogen, die er genommen hat.
Und ziemlich gleichzeitig hat bei Madleen die Wirkung von dem GHB eingesetzt. Ich habe das nicht gewusst, aber der Silvio hat, als er im Auto war, heimlich GHB in die Dose mit dem Wodka gemischt. Für Madleen war das wahrscheinlich zu viel. Sie ist plötzlich bewusstlos geworden.
Ich kann mir vorstellen, dass der Silvio mit der Madleen dann eigentlich schon noch schlafen wollte. Aber die hat schon wie tot gewirkt. Das wundert mich, weil sonst, wenn wir Frauen Liquid Ecstasy gegeben haben, sind die immer noch relativ fit geblieben. Normalerweise bewegen sich die Frauen noch und machen auch mit beim Sex. Ich glaube deshalb, dass Madleen noch sehr viel anderes Zeug genommen hat. An dem GHB von uns kann es nicht liegen, dass sie gestorben ist. Die Dosis Liquid Ecstasy, die sie genommen hat, war garantiert nicht zu hoch.
Nachdem die Madleen sich also nicht mehr gerührt hat, haben wir sie gerüttelt, aber die gab keinen Mucks mehr von sich. Ich habe Mund-zu-Mund-Beatmung probiert, stabile Seitenlage und das alles. Ich bin mir total sicher, dass Madleen zu diesem Zeitpunkt schon tot gewesen ist. Eine Rettung habe ich nicht mehr für möglich gehalten. Also haben wir überlegt, was wir tun sollen. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir Madleen am besten in den See werfen. Wir konnten sie sowieso nicht mehr retten. Sie war tot. Und so würde es dann wenigstens so aussehen, als sei sie ertrunken, dachten wir uns. So war es.
Es tut mir leid. Es hört sich komisch an, aber ich habe mich an diesem Abend in Madleen verliebt. Der unglücklichste Mensch der Welt, das bin ich. Und Silvio hat das mit dem GHB sicher nicht mit Absicht gemacht. Das Ganze ist einfach dumm gelaufen.«
»Dumm gelaufen«, wiederholte Anne Loop. Und Kurt Nonnenmacher, der genauso wie Sepp Kastner, der Polizeilehrling Hobelberger und die anderen Polizisten der Dienststelle schweigend zugehört hatte, meinte nur: »Scheiß Designerdrogen.«
EPILOG
Das Geständnis von Tom Garner und die bisher festgestellten Fakten führten dazu, dass weder er noch Silvio Massone wegen Mordes verurteilt wurden. Ins Gefängnis kamen die beiden dennoch, daran konnte auch ihr versierter Rechtsanwalt angesichts der ihnen später nachgewiesenen Oktoberfest-Vergewaltigungen nichts ändern.
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass sich Anne Loop nach Abschluss des Falls mit besagtem Strafverteidiger zu einem, wie der Jurist es auf die seinem Berufsstand eigene einfühlsame Art formulierte, »unverbindlichen Kaffee« verabredete. Anne sah diesem Termin nicht ohne Herzklopfen entgegen.
Bereits Wochen vorher beendete der Scheich von Ada Bhai sein Casting. Was am See keinen überraschte, war die Tatsache, dass sich bei dem Wettbewerb die Einheimische Theresa Sonntag durchgesetzt hatte – und keines »dieser ostdeutschen Flittchen«, wie man hier und da an Stammtischen hören konnte.
Dass die vermeintlichen Flittchen insgesamt bei der bayerischen Bevölkerung gut ankamen, soll an dieser Stelle aber auch nicht verschwiegen werden. Die Bürgermeister im Tal, darunter auch der mysteriöserweise noch immer amtierende Alois Wax, verzeichneten in den folgenden Monaten dreißig Prozent mehr Hochzeiten als zu normalen, also araberfreien Zeiten. Etwa zehn Monate nach der Ankunft der Amazonen erblickten zudem im nahe gelegenen Kreiskrankenhaus auffällig viele bayerisch-sächsische Kinder das Licht der Welt.
Die Amazonen hatten den bayerischen Männern einfach nicht widerstehen können. Aus körperlicher Anziehung war nicht selten Liebe geworden. Und da die meisten Sächsinnen den See und die Berge nicht mehr verlassen wollten, beschlossen Pauline und ihre Gefährtinnen, das Kommunenleben zu beenden; einige von ihnen heirateten sogar.
Für viele im Tal war es eine unglaubliche Entwicklung, aber auch Hanni Hirlwimmer entschied sich für die Ehe.
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