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Aufgedirndlt

Aufgedirndlt

Titel: Aufgedirndlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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fragte Anne vorwurfsvoll.
    »Der Marder …«, erwiderte Frau Garner, »und Mäuse.«
    »Und die machen so einen Krach!«, fuhr Kastner Tom Garners Mutter an. Er stand auf, machte einige Schritte auf sie zu, und als er direkt vor ihr stand, sagte er: »Frau Garner, ich empfehle Ihnen, uns nicht anzulügen. Wo geht’s zum Dachboden?«
    Der Frau entfuhr ein Seufzer, dann sagte sie: »Zur Wohnungstür raus und die Treppe hoch …« Eine Träne kullerte ihr aus dem rechten Auge. Sie wandte sich ab.
    Als Kastner sich auf den Weg machen wollte, stoppte Anne ihn. »Ich mach’ das. Ich schau da nach. Bleib du hier.«
    »Anne, der Typ ist gefährlich!«, gab Kastner zu bedenken. »Vielleicht sollten wir erst Verstärkung anfordern.«
    »Stell du dich ins Treppenhaus«, wies Anne ihn an. »Dann hast du sie im Auge«, die Polizistin deutete mit ihrem Kopf in Richtung der still vor sich hin weinenden Mutter, »und kannst mich absichern.«
    »Soll nicht lieber ich …?«, versuchte es Kastner noch einmal.
    Doch Anne hatte noch eine Rechnung offen. Es war eine Rechnung mit sich selbst: Die Scham über die Niederlage mit dem überflüssigen Gentest saß noch immer tief. Aber sie war ehrgeizig. Sie brauchte Pluspunkte. Nicht wegen des Präsidiums, wegen Nonnenmacher oder irgendwem sonst. Es ging nur um sie selbst. Sie hatte in diesem Fall ins Klo gegriffen. Und jetzt bot sich eine Möglichkeit, ihre Ehre wiederherzustellen.
    »Es hat etwas mit Selbstachtung zu tun«, sagte Anne jetzt. Kastner verstand nicht. Er schaute verstört in ihre Richtung. Doch Anne war bereits im Flur der Wohnung und öffnete die Tür zum Treppenhaus. Dort zog sie die Waffe aus dem Holster, entsicherte sie und eilte mit leisen Schritten, immer mehrere Stufen auf einmal nehmend, die zwei Treppen in das Dachgeschoss hinauf. Oben, vor der schweren hellgrauen Metalltür, blieb sie einen Augenblick stehen und lauschte. Hinter der Tür war nichts zu hören. Unten stand jetzt Kastner bereit. Die Pistole in der rechten Hand, legte Anne die linke auf die schwarze Klinke. Dann zog sie die Dachbodentür vorsichtig auf – und zuckte sofort erschrocken zusammen, als dabei ein vernehmbares Quietschen ertönte.
    »Fuck«, flüsterte Anne und ging hastig links vom Türrahmen in Deckung.
    »Soll ich nicht doch hochkommen?«, raunte Kastner von unten herauf. Das, was sie hier taten, entsprach überhaupt nicht den Vorschriften, es war Wahnsinn.
    Anne antwortete nicht, sondern horchte. Ihr Herz pochte. Im Dachgeschoss war es still. Keine Lampe brannte. Das spärliche Licht, das die Tiefe des Raums schemenhaft erahnen ließ, kam vermutlich von einem Dachfenster.
    »Herr Garner«, rief Anne ins Halbdunkel hinein. Keine Antwort. »Herr Garner, ich bin Anne Loop – von der Polizei. Falls Sie hier oben sein sollten …«, Anne hielt kurz inne. Hatte ihre Stimme gerade gezittert?, »… dann sollten Sie jetzt schleunigst herauskommen. Wir haben nämlich ein paar Fragen an Sie.« Keine Reaktion. War es doch der Marder gewesen?
    »Anne, jetzt komm runter, ich fordere Kollegen an, die sollen den Dachboden durchsuchen.« Kastner klang nervös. Anne antwortete nicht auf seinen Vorschlag. Vielmehr machte sie drei schnelle Schritte: einen hin zur Mitte, einen nach vorn in den schlecht beleuchteten Dachboden hinein und sofort wieder einen nach links. Es rumpelte, und Anne entfuhr ein lautes »Au!«, als sie mit voller Wucht in ein halb hohes Metallschränkchen hineinkrachte. Ihr Oberschenkel brannte vor Schmerz. »Scheiße!«, entfuhr es ihr.
    »Anne, alles okay?«, fragte Kastner nach oben. Seine Stimme klang hilflos. Anne nickte reflexartig. Dann versuchte sie, sich zu orientieren. Der Dachboden schien aus einem einzigen großen Raum zu bestehen, der vollgestellt war mit dem üblichen Gerümpel: Schränke, ein Fahrrad, Umzugskartons, Koffer. In der Mitte hatte Frau Garner – oder wer auch immer – einen schmalen Gang freigelassen, der direkt auf ein Fenster zulief. Anne lauschte. Nichts. Wie gefährlich war, was sie hier tat? War Tom Garner hier? War er bewaffnet? Würde er auf sie schießen? Konnte sie das verantworten? Anne dachte an ihre Tochter. Lisa hatte schon keinen Vater …
    »Sepp«, rief Anne unwillkürlich zu Kastner hinaus.
    »Ja?«, kam es von unten zurück.
    »Ach nix«, sagte die Polizistin jetzt, aber zu leise, als dass Kastner es hätte hören können. Dann schloss Anne kurz die Augen und schlich katzengleich, halb in der Hocke und mit der Pistole im Anschlag,

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