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Aufstand der Fischer von St. Barbara

Aufstand der Fischer von St. Barbara

Titel: Aufstand der Fischer von St. Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Seghers
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Bucht. Sie fingen zu schreien an, waren schon wild mir diesem Zug zusammengestoßen, also da drunten lag endlich St. Barbara; sie trafen wirklich die andren, die waren genau wie sie weither gekommen, durch den Regen, die See entlang. Wenn alle kamen, das war nicht umsonst, irgend etwas mußte schon drunten geschehen in St. Barbara.    Alle trafen sich auf dem Fischmarkt. Er war zwar offen zum Hafen, aber mit seinen steinernen Wänden so gut wie ein Zimmer. „Also gekommen ist er." – „Was ihr nicht schwatzt!" – „Doch, er ist da." – „Nein, so was, daß er da ist." – „Das ist gut, daß er da ist." – „Ja, gut ist das!" – „Wirklich, hier St. Barbara?" – „Doch, eben hier." – „Drei Fünfel Anteil und neue Tarife!" – „Also, er ist gekommen." – „Ja, wahrhafig, drei Fünfel Anteil, sieben Pfennig das Kilo." – „Und neue Tarife, und drei Fünfel Anteil." Die Schenke war vollgestopf von Männern, der Laden war auch gleich vollgestopf, die Tür zur Schenke war ausgehängt.    Als Hull herunterkam, war es drunten schon voll. Es war kein Lärm – zwei, drei standen herum und redeten, ein paar horchten hin. Hull stellte sich zu den beiden und fing auch zu sprechen an. Jetzt horchten schon mehr, dann wurden alle still und sahen ihn an. Das war er also. Er fing von sich selbst an, von der „Alessia" und Port Sebastian, das hatten sie erst in Stücken aus dritter Hand gehört. Jetzt hörten sie's von ihm selbst. Dann sprach er von ihnen, von den Bedingungen der letzten Ausfahrten.    Er hatte schon lange nicht mehr ins Volle herein sprechen können. Zuerst kamen ihm seine Worte dürfig vor – winzige Hammerschläge auf einen Block –, dann fing der Block zu zucken und zu Dröckeln an, ihre Gesichter wurden zornig und gierig, hängten sich an seinen Mund, also, das war er, also das sprach er, genau das, was sie brauchten, kam da herausgesprungen, sie rissen ihm die Worte zwischen den Lippen heraus und fraßen sich voll damit.    Wenn man also nur wollte, wenn man sich nur ein wenig reckte und schüttelte, kamen die Leute von zwanzig Kilometer weit her. Wenn man sich nur ein bißchen zusammennahm und die Stimme erhob, dann duckte sich alles in einem drin, die fremde, schwere Masse vor einem wurde weich, die Wände weiteten sich.    Hull erblickte nah vor sich Kedenneks Gesicht. Er bemerkte ihn jetzt erst, Kedenneks Gesicht war unbewegt, seine Lippen waren zusammengepreßt wie immer. Hull redete und redete. Aber Kedenneks Lippen wurden immer schmälere Streifen.    Hull redete den Fischern zu, einen Beschluß anzunehmen, auf den sie sich alle verpflichteten und den sie in ihre Dörfer mitnehmen und dort anschlagen sollten:    . Es gehen Boten nach Port Sebastian, um Vorschuß zu fordern. 2. Neue Tarife werden bestimmt und neue Marktpreise für das Kilo festgesetzt.
    3. Kein Schiff und kein Mann fährt außer diesen Bedingungen im Frühjahr ab.
       Die Fischer mahlten mit ihren Kinnladen. Es war schon dunkel. Sie bogen die Köpfe zueinander, bogen sie auseinander, einige traten auf Hull zu, berührten ihn, fragten ihn aus. Schließlich nahmen sie alles an.    Die Versammlung ging jetzt zu Ende. Die um Hull herum sprachen noch durcheinander, einige hinten tranken, und an den Seiten fingen sie schon an, die Hände auf die Knie zu legen und vor sich hin zu sehen.    Anton Bruyks Frau hauchte auf die Scheibe, wischte sie blank und stierte hinaus. „Es kommen noch immer welche", sagte sie nach rückwärts. „Na, laß sie nur kommen", sagte Bruyk. – „Gehst nicht hinauf?" – „Wozu?" – „Kommt mal her, Kinder." Die beiden Mädchen standen auf den Fußspitzen am Fenster. Jetzt kamen sie langsam näher. Bruyk zog die eine aufs Knie und kraulte die andre. Jetzt war der Kopf des Vaters ganz nah, er war rund und komisch. Rund und blank und lustig waren die Augen, die Mädchen kicherten. Aber mittendrin in den blanken, lustigen Augen gab es Punkte, gar nicht lustig, die waren ganz spitz. Die Mädchen hörten plötzlich zu kichern auf. Aber Bruyk sagte bloß: „Ihr seid gute Mädchen und euer Bruder, mein Junge, der kommt an Ostern auf die Schule nach Port Sebastian."    Die Frau trennte sich seufzend vom Fenster. Alle Bruyks sahen aus wie eine Handvoll Murmeln, alle rollten sie durcheinander. Nach einer Weile kam der junge Bruyk, auch so ein runder, blanker. „Wo steckst du denn?" – „Auf dem Fischmarkt." – „Wirst dir die Finger verbrennen." –

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