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Auge um Auge

Auge um Auge

Titel: Auge um Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siobhan Vivian , Jenny Han
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viel dazu! Und mal abgesehen davon: Leuten zuzuwinken, die dann nicht zurückwinken, ist megapeinlich. Hoffentlich hat keiner was bemerkt.
    Ich glaube wirklich, Kat und ich könnten Freundinnen werden, wenn das hier vorbei ist. Was Lillia angeht, bin ich mir da nicht so sicher. Ich hoffe, wir können wenigstens ab und zu mal reden. Aber sie ist so beliebt, sie braucht nicht noch eine Freundin. Wenn wir wenigstens nicht mehr so tun müssten, als ob wir Fremde wären, wenn wir uns in der Öffentlichkeit begegnen – mehr darf ich wohl nicht erwarten.
    Unten, gleich vor der Tribüne, fängt die Jar Island Band jetzt mit einem Kampfsong an. Von meinem Platz in der obersten Reihe aus kann ich die Band nicht sehen, bloß die äußersten Ränder ihrer blitzenden Instrumente, die sich im Takt bewegen, und die weißen Federn an den Hüten der Musiker.
    Alle um mich herum singen mit. In Anspielung auf den Namen der Mannschaft wedeln sie mit den Armen, als wären es Möwenflügel, dazu stampfen sie mit den Füßen auf, was einen Höllenlärm macht.
    Den Song kenne ich nicht.
    Lillia und Rennie stehen in ihren Cheerleader-Uniformen auf dem Spielfeld. Rennie hält ein Megafon in der Hand, auf dem seitlich ein großes C aufgemalt ist, vermutlich weil sie Kapitän der Cheerleader ist. Die übrigen Mädchen des Teams stehen in einer perfekten geraden Reihe, die Zehen ihrer Keds berühren gerade eben die mit weißer Kreide gezogene Seitenlinie. Lillia, Rennie und Ashlin gehen die Reihe ab und inspizieren jede der Cheerleader genau – korrigieren den Fall der weißen Seidenschleifen, mit denen jede ihren Pferdeschwanz umwickelt hat, ziehen Pullis gerade, tupfen, wenn nötig, noch etwas Lipgloss auf. Am Ende der Reihe beraten sich Rennie und Lillia. Dann rennt Lillia los, holt Rennies weiße Pompons, und dann legen die drei los, schütteln zusammen mit dem Rest der Mannschaft ihre Pompons, um die Zuschauer auf der Tribüne in Stimmung zu bringen.
    Lillia und Rennie führen gemeinsam einen schnellen choreografierten Tanz auf, dabei lächeln oder lachen sie einander an. Immer mehr begreife ich, wie schwer es für Lillia sein muss, so zu tun, als wäre sie noch Rennies Freundin, während sie gleichzeitig Kat dabei hilft, ihr den Dolch in den Rücken zu stoßen. Jeder, an dem wir uns rächen, gehört zu Lillias Freunden, das muss man sich mal klarmachen.
    Jetzt erscheint das gegnerische Footballteam im Stadion und trabt auf die andere Seite des Spielfelds. Sie haben ihre eigenen Cheerleader mitgebracht und ihre Band, aber sie haben nicht einmal halb so viele Fans wie unsere Mannschaft. Klar, man muss die Fähre nehmen, um herzukommen, das macht für viele die Anreise unbequem. Für uns ist das ein Glück. So was nennt man wohl einen Heimvorteil.
    Unsere Band stimmt einen neuen Song an, und unsere Cheerleader nehmen eine andere Formation ein: Jetzt stehen sie in zwei langen Reihen nahe den Toren. Lillia und Rennie entrollen einen langen Bogen Packpapier über die gesamte Endzone. FIGHT, GULLS, FIGHT ! haben sie in leuchtend bunten, dicken Buchstaben daraufgeschrieben.
    Sekunden später fliegen die Türen zur Umkleide der Jungs auf, und eine Meute Footballspieler, die Helme fest in der Hand, stürmt heraus. Reeve führt sie mit Riesenschritten an, die übrigen Spieler aus seinem Jahrgang folgen im selben Tempo. Reeve ist der Erste, der mit lautem Knall das Packpapier durchstößt.
    Unter Reeves Augen sind schwarze Streifen gemalt, die Haare sind nass zurückgekämmt. In unserem Teil der Tribüne springen alle auf und jubeln den Spielern zu. Grinsend zeigt Reeve mit einem Finger in die Menge, so als meinte er eine ganz besondere Person dort, seine Mom oder seinen Dad zum Beispiel, so als wollte er diesem Menschen das Spiel widmen. Aber er macht damit weiter, zeigt mit dem Finger auf die Leute auf der ganzen Länge der Tribüne. Und alle jubeln, so als hätte Reeve gerade sie gemeint.
    Reeve Tabatsky, den alle anhimmeln.
    ···
    Es regnete in Strömen an jenem Tag. Die Fahrt zurück nach Jar Island war unruhig, die Fähre schwankte. Als wir anlegten, war Reeves Vater nicht da, um ihn abzuholen. Er kam auch sonst nie, aber ich hatte mir einfach vorgestellt, dass er bei solchem Regen eine Ausnahme machen würde.
    Moms Auto sah ich sofort, es stand an derselben Stelle wie immer. Schüchtern fragte ich Reeve, ob er mitfahren wolle, doch er sagte Nein, er werde einfach warten, bis der Regen aufhörte, und dann zu Fuß gehen.
    Während ich zu

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