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Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Titel: Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Freiherr von Eichendorff
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Mondflimmer
     recht scharf hin – es war der wilde Maler in seinem weißen Mantel. Er zog schnell einen Schlüssel hervor, schloß auf, und
     ehe ich michs versah, war er im Garten drin.
    Nun hatte ich gegen den Maler schon von Anfang eine absonderliche Pike wegen seiner unvernünftigen Reden. Jetzt aber geriet
     ich ganz außer mir vor Zorn. Das liederliche Genie ist gewiß wieder betrunken, dachte ich, den Schlüssel hat er von der Kammerjungfrau
     und will nun die gnädige Frau beschleichen, verraten, überfallen. – Und so stürzte ich durch das kleine, offen gebliebene
     Pförtchen in den Garten hinein.
    Als ich eintrat, war es ganz still und einsam drin. Die Flügeltür vom Gartenhause stand offen, ein milchweißer Lichtschein
     drang daraus hervor und spielte auf dem Grase und den Blumen vor der Tür. Ich blickte von weitem herein. Da lag in einem prächtigen
     grünen Gemach, das von einer weißen Lampe nur wenig erhellt war, die schöne gnädige Frau, mit der Gitarre im Arm, auf einem
     seidenen Faulbettchen, ohne in ihrer Unschuld an die Gefahren draußen zu denken.
    Ich hatte aber nicht lange Zeit, hinzusehen, denn ich bemerkte soeben, daß die weiße Gestalt von der andern Seite ganz behutsam
     hinter den Sträuchern nach dem Gartenhause zuschlich. Dabei sang die gnädige Frau so kläglich aus dem Hause, daß es mir recht
     durch Mark und Bein ging. Ich besann mich daher nicht lange, brach einen tüchtigen Ast ab, rannte damit gerade auf den Weißmantel
     los und schrie aus vollem Halse «Mordio!» daß der ganze Garten erzitterte.
    Der Maler, wie er mich so unverhofft daherkommen sah, nahm schnell Reißaus und schrie entsetzlich. Ich schrie noch besser,
     er lief nach dem Hause zu, ich ihm nach – und ich hatte ihn beinahe schon erwischt, da verwickelte ich mich mit den Füßen
     in den fatalen Blumenstücken und stürzte auf einmal der Länge nach vor der Haustür hin.
    «Also du bist es, Narr!» hört ich da über mir ausrufen, «hast du mich doch fast zum Tode erschreckt.» – Ich raffte mich geschwind
     wieder auf, und wie ich mir den Sand und die Erde aus den Augen wischte, steht die Kammerjungfer vor mir, die soeben bei dem
     letzten Sprunge den weißen Mantel von der Schulter verloren hatte. «Aber», sagte ich ganz verblüfft, «war denn der Maler nicht
     hier?» – «Ja freilich», entgegnete sie schnippisch, «sein Mantel wenigstens, den er mir, als ich ihm vorhin im Tor begegnete,
     umgehängt hat, weil mich fror.» – Über dem Geplauder war nun auch die gnädige Frau von ihrem Sofa aufgesprungen und kam zu
     uns an die Tür. Mir klopfte das Herz zum Zerspringen. Aber wie erschrak ich, als ich recht hinsah und anstatt der schönen
     gnädigen Frau auf einmal eine ganz fremde Person erblickte!
    Es war eine etwas große, korpulente, mächtige Dame mit einer stolzen Adlernase und hochgewölbten schwarzen Augenbrauen, so
     recht zum Erschrecken schön. Sie sah mich mit ihren großen, funkelnden Augen so majestätisch an, daß ich mich vor Ehrfurcht
     gar nicht zu fassen wußte. Ich war ganz verwirrt, ich machte in einem fort Komplimente und wollte ihr zuletzt gar die Hand
     küssen. Aber sie riß ihre Hand schnell weg und sprach dann auf italienisch zu der Kammerjungfer, wovon ich nichts verstand.
    Unterdes aber war von dem vorigen Geschrei die ganze Nachbarschaft lebendig geworden. Hunde bellten, Kinder schrien, zwischendurch
     hörte man einige Männerstimmen, die immer näher und näher auf den Garten zukamen. Da blickte mich die Dame noch einmal an,
     als wenn sie mich mit feurigen Kugeln durchbohren wollte, wandte sich dann rasch nach dem Zimmer zurück, während sie dabei
     stolz und gezwungen auflachte, und warf mir die Tür vor der Nase zu. Die Kammerjungfer aber erwischte mich ohne weiteres beim
     Flügel und zerrte mich nach der Gartenpforte.
    «Da hast du wieder einmal recht dummes Zeug gemacht», sagte sie unterwegs voller Bosheit zu mir. Ich wurde auch schon giftig.
     «Nun, zum Teufel!» sagte ich, «habt Ihr mich denn nicht selbst hierher bestellt?» – «Das ists ja eben», rief die Kammerjungfer,
     «meine Gräfin meinte es so gut mit dir, wirft dir erst Blumen aus dem Fenster zu, singt Arien – und das ist nun ihr Lohn! Aber mit dir ist nun einmal nichts anzufangen; du trittst dein Glück ordentlich mit Füßen.» – «Aber», erwiderte
     ich, «ich meinte die Gräfin aus Deutschland, die schöne gnädige Frau.» – «Ach», unterbrach sie mich, «die ist ja lange

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