Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen
tanzten sie alle lieblich im Grünen in der klaren, stillen Luft, und mir lachte
das Herz recht im Leibe, wie die schlanken Mädchen und die Kammerjungfer mitten unter ihnen sich mit aufgehobenen Armen wie
heidnische Waldnymphen zwischen dem Laubwerke schwangen und dabei jedesmal in der Luft mit den Kastagnetten lustig dazu schnalzten.
Ich konnte mich nicht länger halten, ich sprang mitten unter sie hinein und machte, während ich dabei immerfort geigte; recht
artige Figuren.
Ich mochte eine ziemliche Weile so im Kreise herumgesprungen sein und merkte gar nicht, daß die andern unterdes anfingen müde
zu werden und sich nach und nach von dem Rasenplatze verloren. Da zupfte mich jemand von hinten tüchtig an den Rockschößen.
Es war die Kammerjungfer. «Sei kein Narr», sagte sie leise, «du springst ja wie ein Ziegenbock! Studiere deinen Zettel ordentlich
und komm bald nach, die schöne, junge Gräfin wartet.» – Und damit schlüpfte sie in der Dämmerung zur Gartenpforte hinaus und
war bald zwischen den Weingärten verschwunden.
Mir klopfte das Herz, ich wäre am liebsten gleich nachgesprungen. Zum Glück zündete der Kellner, da es schon dunkel geworden
war, in einer großen Laterne an der Gartentür Licht an. Ich trat heran und zog geschwind den Zettel heraus. Da war ziemlich
kritzlich mit Bleifeder das Tor und die Straße beschrieben, wie mir die Kammerjungfer vorhin gesagt hatte. Dann stand: «Elf
Uhr an der kleinen Tür.»
Da waren noch ein paar lange Stunden hin! Ich wollte mich dessenungeachtet sogleich auf den Weg machen, denn ich hatte keine
Rast und Ruhe mehr; aber da kam der Maler, der mich hierher gebracht hatte, auf mich los. «Hast du das Mädchen gesprochen?»
fragte er, «ich seh sie nun nirgends mehr; das war das Kammermädchen von der deutschen Gräfin.» – «Still, still!» erwiderte
ich, «die Gräfin ist noch in Rom.» – «Nun, desto besser», sagte der Maler, «so komm und trink mit uns auf ihre Gesundheit!»
Und damit zog er mich, wie sehr ich mich auch sträubte, in den Garten zurück.
Da war es unterdes ganz öde und leer geworden. Die lustigen Gäste wanderten, jeder sein Liebchen am Arme, nach der Stadt zu,
und man hörte sie noch durch den stillen Abend zwischen den Weingärten plaudern und lachen, immer ferner und ferner, bis sich
endlich die Stimmen tief in dem Tale im Rauschen der Bäume und des Stromes verloren. Ich war noch mit meinem Maler und dem
Herrn Eckbrecht – so hieß der andere junge Maler, der sich vorhin so herumgezankt hatte – allein oben zurückgeblieben. Der
Mond schien prächtig im Garten zwischen die hohen dunklen Bäume herein, ein Licht flackerte im Winde auf dem Tische vor uns
und schimmerte über den vielen vergessenen Wein auf der Tafel. Ich mußte mich mit hinsetzen, und mein Maler plauderte mit
mir über meine Herkunft, meine Reise und meinen Lebensplan. Herr Eckbrecht aber hatte das junge, hübsche Mädchen aus dem Wirtshause,
nachdem sie uns Flaschen auf den Tisch gestellt, vor sich auf den Schoß genommen, legte ihr die Gitarre in den Arm und lehrte
sie ein Liedchen darauf klimpern. Sie fand sich auch bald mit den kleinen Händchen zurecht, und sie sangen dann zusammen ein
italienisches Lied, einmal er, dann wieder das Mädchen eine Strophe, was sich in dem schönen, stillen Abend prächtig ausnahm.
– Als das Mädchen dann weggerufen wurde, lehnte sich Herr Eckbrecht mit der Gitarre auf die Bank zurück, legte seine Füße
auf einen Stuhl, der vor ihm stand, und sang nun für sich allein viele herrliche deutsche und italienische Lieder, ohne sich
weiter um uns zu bekümmern. Dabei schienen die Sterne prächtig am klaren Firmament, die ganze Gegend war wie versilbert vom
Mondschein, ich dachte an die schöne Frau, an die ferne Heimat und vergaß darüber ganz meinen Maler neben mir. Zuweilen mußte
Herr Eckbrecht stimmen, darüber wurde er immer ganz zornig. Er drehte und riß zuletzt an dem Instrument, daß plötzlich eine
Saite sprang. Da warf er die Gitarre hin und sprang auf. Nun wurde er erst gewahr, daß mein Maler sich unterdes über seinen
Arm auf den Tisch gelegt hatte und fest eingeschlafen war. Er warf schnell einen weißen Mantel um, der auf einem Aste neben
dem Tische hing, besann sich aber plötzlich, sah erst meinen Maler, dann mich ein paarmal scharf an, setzte sich darauf, ohne
sich lange zu bedenken, gerade vor mich auf den Tisch hin, räusperte sich, rückte
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