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Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Titel: Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Freiherr von Eichendorff
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Nase und mit hellem Silberblicke
     auf der kahlen Platte und mit Goldschnitt auf den paar noch übrigen Haaren! Ja, nur heraus mit dem verruchten Zettel, den
     du da vorhin vor mir versteckt hast! Was hast du wieder angezettelt? Von wem ist der Wisch, und an wen ist er?»
    Aber das Mädchen sträubte sich standhaft, und je eifriger die andern den erbosten jungen Menschen umgaben und ihn mit großem
     Lärm zu trösten und zu beruhigen suchten, desto erhitzter und toller wurde er von dem Rumor, zumal das Mädchen auch ihr Mäulchen
     nicht halten konnte, bis sie endlich weinend aus dem verworrenen Knäuel hervorflog und sich auf einmal ganz unverhofft an
     meine Brust stürzte, um bei mir Schutz zu suchen. Ich stellte mich auch sogleich in die gehörige Positur, aber da die andern
     in dem Getümmel soeben nicht auf uns achtgaben, kehrte sie plötzlich das Köpfchen nach mir herauf und flüsterte mir mit ganz
     ruhigem Gesicht sehr leise und schnell ins Ohr: «Du abscheulicher Einnehmer! um dich muß ich das alles leiden. Da, steck den
     fatalen Zettel geschwind zu dir, du findest darauf bemerkt, wo wir wohnen. Also zur bestimmten Stunde, wenn du ins Tor kommst,
     immer die einsame Straße rechts fort!» -
    Ich konnte vor Verwunderung kein Wort hervorbringen, denn wie ich sie erst recht ansah, erkannte ich sie auf einmal: es war
     wahrhaftig die schnippische Kammerjungfer vom Schlosse, die mir damals an dem schönen Sonntagsabende die Flasche mit Wein
     brachte. Sie war mir sonst niemals so schön vorgekommen, als da sie sich jetzt so erhitzt an mich lehnte, daß die schwarzen
     Locken über meinen Arm herabhingen. – «Aber, verehrte Mamsell», sagte ich voller Erstaunen, «wie kommen Sie –» – «Um Gottes
     willen, still nur, jetzt still!» erwiderte sie und sprang geschwind von mir fort auf die andere Seite des Gartens, eh ich
     mich noch auf alles recht besinnen konnte.
    Unterdes hatten die andern ihr erstes Thema fast ganz vergessen, zankten aber untereinander recht vergnüglich weiter, indem
     sie dem jungen Menschen beweisen wollten, daß er eigentlich betrunken sei, was sich für einen ehrliebenden Maler gar nicht
     schicke. Der runde, fixe Mann aus der Laube, der – wie ich nachher erfuhr – ein großer Kenner und Freund von Künsten war und
     aus Liebe zu den Wissenschaften gern alles mitmachte, hatte auch sein Stäbchen weggeworfen und flanierte mit seinem fetten
     Gesichte, das vor Freundlichkeit ordentlich glänzte, eifrig mitten in dem dicksten Getümmel herum, um alles zu vermitteln
     und zu beschwichtigen, während er dazwischen immer wieder die lange Kadenz und das schöne Tableau bedauerte, das er mit vieler
     Mühe zusammengebracht hatte.
    Mir war es so sternklar im Herzen, wie damals an dem glückseligen Sonnabend, als ich am offenen Fenster vor der Weinflasche
     bis tief in die Nacht hinein auf der Geige spielte. Ich holte, da der Rumor gar kein Ende nehmen wollte, frisch meine Violine
     wieder hervor und spielte, ohne mich lange zu besinnen, einen welschen Tanz auf, den sie dort im Gebirge tanzen und den ich
     auf dem alten, einsamen Waldschlosse gelernt hatte.
    Da reckten alle die Köpfe in die Höh. «Bravo, bravissimo, ein deliziöser Einfall!» rief der lustige Kenner von den Künsten
     und lief sogleich von einem zum andern, um ein ländliches Divertissement, wie ers nannte, einzurichten. Er selbst machte den
     Anfang, indem er der Dame die Hand reichte, die vorhin in der Laube gespielt hatte. Er begann darauf außerordentlich künstlich
     zu tanzen, schrieb mit den Fußspitzen allerlei Buchstaben auf den Rasen, schlug ordentliche Triller mit den Füßen und machte
     von Zeit zu Zeit ganz passable Luftsprünge. Aber er bekam es bald satt, denn er war etwas korpulent. Er machte immer kürzere
     und ungeschicktere Sprünge, bis er endlich ganz aus dem Kreise heraustrat und heftig hustete und sich mit seinem schneeweißen
     Schnupftuche unaufhörlich den Schweiß abwischte. Unterdes hatte auch der junge Mensch, der nun wieder ganz gescheit geworden
     war, aus dem Wirtshause Kastagnetten herbeigeholt, und ehe ich michs versah, tanzten alle unter den Bäumen bunt durcheinander.
     Die untergegangene Sonne warf noch einige rote Widerscheine zwischen die dunklen Schatten und über das alte Gemäuer und die
     von Efeu wild überwachsenen, halb versunkenen Säulen hinten im Garten, während man von der andern Seite tief unter den Weinbergen
     die Stadt Rom in den Abendgluten liegen sah. Da

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