Aus der Spur
Gespräch abhören lassen. Vielleicht verplappert er sich ja. « In Erwartung der bevorstehenden Jagd pumpte Changs Herz Blut in seine Muskeln.
» Meinst du, du bekommst dafür einen Gerichtsbeschluss? Oder für seine Wohnung? «
» Irgendwann schon. Seine Adresse steht da drin « , meinte Chang und wies auf eine Aktenmappe.
» Byrd wird merken, dass ich da mit drinstecke. « Es war nur eine Feststellung; Nelson klang nicht ernsthaft besorgt.
» Stimmt. « Wenn Byrd ihnen jetzt in die Quere kam, dann würde Chang dafür sorgen, dass es der letzte Fehler war, den der Colonel in seinem Leben begehen würde.
Kapitel 51
Verfolgungswahn
Greenville, Delaware, Freitagnachmittag
Manchmal machte er sich selber Angst. Shamus legte den Hörer auf und sah auf die Uhr. Es war Viertel vor eins, und er sollte eigentlich zurück ins Autohaus. Aber erst musste er sich noch um ein paar Dinge kümmern.
Am Morgen hatte er erneut so heftige Kopfschmerzen gehabt, dass er befürchtet hatte, wieder Nasenbluten zu bekommen. Und das Gespräch mit dem nervösen Quasipolizisten ließ ihm auch keine Ruhe. Der Trottel hatte irgendetwas gewusst. Aber was?
Das Problem waren nicht die Fragen, die Nelson ihm gestellt hatte, sondern die, die er ihm nicht gestellt hatte. Warum hatte Nelson keinen der anderen Morde erwähnt? Wenn eines der Opfer zu ihm zurückverfolgt werden konnte, dann überprüften die Cops doch sicher, ob das vielleicht auch auf die anderen zutraf. Shamus hätte wohl jede Verbindung zu denjenigen Kunden, die kein Auto bei ihm gekauft hatten, glaubwürdig abstreiten können; aber er hatte erwartet, dass die Sache zumindest zur Sprache kommen würde. Dass aber genau das nicht der Fall gewesen war, ließ ihm keine Ruhe.
Bald würden die Bullen Myrtles letzte Ruhestätte, sein » Objet d’art « , entdeckt haben. Und wenn sie sich bei Patriot Motors über die alte Dame erkundigten, dann würden sich seine Kollegen ohne Zweifel an » Shamus’ Flamme « erinnern. Das aber ging gar nicht.
Shamus überlegte, ob er ein paar Morde außerhalb von Delaware begehen sollte, um die Bullen auf eine falsche Fährte zu locken. Doch plötzlich ging ihm auf, woher er Nelsons Namen kannte. Seine Recherche! Shamus hatte die Artikel über Chang und seine Fehlschläge in New York geschreddert, aber er hätte schwören können, dass der Name seines alten Partners Nelson Rogers lautete. Der Kerl war verrückt geworden oder so was. Anscheinend ging es ihm wieder besser. Shamus begriff, dass nun vielleicht alles über ihm zusammenbrechen würde, ohne dass er die Möglichkeit hätte zu fliehen.
Die Wände des Zimmers schienen ihn erdrücken zu wollen. Shamus drehte die Stereoanlage auf volle Lautstärke, um sein Frustgebrüll zu übertönen. Diesmal ließ seine Panik nicht wieder nach. Vielmehr gaben ihr seine Schreie immer neue Nahrung, und Shamus hatte das Gefühl, sein Kopf würde in Flammen aufgehen. Er rannte ins Badezimmer, hatte aber keine Zeit, das Waschbecken volllaufen zu lassen, und steckte seinen Kopf in die Kloschüssel.
Furcht gab der Klarheit nach. Schließlich hatten viele Leute Geistesblitze auf dem Klo, oder nicht?
Shamus’ Haare tropften, und aus Gewohnheit betätigte er die Spülung. Die Fliesen an den Wänden warfen sein Gelächter zurück. Vielleicht sollte er die Stadt tatsächlich verlassen. Aber er brauchte noch ein bisschen Zeit.
War Nelson der Einzige, der einen Zusammenhang zwischen ihm und den Morden herstellen konnte? Niemand hatte Shamus je zuvor solche Angst gemacht oder ihn dazu gebracht, sich selbst derart zu erniedrigen…
Shamus wollte aber die Sache auf seine Art beenden. Mithilfe der zwanzigtausend Kröten von Myrtle konnte er bestimmt schnell untertauchen. Doch zuerst wollte er dieser neugierigen Vogelscheuche ein paar Antworten abluchsen.
Nelson war kein potenzieller Kunde, also musste Shamus zunächst einmal herausfinden, wo er wohnte. Der Typ arbeitete im Hauptquartier der State Police, aber sich dort einzuschleichen wäre doch etwas zu dreist. Leider hatte er nicht die Zeit dafür, sonst wäre Shamus ihm einfach nach Hause gefolgt.
Auf Verdacht schlug Shamus das Telefonbuch auf und suchte nach dem Namen auf der Visitenkarte. Gleich unter » Rogers, Nadine « fand er: »Rogers, Nelson«. Nicht » N. Rogers « , sondern Nelson. Der Kerl wohnte im Stadtteil Bear, wahrscheinlich in einem der dortigen Apartment- oder Reihenhäuser. Das war mehr als bloße Intuition. Das war Schicksal. Lasst die Spiele
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