Auschwitz - Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde
hatten.« – Häftlingsarzt Weisskopf am 10 . Juli 1964 in einem Brief an den Frankfurter Generalstaatsanwalt Fritz Bauer über die Liquidierung des »Zigeunerlagers« in der Nacht vom 1 . zum 2 . 8 . 1944 : »[Es] wurde im Zigeunerlager ein eigener Arbeitstransport zusammengestellt, für alle Zigeuner, egal, ob Mann oder Frau, die sich noch arbeitsfähig fühlten. ›Ihr kommt in bessere Lebensbedingungen‹, wurde ihnen gesagt, ›wenn ihr arbeiten werdet, bekommt ihr mehr zum Essen.‹« Danach wird ein Transportzug auf die Birkenauer Rampe geschoben, direkt zur kurzen Seite des Zigeunerlagers. 1408 Menschen (Czech) werden einwaggoniert. Der Zug bleibt stundenlang stehen, die Schiebetüren werden nicht geschlossen, der Starkstrom des Lagerzauns ist abgeschaltet. Weisskopf: »Ein Ereignis, das sich noch nie abgespielt hatte. Kein einziger SS -Mann war zu sehen. Die zurückgebliebenen Alten, Schwachen und Kinder konnten so stundenlang Abschied nehmen von Söhnen, Töchtern, Vätern und Müttern. Sie durften über, resp. durch den ungeladenen Draht Flaschen mit Wasser, Stücke Brot und andere Liebesgaben ihren Leuten übergeben. Dann wurden die Türen der Viehwagen geschlossen, der Zug rollte ab, die Zigeuner im Lager wurden fortgejagt, und die Lampen flammten auf als Zeichen, daß die Lagerumzäunung wieder unter Hochspannung stehe.« Das Ende: »Wenige Minuten nach Abfahrt des Transports kam der Befehl: Strengste Lagersperre! Niemand durfte aus der Baracke, schwerbewaffnete SS besetzte das Lager, Maschinengewehre wurden in Stellung gebracht, lange Reihen von Lastautos und SS zu Motorrad mit leichten Maschinenpistolen fuhren über die Lagerstraße. Eine Horde brüllender, sich wie rasend gebärdender SS der verschiedensten Dienstgrade begann blockweise die Zigeuner aufzuladen und fortzufahren, immer begleitet von SS zu Motorrad.« Q.: MV , Bd. 27 .
Bonitz , Bernhard
Häftling Nr. 6
* 11 . 6 . 1907 Chemnitz. Einer von 30 Kriminellen aus dem KZ Sachsenhausen, am 20 . 5 . 1940 als Funktionshäftling nach Auschwitz überstellt. August 1941 Oberkapo in Buna-Monowitz. Februar bis Juni 1944 Lagerältester des Außenlagers ( AL ) Günthergrube, danach AL Fürstengrube (HvA 12 ). Häftling Jozef Mikusz (Nr. 7794 ) im Auschwitz-Prozeß: »Damals hat jeder geschlagen, der etwas zu sagen hatte.«
Bonse , Hans
SS -Unterscharführer
* 10 . 7 . 1912 Goslar. † 3 . 12 . 1944 Waldshut. – Die Überlebende Sternberg in ihrem Bericht
In der Hölle von Auschwitz
über die Aufnahmeprozedur in der sog. Sauna: » SS -Männer gingen laufend durch mit ihren Hunden und beschauten sich die Frauen, die ihnen preisgegeben waren. Zwei SS -Männer mit Hunden paßten auf. Wer nicht unter das Wasser ging, wurde mit dem Hunde unter das Wasser gehetzt, mit der Bemerkung: Hoffentlich verendet ihr bald.« Der damals 14 jährige Robert Jehoshua Büchler über die Aufnahmeprozedur in der Sauna: »Zuerst wurde uns befohlen, uns zu entkleiden. Das war ein beschämender und erniedrigender Anblick, für mich war es geradezu schockierend und brachte mich in große Verlegenheit. Niemals zuvor hatte ich meinen Vater nackt gesehen, auch nicht all die anderen Männer, darunter angesehene Leute aus der Gemeinde, die plötzlich nackt und hilflos vor mir standen. Ich konnte den Schock, den mir das bereitete, kaum verkraften.«
Borbala , Julianna (Mädchenname)
Häftlingsärztin
* 29 . 10 . 1914 Ujpest. Borbala über ihr Eintreffen April 1944 : »Bei unserer Ankunft in Auschwitz-Birkenau wurden die Ärzte ausgesondert. Meine Mutter und meine jüngere Schwester wurden sofort ins Krematorium gebracht. Mich wies man in das ›Mexiko‹ genannte Lager ein. Nach einigen Wochen wurde ich Arzt eines Blockes.« Nach 1945 Ärztin in Budapest. Q.: MV , Bd. 23 . – Das in der Lagersprache
Mexiko
genannte Lager lag in Birkenau im Bauabschnitt B III , Ende 1943 begonnen, Bauarbeiten am 11 . 4 . 1944 eingestellt. Nur einige Baracken, ohne Wasser und sanitäre Anlagen. 1944 , zur Zeit der Ungarn-Transporte, sind hier nicht registrierte ungarische Jüdinnen weggesperrt, zum Teil nackt. Baretzki im Auschwitz-Prozeß: »Im Sommer 1944 wurden viele Leute nach Auschwitz geschickt. Sie sind alle nach Mexiko hingeschickt worden: dort gab es keine Verpflegung, kein Licht, und sobald Platz in der Gaskammer war, sind sie von dort in die Gaskammer gekommen. Mexiko, das war offiziell ein Ausweichlager. Tausende sind dort hineingestopft worden. So ein
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