Ausgewechselt
sich kleine Dampfwölkchen. Auch sein Vater Enrico war in eine Wolke gehüllt, allerdings nicht aus Wasserdampf, sondern aus Zigarettenrauch.
Leo hielt es nicht mehr aus: »Papa, am Sonntag kommt einer, um mich zu beobachten.«
Enricos Augen leuchteten auf wie die Glut an seiner Zigarette. »Ein Beobachter? Von welchem Verein?«
»Das hat Manlio nicht gesagt, aber es muss ein ziemlich wichtiger sein.«
Sein Vater nahm einen langen Zug, dann warf er den Zigarettenstummel auf den Boden und trat ihn mit dem Stiefel aus, während er ein paar große Klubs aufzählte. »Das ist deine Chance, Leo!«
Der Junge nickte, seine Augen glänzten. »Der Scout kommt extra wegen mir, Papa. Manlio hat es mir zu verstehen gegeben, er meinte, er würde viel von mir erwarten.«
Enrico legte seinen Arm um Leos Schulter, gut gelaunt gingen sie zum Parkplatz. »Du schaffst das, du schaffst das. Du bist der Beste, du hast alle Trümpfe in der Hand! Wie lange haben wir auf diesen Moment gewartet?«
»Seitdem ich mit dem Fußballspielen angefangen habe«, antwortete Leo lächelnd.
»Du bist der geborene Fußballer«, unterstrich sein Vater aufgeregt, »ich habe es immer gewusst. Ich habe immer davon geträumt.«
Leo schossen Gedanken an seine Kindheit durch den Kopf. Im Vergleich zu seinen Freunden war er zu klein, zu dick, zu steif und zu langsam gewesen. Zu allem geeignet, nur nicht für Sport, schon gar nicht für Fußball. Er erinnerte sich an all die pfeilschnellen, gelenkigen Jungs um ihn herum, die ihn schubsten, ihm das Bein stellten und ihn anschrien, endlich den Ball abzugeben. Er war nicht der geborene Fußballer, er war dazu geworden. Er hatte die anderen beobachtet, ihre Bewegungen, ihre Schusstechnik, die Haltung ihrer Beine und ihrer Arme, und davon gelernt. Alle diese Bewegungsabläufe hatte er in seiner Erinnerung abgespeichert und wiederholte sie in Zeitlupe. Er lernte durch Imitation, durch Nachahmung und Willenskraft.
Sein Körper war nicht der eines Athleten, aber er hatte sich schnell angepasst, er hatte ihn gezwungen, sich nach seinen Vorstellungen zu verändern. In einem Sommer war Leo zur Verblüffung aller fast zwanzig Zentimeter gewachsen, sogar der Arzt war überrascht gewesen: Sein Körper hatte sich in die Höhe gereckt wie die Ranke der Zauberbohne, die in einer Nacht bis in den Himmel wächst. Und während der Körper sich reckte und streckte, verwandelte sich das Fett in Muskeln, der Bauchspeck verschwand, der Brustkorb weitete sich, Beine, Arme und Nacken wurden stark und gelenkig. Sein unermüdlicher Fleiß wurde belohnt, er war stolz auf sich. Leo, das Dickerchen, wie ihn seine Großmutter liebevoll nannte, war Vergangenheit. Jetzt war er Leo der Große, der Athlet, der Fußballer.
Enrico hatte immer gewusst, dass sein Leo stark wie ein Löwe werden würde. Größer und schlanker als er, mit einem rhythmischen, elastisch-federnden Gang, der ihn von der Masse abhob. Die breiten Schultern, die dunkle Lockenpracht, der stolze, durchdringende Blick, den er von irgendeinem kriegerischen Vorfahren geerbt haben musste. Sein Junge war der geworden, der er selbst nie hätte sein können, und jedes Mal, wenn Enrico an ihn dachte, überkamen ihn Freude und Ergriffenheit.
Auch jetzt war der Vater gerührt, man sah es an seinem glückseligen Lächeln und dem leichten Rotton, der seine Wangen überzog, während er Leo an sich drückte, Schulter an Schulter, auch wenn die seines Sohnes etwas höher waren als seine eigenen.
»Bravo, Leo. Bravo. Wir haben es geschafft.«
»Wart’s ab, Papa, warte bis Sonntag.«
»Es wird alles gut gehen.«
Leo senkte den Blick und sagte übermütig: »Hey, das bringt Unglück! Wir sollten lieber die guten Geister beschwören.«
Enrico blieb stehen und sah ihn belustigt an. »Bist du plötzlich abergläubisch?«
Leo zuckte mit den Schultern. »Man weiß nie.«
Sie hatten den Motorroller erreicht, Leo öffnete das Kettenschloss. Enrico sah wie gebannt zu, als würde sein Sohn eine Schatztruhe öffnen. Dann schlug er sich mit der Hand gegen die Stirn. »Ah, das hätte ich fast vergessen. Sandra hat zweimal angerufen.«
Leo legte das Schloss in die Gepäckbox und blickte nicht einmal auf. »Sie hat auch auf dem Handy angerufen und eine Nachricht hinterlassen.«
»Und du antwortest nicht?«
Leo zuckte gelangweilt die Schultern und griff nach dem Helm, während Enrico ihm zuzwinkerte: »Sie ist hübsch, was?«
»Ja, hübsch ist sie schon. Aber langweilig.«
»Sieh an, sieh
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