PR 2654 – Zeichen der Zeit
Prolog
»Er kann sehr lange leben ... falls ihn nicht jene töten werden, gegen die er rebelliert – Tormanacs Weg durch unseren Raum und unsere Zeit ist schwer zu kalkulieren. Vielleicht meint das Schicksal es wirklich gut mit ihm. Aber selbst dann kann es sich jederzeit gegen ihn wenden.«
Die alte Frau sprach leise, in einem Tonfall zwischen Unsicherheit und Beschwörung. Angespannt lauschte sie dem Raunen des Windes, der mit ihrem Silberhaar spielte.
Sie fröstelte. Sternenklare Nächte wie diese schätzte Manta trotzdem mehr als alles andere, bargen sie doch eine verlockende Sehnsucht. Manchmal schien der Horizont mit der Ewigkeit zu verschmelzen.
»Drei Jahre sind seit dem Freitod seines Lehrers vergangen«, sagte Regori, die jüngste der drei Frauen, die sich oft an diesem Ort einfanden. »Drei Jahre ... Dabei habe ich den Eindruck, als wäre Tormanac erst gestern in den Khasurn zurückgekehrt.«
»Du bist zu weich«, tadelte die schweigsame Sirona.
Regori erhob sich von der Rundbank, die Roboter auf der Hügelkuppe aufgebaut hatten. Von dort bot sich der imposanteste Blick über die eleganten Trichterbauten des Hozarius-Khasurn.
Vor einer halben Tonta war die Sonne Arkon hinter den Berggipfeln versunken, und noch immer spielte ein violetter Hauch über den Himmel.
»Der Wind wird stärker, wir sollten das Prallfeld aktivieren«, sagte Sirona. »Ich spüre die Kälte des Herbstes heraufziehen ...«
»Auf Gos'Ranton herrscht ewig Sommer«, widersprach Manta.
»Sie redet nicht von der Kristallwelt«, wandte Regori ein. »Ich glaube, unsere Gefährtin bezieht sich auf den Herbst ihres Lebens. Sie fürchtet, Tormanacs Werdegang nicht mehr zu erleben.«
Mit einer hastigen Handbewegung streifte Manta sich einige Strähnen in den Nacken zurück.
»Du denkst an den Tod?«, wollte sie von Sirona wissen.
Die Angesprochene schwieg. Ihr Blick wich aus und glitt zu Regori, die nur wenige Jahre jünger war als sie selbst und sich von der plötzlichen Unruhe überwältigen ließ. Regoris Schritte knirschten über den feinen Kies, der den Weg bedeckte.
Nein, Regori hatte nicht vor, schon zum Khasurn zurückzugehen. Ruckartig hielt sie wieder inne.
»Tormanac da Hozarius wird das Richtige unternehmen, davon bin ich überzeugt«, sagte sie ohne jeden Hauch von Nachdenklichkeit oder gar Zögern. »Ich vergleiche ihn mit Hozarius XIX. Da scheinen identische Gene im Spiel zu sein.«
»Tormanac ist anders«, widersprach Manta. »Vor allem arbeitet er daran, seine Defizite in den Griff zu bekommen.«
»Er ist besessen«, wandte Sirona ein. »Seit er uns den Kristallstern des Neunzehnten Hozarius zurückgab, weil er sich als erwachsen ansieht, beobachte ich diese Entwicklung an ihm.«
Manta reagierte mit einer knappen Geste, die ihren Zweifel deutlich machte. »Natürlich könnten wir es so formulieren, dass Tormanac besessen ist von seinem Ehrgeiz und von dem, was Shallowain ihn in den Jahren ihrer Abwesenheit von Arkon gelehrt hat.
Warum sonst sollte er sich in die Geschichtsarchive vergraben? Er sucht alles Wissen über die arkonidischen Imperatoren und über die Historie unserer Adelshäuser zusammen. Dieses Interesse wirkt in der Tat beinahe beängstigend, es kann erst kurz vor seiner Heimkehr geweckt worden sein.«
»Tormanac bleibt nicht einseitig in seinen Bemühungen.«
Diesmal war es Regori, die sich zur Antwort verpflichtet fühlte. »Er achtet sehr auf seinen Körper, trainiert regelmäßig und hält sich in gutem Allgemeinzustand. Der Kampfsportschule, die er regelmäßig besucht, eilt ein exklusiver Ruf voraus. Tormanac perfektioniert seine Dagor-Fähigkeiten; bald wird er es zum Dagor-Großmeister bringen.«
»Dennoch ist er zu wenig aktiv«, bemängelte Sirona.
Tadelnd schüttelte Manta den Kopf. »Tormanac ist durchaus erfolgreich. Er vertritt den Khasurn oft genug in sensiblen Verhandlungen, sobald das Handelsgeschäft der Familie betroffen ist. Dabei gibt er sich wendig und offen nach allen Seiten und ...«
»Natürlich weiß ich das«, bestätigte Sirona. »Jede von uns kennt sein Geschick ...«
»Und? Weiter!«, drängte Regori nach kurzem Schweigen. »Du wolltest Tormanacs Potenzial für Konfliktbewältigungen loben?«
»Das allein wäre zu wenig«, sagte Manta. »Seine wissenschaftlichen Grundlagen sind gut aufgestellt. Trotzdem fehlen ihm einige Voraussetzungen, Entwicklungsmöglichkeiten ebenso zuverlässig zu erkennen wie die Probleme, die Innovationen oft mit sich
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