Aussteigerin aus Versehen (German Edition)
auf den Butten. Nix passierte – nur die Musik spielte fröhlich weiter. Ich tippte, hämmerte, schüttelte .… Irgendwann verstummte das Geräusch und das Display teilte mir mit „Ulf hat aufgelegt„. Na toll. Wie zum Teufel telefoniert man denn mit dem Ding? Ich öffnete die Kontaktliste und tippte dort mit dem Finger auf „Ulf“. Netterweise ging der Ruf dann auch wirklich raus. Beschämt gestand ich ihm, dass ich leider zu blöd dazu bin mit meinem neuen Handy ein Gespräch anzunehmen … sehr peinlich. Später fand ich dann raus, dass man nicht auf „annehmen“ tippen, sondern drüber „wischen“ muss. Wie soll man denn bitte auf so was kommen? Inzwischen habe ich Übung im Wischen, denn bei einem Smartphone wischt man immer irgendwo hin.
Nun aber zu den Dosen. Ich hatte mein Smartphone gerade zwei Wochen, da bekam ich Besuch von meinem Bruder Steffen mit seinem Sohn Leonard – beide mit der gleichen Affinität zu Technik ausgestattet wie ich. Die Kaffeetassen waren kaum gefüllt, da lagen auch schon Pad und Handys auf dem Tisch. Mein Bruder loggte sich in meinem WLAN ein und wir verglichen Apps, während mein Neffe mein Pad wie ein Steuerrad zwischen den Händen schwang: Er fuhr ein virtuelles Autorennen. Und dann sagte er diesen Satz, der mein Leben für die nächsten Wochen komplett veränderte: „Wenn du jetzt ein Androit mit GPS hast, dann machst du doch bestimmt auch Geocaching.“
Geocaching. Woher kannte ich das Wort nur? Ach ja – vor Jahren kam ein Geocacher mal als Leiche bei CSI New York vor und ich erinnerte mich dunkel, dass ich damals bedauerte, dass es so was bei uns nicht gibt.
„Nee – was ist das denn?“ Mein Bruder blickte mich erstaunt an: „Das ist doch bestimmt genau dein Ding. Da sucht man im Wald nach Dosen, die andere versteckt haben. Hier gibt es bestimmt auch welche.“
Nun eine kurze Erklärung dazu, was Geocaching ist: Irgendjemand nimmt eine wasserdichte Dose, packt dort ein Logbüchlein und ein paar "Schätzchen" rein und versteckt diese Dose dann irgendwo im Wald oder an einem schönen Ort. Oder steckt sie einfach an einen alten Baum oder unter einen nichtssagenden Stein. Dann heißt die Dose nicht mehr Dose, sondern Cache. Nun misst der versteckende Cacher die Koordinaten des Verstecks mit Hilfe eines GPS-fähigen Geräts ein und publiziert diese im Internet unter geocaching.com . Andere Cacher (Leute die diese Dosen suchen/verstecken) machen sich dann auf und suchen nach dem Cache. Haben sie ihn gefunden, dann tragen sie sich mit ihrem Cachernamen (selbst gewählter Fantasiename) in das Logbuch ein und tauschen irgendwas aus der Dose gegen etwas anderes aus. In diesen Dosen befinden sich meist Tauschgegenstände wie kleine Figürchen, Muscheln, Murmeln, Kühlschrankmagnete, Büchlein oder sonst irgendein Tinnef, den eigentlich kein Mensch wirklich braucht. Ist der Cache gefunden, loggen sie später auf der Webseite ein „Found it“. Das ist das Grundprinzip dieser modernen Schatzsuche. Neben den einfachen Caches, also Dosen, die direkt an den in der Beschreibung angegeben Koordinaten liegen, gibt es noch weitere Formen. Zum Beispiel einen Multicache, bei dem man erst mehr oder weniger viele Hinweise finden muss, die einen dann auf Umwegen zum eigentlichen Cache führen. Im Internet gibt es eine Übersichtskarte, auf der alle Caches eingezeichnet sind.
Zurück zum genannten Nachmittag: Sekunden später hatte ich das passende App runtergeladen und schaute überrascht auf die Karte.In meiner Gegend lagen massenweise Caches, die nur auf einen Besuch von mir warteten. Mein Bruder hatte ja soooo Recht: Das war genau mein Ding.
Am späten Nachmittag verabschiedeten sich mein Bruder und mein Neffe. Die beiden waren mit dem Auto noch nicht richtig vom Hof, da saß ich schon am PC und meldete mich bei geocaching.com an. Etwa dreißig Minuten später saß ich im Auto auf dem Weg zu meinem ersten Cache. Er lag ganz in der Nähe an einem riesigen Findling.
Dummerweise liegen solche Findlinge nicht verkehrsgünstig an der Straße, sondern einfach dort, wo sie oder der Gletscher es vor tausenden von Jahren für richtig hielten. Und das war hier mitten im Nirgendwo eines Waldes. Seit ich cachen gehe, danke ich dem Universum immer wieder dafür, dass es mich vor einiger Zeit dazu gebracht hatte, einen Geländewagen mit Allrad zu kaufen. Mit meinem kleinen Suzuki Jimmy komme ich in jede noch so entlegene Ecke, kämpfe mich durch jede Schlammwüste und kann notfalls auch
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