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Ave Maria - Roman

Ave Maria - Roman

Titel: Ave Maria - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Ärger mit dir, richtig?«
    Sie erwiderte mein Lächeln nicht, nahm aber meine eine Hand in ihre beiden.
    »Ich danke Gott jeden Tag für dich, Alex. Und ich danke ihm, dass er mir erlaubt hat, dich großzuziehen und zu sehen, zu welchem prächtigen Mann du geworden bist. Aber ich möchte auch, dass du darüber nachdenkst, weshalb du damals zu mir gekommen bist, was sich zwischen deinen armen Eltern abgespielt hat, ehe sie gestorben sind. In einfachen Worten: Jannie, Damon und Ali verdienen etwas Besseres, als du hattest.«
    Nana hielt inne, ehe sie fortfuhr. »Mach sie nicht zu Waisen, Alex.«

120
    Ich wollte gerade zu einer Rede ansetzen, aber Nana Mama fuhr fort. Sie hob die Stimme ein wenig. »Ich gehe als Erste von uns. Wage es ja nicht, mir zu widersprechen.«
    Ich zuckte nur mit den Schultern, was mir ziemlich weh tat.
    »Was kann ich sagen?«
    »Nichts. Du sagst gar nichts. Du hörst nur auf meine weisen Worte, auf die Weisheit des Alters. Du hörst zu, und vielleicht begreifst du es eines Tages sogar.«
    Wir schauten einander lang in die Augen. In meiner Kehle stieg ein Kloß auf, dabei fühlte ich eigentlich keine Traurigkeit. Es war eher Dankbarkeit und unglaublich viel Liebe zu dieser kleinen, unglaublich starken Frau, die in der Tat weiser als ihre Jahre war und mit Sicherheit weiser als ich.
    »Glaube mir oder nicht, ich höre immer auf dich«, sagte ich.
    »Ja, und dann machst du das, was du von vornherein tun wolltest.«
    Geräusche vom Korridor des Krankenhauses drangen herein, als behutsam die Tür geöffnet wurde. Ich sah Damons aufgeregtes Gesicht, und mein Herz machte einen Sprung.
    »Ja, wer ist denn da?« Ich wischte mir die Augen aus. »Der Mann im Haus ist eingetroffen.«
    »Sie haben uns gesagt, Jannie kann nicht kommen, weil sie noch nicht zwölf ist«, sagte er.

    Ich setzte mich im Bett auf. »Wo ist sie?«
    »Hier bin ich«, hörte ich Jannies wütende Stimme von der Tür her.
    »Dann komm rein, ehe jemand dich sieht. Komm schon. Niemand wird dich verhaften. Abgesehen von mir, wenn du noch eine Minute länger draußen bleibst.«
    Die beiden liefen zu meinem Bett, blieben aber stehen, als sie meinen Verband sahen. Ich streckte den freien Arm aus und umfing beide gleichzeitig.
    »Wie lang musst du hier bleiben?«, fragte Jannie.
    »In ein paar Tagen kann ich bestimmt nach Hause kommen«, versicherte ich ihr.
    »Sieht schlimmer aus, als es ist«, meinte Nana.
    Damon stand auf und beäugte meinen Verband. »Hat es furchtbar wehgetan?«
    »Furchtbar«, murmelte Nana.
    »Ich habe schon Schlimmeres erlebt«, sagte ich. Beide musterten mich mit beinahe vorwurfsvollen Mienen. Wer war hier der Vater? Irgendwie kamen sie mir älter vor als beim letzten Mal, als ich sie gesehen hatte. Auch ich fühlte mich älter, einundvierzig und viele Jahre.
    Diese beiden Kinder würden wachsen und sich verändern, ganz gleich, ob ich in der Nähe war, um zuzuschauen. Es war eine völlig logische Tatsache, aber die Einsicht überwältigte mich plötzlich.
    Schließlich gab ich nach. »Ja, ja«, sagte ich. »Es hat scheußlich wehgetan.«
    Dann traf mich wieder Nanas grauenvolle Ermahnung: Mach sie nicht zu Waisen, Alex! Ich presste meine Kinder an mich, aber ich durfte sie nicht wissen lassen, was ich dachte.

121
    Ich blieb nahezu eine Woche im Fletcher Allen Hospital in Vermont. Das war mein bisher längster Krankenhausaufenthalt und vielleicht eine Warnung. Wie viele Warnungen würde ich noch bekommen?
    Am Freitag erhielt ich gegen sechs Uhr abends einen Anruf von Detective Jeanne Galletta aus Los Angeles. »Alex, hat Ihnen schon jemand die Neuigkeit erzählt?«, fragte sie. »Ich nehme an, ja.«
    »Welche Neuigkeit, Jeanne? Morgen werde ich aus dem Krankenhaus entlassen.«
    »Davon weiß ich nichts. Aber gestern hat Mary Wagner die Morde hier in L.A. gestanden.«
    »Sie hat diese Morde nicht begangen. Das war Michael Bell.«
    »Das weiß ich. Selbst Maddux Fielding weiß das. Niemand hat ihr geglaubt, aber sie hat ein Geständnis abgelegt. Und dann - irgendwann gestern Nacht - hat die arme Mary Wagner sich in ihrer Zelle erhängt. Sie ist tot, Alex.«
    Ich seufzte und schüttelte den Kopf. »Es tut mir wirklich Leid, das zu hören. Das ist noch ein Tod, für den Bell verantwortlich ist. Noch ein Mord.«
    Am nächsten Morgen entließ man mich aus dem Krankenhaus. Ich rief daheim an und bekam sogar noch einen Flug nach Boston. Von Boston nahm ich den stündlichen Shuttle nach Washington, D.C. Noch nie war ich

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