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Azathoth - Vermischte Schriften

Azathoth - Vermischte Schriften

Titel: Azathoth - Vermischte Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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und haben in ernster Literatur gleich welcher Art nichts zu suchen. Die Funktion der Geschichte liegt darin, einer bestimmten menschlichen Stimmung des Staunens und der Befreiung Ausdruck zu geben, und jedes wohlfeile Hereinziehen der Theatralik der Groschenhefte ist ebenso fehl am Platz wie abträglich. Die üblichen romanhaften Verwicklungen sind unerwünscht. Man darf nur solche Charaktere auswählen (nicht notwendigerweise stramme oder schneidige oder jugendliche oder malerische Kerle), die ganz natürlich in die zu schildernden Ereignisse verwikkelt werden würden, und sie müssen sich genau so verhalten, wie sich wirkliche Personen verhalten würden, wenn sie es mit den gegebenen Wundern zu tun bekämen. Der Tonfall der ganzen Sache muß realistisch, nicht romanhaft sein.
    Der entscheidende und heikle Punkt, wie die Gestalten die Erde verlassen, muß sorgfältig gelöst werden. Das ist vielleicht auch das größte Einzelproblem der Geschichte. Die Abreise muß plausibel begründet und eindrucksvoll beschrieben werden.
    Liegt die geschilderte Zeit nicht in der Vorgeschichte, ist es besser, wenn das Mittel für die Abreise eine geheime Erfindung ist. Die Gestalten müssen auf diese Erfindung mit dem geziemenden Sinn völligen, nahezu lähmenden Staunens reagieren und die Tendenz der Groschenhefte vermeiden, solche Dinge halb selbstverständlich zu nehmen. Um Irrtümer bei komplexen Problemen der Physik zu vermeiden, empfiehlt es sich, sich bei der Beschreibung der Erfindung nicht allzu sehr auf Einzelheiten einzulassen.
    Kaum weniger heikel ist das Problem der Beschreibung der Fahrt durch den Weltraum und der Landung auf einer anderen Welt. Hier ist der Nachdruck zu allererst auf überwältigende Gefühlsäußerungen zu legen - das unüberwindliche Erstaunen, das die Reisenden empfinden, wenn sie erkennen, daß sie die einheimische Erde tatsächlich verlassen haben, oder das sie angesichts kosmischer Abgründe oder auf einer fremden Welt verspüren. Selbstverständlich ist es unerläßlich, sich bei der Darstellung der mechanischen, astronomischen und anderen Aspekte der Reise strikt an wissenschaftliche Tatsachen zu halten. Viele Leser kennen sich in den Naturwissenschaften aus, und eine flagrante Verletzung der Wahrheit ruiniert die Geschichte für jeden, der imstande ist, sie zu entdecken.

    Die gleiche wissenschaftliche Sorgfalt muß der Darstellung der Ereignisse auf dem fremden Planeten gewidmet werden.
    Alles muß völlig mit der bekannten oder postulierten Natur des fraglichen Himmelskörpers übereinstimmen -
    Oberflächenschwerkraft, Achsenneigung, Länge von Tag und Jahr, das Aussehen des Himmels usw. -, und die Atmosphäre muß mit entscheidenden Einzelheiten aufgebaut werden, die der Geschichte Glaubwürdigkeit und Realismus verleihen.
    Abgedroschene Hilfsgriffe wie etwa der Empfang der Reisenden durch die Bewohner des Planeten sollten strikt ausgeschlossen werden. Weiterhin sollte es kein allzu leichtes Erlernen fremder Sprachen geben, keine telepathische Verständigung, keine Verehrung der Reisenden als Götter, keine Teilnahme an den Angelegenheiten Pseudomenschlicher Königreiche, keine Heiraten mit schönen anthropomorphen Prinzessinnen, keine stereotypen Armageddons mit Strahlpistolen und Raumschiffen, keine Hofintrigen und eifersüchtigen Hexenmeister, keine Bedrohung durch behaarte Affenmenschen von den
    Polarkappen, und so weiter und so fort. Gesellschaftliche und politische Satire ist immer unerwünscht, da jede intellektuelle und äußerliche Vorgabe der Kraft der Geschichte als Auskristallisation einer Stimmung abträglich ist. Was stets in höchstem Maße vorhanden sein sollte, ist ein tiefes, überzeugendes Gefühl der Fremdartigkeit - der völligen, unverständlichen Fremdartigkeit einer Welt, die mit unserer nichts gemein hat.
    Es ist nicht nötig, daß der fremde Planet überhaupt bewohnt ist oder zur Zeit der Reise bewohnt ist. Ist er bewohnt, müssen seine Bewohner dem Aussehen, der Geisteshaltung, den Gefühlen und dem Sprachgebrauch nach entschieden
    nichtmenschlich sein, es sei denn, sie sind augenscheinlich Abkömmlinge einer vorhistorischen Kolonisierungsexpedition von der Erde. Das menschenähnliche Aussehen, die
    menschenähnliche Psychologie und die Eigennamen, die die Masse billiger Autoren den Bewohnern anderer Planeten von gewöhnlich andichtet, sind gleichzeitig lachhaft und pathetisch.
    Eine weitere absurde Gewohnheit der Zeilenschinder besteht darin, daß sie die

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