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Azathoth - Vermischte Schriften

Azathoth - Vermischte Schriften

Titel: Azathoth - Vermischte Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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Der Mann aus Stein 
    Hazel Heald und H. P. Lovecraft

    Ben Hayden galt schon immer als hartnäckiger Bursche, und sobald er von den merkwürdigen Statuen in den oberen Adirondacks gehört hatte, konnte ihn nichts davon abhalten, sich aufzumachen, um der Sache nachzugehen. Ich war seit Jahren sein engster Freund, und unsere Freundschaft, unverbrüchlich wie die von Dämon und Phintias, machte uns allzeit unzertrennlich. Als daher Ben fest entschlossen war aufzubrechen, mußte ich mittrotten wie ein treuer Collie.
    »Jack«, sagte er, »du kennst doch Henry Jackson, der auf der anderen Seite von Lake Placid in einer Hütte hauste, weil er diesen blöden Schatten auf dere Lunge hatte? Also, der ist unlängst fast geheilt zurückgekehrt, hatte aber eine Menge über irgendwelche teuflisch merkwürdigen Umstände dort oben zu erzählen. Er ist ganz plötzlich auf die Sache gestoßen, ist sich aber noch nicht sicher, daß es mehr ist als nur ein Fall von bizarrer Bildhauerkunst; aber wie auch immer, ihm ist nicht ganz wohl bei der Sache.
    Offenbar ging er eines Tages auf Jagd und stieß dabei auf eine Höhle, vor der etwas hockte, was wie ein Hund aussah. Gerade als er erwartete, der Hund würde bellen, sah er nochmals hin und erkannte, daß er gar nicht lebendig war. Es war ein Hund aus Stein - das vollkommene Abbild eines Hundes bis zum kleinsten Barthaar, so daß ihm die Entscheidung schwerfiel, ob es sich um eine besonders raffinierte Plastik oder ein versteinertes Tier handelte. Er fürchtete sich fast, den Hund zu berühren.

    1 Rhoades' Übersetzung von Vergils Epos ist gereimt und wurde erstmals um die Jahrhundertwende veröffentlicht.

    Als er es jedoch wagte, erkannte er, daß er tatsächlich aus Stein war.
    Nach einer Weile riß er sich zusammen und betrat die Höhle -
    und dort wurde ihm eine noch größere Überraschung zuteil.
    Unweit des Höhleneingangs befand sich eine weitere Steinfigur
    - oder was danach aussah -, aber diesmal die eines Mannes. Er lag auf dem Boden, trug Kleider und hatte einen eigenartig lächelnden Gesichtsausdruck. Diesmal hielt sich Henry nicht damit auf, die Figur zu betasten, sondern eilte geradewegs ins Dorf, nach Mountain Top. Natürlich stellte er Fragen - aber das brachte ihn nicht viel weiter. Er bemerkte, daß er ein heikles Thema berührte, denn die Einheimischen schüttelten bloß den Kopf, falteten die Hände und murmelten etwas von einem
    "Verrückten Dan" - wer immer das war.
    Für Jackson war das zuviel, daher kehrte er Wochen früher als geplant heim. Er hat mir davon erzählt, weil er weiß, wie sehr ich Seltsames liebe - und merkwürdigerweise war ich imstande, mich an etwas zu erinnern, das sich ziemlich mühelos mit seiner Geschichte vereinbaren ließ. Erinnerst du dich an Arthur Wheeler, den Bildhauer, der solch ein Realist war, daß man ihn nur noch "einen tüchtigen Photograph" zu nennen begann? Ich glaube, du kanntest ihn flüchtig. Also, um der Wahrheit die Ehre zu geben, auch er ist in jenem Teil der Adirondacks gelandet.
    Blieb lange Zeit dort und verschwand dann. Man hörte nie mehr etwas von ihm. Wenn jetzt in der Gegend hier Steinstatuen auftauchen, die wie Menschen und Hunde aussehen, meine ich, das könnte seine Arbeit sein - egal, was die Landbevölkerung darüber sagt oder besser nicht sagt. Natürlich ist es leicht möglich, daß ein Kerl mit Jacksons Nerven über derlei aus dem Häuschen gerät oder davonläuft: ich hätte jedoch eine ganze Reihe Untersuchungen angestellt, ehe ich davongelaufen wäre.
    Also, Jack, ich fahre jetzt dorthin, um meine Nase in diese Sachen zu stecken - und du begleitest mich. Es wäre wirklich eine feine Sache, Wheeler zu finden - oder etwas von seinen Arbeiten. Auf jeden Fall wird uns beiden die Bergluft guttun..
    Und so kamen wir kaum eine Woche später, nach einer langen Bahnreise und einer holprigen Busfahrt durch eine
    atemberaubend schöne Landschaft im goldenen Sonnenschein eines späten Juniabends, in Mountain Top an. Das Dorf bestand lediglich aus einigen kleinen Häusern, dem Hotel und dem Krämerladen, vor dem unser Bus hielt; wir wußten, daß sich der Laden möglicherweise als Brennpunkt für allerlei Information erweisen würde. Natürlich hatte sich die übliche Gruppe von Müßiggängern um die Stufen versammelt, und als wir uns als Erholungsuchende vorstellten, die eine Unterkunft brauchten, bekamen wir eine Menge Empfehlungen.
    Obwohl wir geplant hatten, mit unseren Nachforschungen erst am nächsten Tag

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